Das Von-der-Leyen-Desaster: Warum wir eine rasante Klimaschutz-Offensive in der EU brauchen

Seite 2: EU-Parlament: Komplett unzulängliches Ziel für erneuerbare Energien

Da klingt es scheinbar gut, dass das EU-Parlament nun mit der EU-Richtlinie RED III das Ziel des Ausbaus der erneuerbaren Energien angehoben hat. Anstelle der bisherigen 32 Prozent ist nun geplant, bis 2030 einen Anteil von 45 Prozent an der Gesamtenergieversorgung durch erneuerbare Energien zu erreichen. Es bedeutet, dass auch nach 2030 immer noch mehr als 50 Prozent fossile Energien genutzt werden sollen, die hohe Emissionen verursachen.

Selbst im Jahr 2030, wenn die globalen Katastrophen voraussichtlich ein noch schlimmeres Ausmaß als die diesjährigen Waldbrände in Kanada oder Starkregenereignisse wie in Griechenland oder Libyen angenommen haben werden, plant die EU weiterhin eine beträchtliche Emission von Klimagasen, was die Katastrophen weiterhin massiv verschärfen wird.

Das wird von immer mehr Menschen zu Recht als unverantwortlicher Irrsinn angesehen, und sie protestieren gewaltfrei dagegen, werden jedoch dafür verhaftet, wie Tausende Klimaprotestierende in den Niederlanden letzte Woche.

Auch gute Maßnahmen für Erneuerbare Energien beschlossen

So unzureichend das Ziel von 45 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 in der EU auch sein mag, hat das EU-Parlament dennoch neue Maßnahmen beschlossen, die ihren Ausbau beschleunigen sollen. Insbesondere das Konzept des Energy Sharing, das in Deutschland immer noch nicht vollständig umgesetzt ist, wurde vom EU-Parlament weiter gestärkt.

Es soll ein Recht auf Energy Sharing (das Teilen von Energie mit anderen) geben: Jeder Kleinerzeuger kann seinen Strom formlos per App an jeden Verbraucher in derselben Preiszone weitergeben. Auch Unternehmen wie Supermärkte sollen ihren Solarstrom mit ihren Nachbarn teilen dürfen.

Endlich hat auch das EU-Parlament erneuerbare Energien nach dem Vorbild Deutschlands in den Rang des überragenden öffentlichen Interesses erhoben. Damit verbunden sind Auflagen, die die Mitgliedsstaaten zwingen werden, die Genehmigung von Anlagen für erneuerbare Energien massiv zu beschleunigen. Die Beschlüsse des EU-Parlaments müssen jedoch noch vom Rat bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten können.

Von der Leyen: Antidumping gegen China behindert Energiewende

In ihrer Rede zur Lage der EU letzte Woche kündigte die Kommissionspräsidentin an, die Subventionen Chinas für Elektroautos zu überprüfen. Ihr Ziel ist es, die deutsche Automobilindustrie vor angeblich unfairen Subventionen zu schützen.

Am Ende des Überprüfungsverfahrens könnten EU-Einfuhrzölle auf chinesische E-Autos erhoben werden. Das wird mit angeblich unfairen Subventionen seitens des chinesischen Staates, die gegen WTO-Regeln verstoßen würden, begründet.

Allerdings gibt es auch heftige Kritik aus der betroffenen deutschen Wirtschaft, insbesondere von der Automobilindustrie, wie die wirtschaftsnahe FAZ zu Recht kommentiert.

Die Erinnerung an die Solarzölle auf chinesische Importmodule im letzten Jahrzehnt ist noch frisch. Ursula von der Leyen hat offenbar nicht erkannt, dass diese Solarzölle zusammen mit anderen von der EU-Kommission ergriffenen Maßnahmen, wie Ausschreibungen, zu einem drastischen Einbruch des Marktes in der EU geführt haben und somit dem Klimaschutz einen Bärendienst erwiesen haben.

Das ursprüngliche Ziel, den Schutz der deutschen Solarindustrie, wurde vollkommen verfehlt. Heutzutage ist die chinesische Solarindustrie der europäischen gegenüber übermächtig.

Die Solarzölle haben also die chinesische Solarindustrie gestärkt, aber gleichzeitig den Solarmarkt in der EU massiv dezimiert und damit den Klimaschutz behindert.

Es sollte allen klar sein, dass EU-Zölle auf E-Autos das gleiche bewirken werden: Die chinesischen Hersteller werden ihre Absatzmärkte in anderen Teilen der Welt stärken und somit ihre Dominanz in der E-Auto-Produktion ausbauen.

Gleichzeitig wird der E-Automarkt in der EU nicht so stark wachsen, wie er müsste, um der Klimakatastrophe entgegenzuwirken, und der geschützte EU-Markt wird die Trägheit der europäischen E-Autohersteller weiter belohnen, wodurch sie noch mehr den Anschluss an China und Tesla verlieren werden.

Die Klimapolitik der EU-Kommission unter von der Leyen ist schlichtweg ein Desaster: Die Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien sind zu schwach, die Abschottung von Märkten im Bereich CleanTech wird den Markthochlauf emissionsfreier Technologien in der EU bremsen.

Neue große CleanTech-Industrien werden so nicht aufgebaut, weil die chinesische und US-Konkurrenz inzwischen viel zu stark ist. Ein industrieller Zwerg in der CleanTech-Industrie wie die EU kann den chinesischen Riesen nicht mit Zöllen und Abschottung bezwingen.

Es führt kein Weg an Kooperationen vorbei. Andernfalls werden Klimaschutz und der Aufbau einer starken Klimaschutzindustrie in der EU die Verlierer sein.

Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group und Mitautor des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Von 1998 bis 2013 war er für die Grünen im Bundestag. Er hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen für sein Engagement erhalten. Fell ist Botschafter für 100 Prozent Erneuerbare Energien und Sprecher der Bürgerinitiative Bürger Solarfabrik.