Das Web kommt mit dem Tuk-Tuk
Per Dreirad werden entlegene Dörfer in Indien mit Internet-Angeboten versorgt
Die Inder gelten nicht nur als exzellente Softwareentwickler (Das High-Tech-Wunder Indien). Das ganze Land scheint eigentlich ziemlich Internet-verrückt zu sein. In einem Pilotversuch einer Entwicklungshilfeorganisation werden jetzt auch entlegenste Regionen mit Web a la carte versorgt.
Das Internet ist weiß, männlich und reich, hieß es lange Zeit. Inzwischen ist die Verbreitung auch in den Entwicklungsländern erheblich angestiegen. Während Afrika noch vor sich hindümpelt, hat der asiatische Raum extrem aufgeholt. Eine steigende Anzahl von Internetcafes, webangebundene Bibliotheken u.ä. ermöglichen es auch ärmlicheren Bevölkerungsschichten, das neue Medium zu nutzen.
Kamen im Jahr 2000 auf 100 Einwohner gerade mal 2 Festnetzanschlüsse, und zählte auch die CIA-Statistik für dasselbe Jahr nur 4,5 Millionen Internetanbindungen im gesamtindischen Raum, so gab es gerade in den letzten beiden Jahren massive Bestrebungen, das Angebot zu verbreitern.
Den jüngsten Versuch finanziert die amerikanische Non-Profit-Organisation Digital Partners. In der Telangana-Region im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesch werden vorerst für ein Jahr einige entlegene Dörfer ein bis zwei Mal pro Tag mit einem sogenannten Tuk-Tuk angefahren. Das Dreiradgefährt transportiert einen Laptop, auf dem einige Websites gespeichert sind. Ein Korrespondent der BBC berichtet, dass sich das Projekt äußerster Beliebtheit erfreut.
Kaum rattert das Wheel an, scharen sich sofort zwischen 50 und 100 Personen rund um die mobile Internetstation. Geboten wird sozusagen Web á la carte. Und die Dorfbewohner können auch für die nächste "Lieferung" spezielle Infos anfordern. Besonders interessiert sind die Menschen offenbar an lokalen Nachrichten, Marktpreisen für Grundnahrungsmittel und Behördenformularen.
Verstehen kann ein Westler die Freude über das für uns befremdliche Angebot sicher nur, wenn er sich vor Augen hält, dass diese Dorfbewohner teils weder über Strom verfügen, noch jemals in ihrem Leben einen Telefonanruf getätigt haben. Da wird es schon zum Großereignis, wenn der örtliche Postbote Briefe verteilt.
Das Pilotprojekt soll vorerst ein Jahr lang laufen und danach - abhängig vom Erfolg - auf den gesamten Bundesstaat ausgeweitet werden. Im übrigen handelt es nicht um die einzige Initiative indischen Ursprungs, die den Zweck verfolgt, auch Einkommensschwachen die Segnungen des IT-Zeitalters zugänglich zu machen.
Im Sommer 2001 etwa stellte "Simputer Trust" ein Projekt vor, das den Zweck verfolgte, einen günstigen Multiuser-Handheld auf den Markt zu bringen, über den es auch in kleineren Dörfern Indiens möglich werden sollte, Informationen abzurufen (Computer für die Überwindung der digitalen Kluft). Ein Firmensprecher erklärt die Grundidee des "Simputers" mit eingebautem Modem: "Fast jede Stadt in Indien verfügt heutzutage einen Telefonzugang. So braucht man nur dort hinzugehen und sich mit dem Simputer einzuwählen. Der Bürgermeister oder ein Farmer muss nur die Verbindung herstellen, die gewünschte Information aufzurufen und der Text wird in Sprache konvertiert." Allerdings hat sich offensichtlich bislang noch kein finanzkräftiger Konzern gefunden, der diese Vision auch realisiert hätte.