Das ist ja der Hummer!
Warum er errötet, wenn es heiß wird
Nach fünfzig Jahren Rätseln und Grübeln um die Verfärbungen des wohlschmeckenden Kiemenatmers ist die Wissenschaft nun einen Schritt weiter. Britische Forscher konnten herausfinden, warum der Hummer rot wird, wenn man ihn in den Topf wirft.
In der US-Zeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) warten sie mit erstaunlichen Erkenntnissen auf:
Das Lobster-Geheimnis verbirgt sich in dem Protein Beta-Crustacyanin (Crusta wie Kruste, kann man sich gut merken). Bläulich-schwarz ist das Krustentier, weil sich das Beta-Crustacyanin mit dem Molekül Astaxanthin aus der Gruppe der Carotenoiden verbindet und das ursprünglich orangenfarbene Astaxanthin durch die Bindung seine Lichtabsorption verändert. Leuchtend rot wird der Meeresbewohner erst, wenn sich die Struktur des Beta-Crustacyanin durch die Hitze verändert und das Astaxanthin dadurch nicht mehr andocken kann. Das "weggedrückte" Orange-rot kommt mit dem frei gewordenen Molekül wieder zum Vorschein.
Bei dieser Gemeinschaftsarbeit des Londoner Imperial College, der University of Manchester, des Daresbury Laboratory und der Royal Holloway University knackten die Wissenschaftler die Struktur von Beta-Crustacyanin, indem sie es extrahierten und im Labor wunderschöne blaue Kristalle züchteten. Diese neue Entdeckung ist nicht nur ergötzlich, sondern sie könnte auch nützlich werden: Astaxanthin, ein hochwirksames Antioxidant könnte zum Beispiel in der Krebsbehandlung als Lieferant für nicht wasserlösliche Medikamente dienen. Auch in der Färbung von Lebensmitteln und Blumen stehen bisher ungeahnte Möglichkeiten ins Haus. Hummerfarbene Lilien, hummerfarbener Kartoffelbrei...
Das Schalentier, dem man beim Essen am besten mit der Kombizange zu Leibe rückt, ist nicht nur in Feinschmeckerkreisen, sondern auch in Forscherrunden sehr beliebt. Ähnlich wie die nicht ganz so leckeren Fruchtfliegen tun Hummer nämlich die merkwürdigsten Dinge: Die Zehnfüßer "reden" mit der Blase, das heißt sie signalisieren mit ihrem Urin, welche Stellung in der Dominanzhierarchie sie innehaben, ihre Geruchsantennen sind Vorbilder beim Bau von Robotern und wenn sie mit den fleischigen Enden ihrer Tentakel an der harte Schale kratzen, entsteht derselbe Reibungsmechanismus, der auch in einer Geige Vibrationen hervorruft - mit dem Unterschied, dass ein Hummerorchester kratzende, krächzende und ächzende Geräusche hervorbringt. Unerschrockene Forscher haben es mit dem Unterwassermikrofon mitgeschnitten. Ihren Zweck erfüllt die Hummervioline: natürliche Feinde wie Haie trollen sich, nur die menschlichen Hummerfresser wollen nicht hören, auch dann nicht, wenn sie den Krebs kopfüber ins kochende Wasser tauchen und seinem drei- bis fünfminütigen (so tierschutzonline.de) Todeskampf beiwohnen, bei dem er angeblich in den höchsten Tönen (zu hoch für uns) schreit.