DeepSeek: Chinas Sputnik-Moment

Marcel Kunzmann
Logo von DeepSeek

Das chinesische Startup DeepSeek mischt die KI-Welt auf

(Bild: Mojahid Mottakin/Shutterstock.com)

Ein chinesisches KI-Startup schockt die Tech-Welt. DeepSeek überflügelt die Konkurrenz zu einem Bruchteil der Kosten. War es das mit der US-Dominanz bei KI?

Eine Woche nachdem das chinesische KI-Startup DeepSeek sein neues R1-Sprachmodell der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, sitzt der Schock insbesondere in den USA tief.

Tech-Unternehmer Marc Andreessen, einer der führenden Investoren im Silicon Valley, bezeichnete das chinesische Modell als "einen der erstaunlichsten und beeindruckendsten Durchbrüche, die ich je gesehen habe" und sprach gar von einem "Sputnik-Moment" im Bereich der künstlichen Intelligenz.

Silicon Valley unter Druck

Denn die chinesische KI lässt Open AIs neuestes o1-Modell in mehreren Benchmarks hinter sich – und erscheint im Unterschied zum US-Marktführer unter einer freien Lizenz (Telepolis berichtete).

Für die US-Techindustrie stellt sich jetzt zunehmend die Frage, wie sinnvoll mit den vorhandenen Mitteln umgegangen wird. Denn zum Training des Modells waren Ausgaben von lediglich rund fünf Millionen US-Dollar notwendig, während OpenAIs Budget eher im Bereich von fünf Milliarden US-Dollar lag.

Entsprechend schafft es das Startup mit einem Preis von 2,19 US-Dollar pro eine Millionen Ausgabe-Token, den US-Konzern um mehr als 95 Prozent zu unterbieten.

Ganz abgesehen davon, dass sich aufgrund des freien Lizenzmodells jeder seine eigene Instanz installieren und modifizieren kann. Insbesondere im Meta-Konzern zeigte man sich zunehmend besorgt über Wettbewerbsfähigkeit mit Blick auf das eigene Ausgabeverhalten.

Wie der KI-Unternehmer Anjney Midha berichtet, wurde DeepSeek quasi über Nacht zum "Modell der Wahl" an führenden US-Universitäten wie Stanfort oder dem MIT.

Sorge an der Börse

Mittlerweile hat der "DeepSeek-Schock" auch die Börsen erreicht. "Wenn es China über DeepSeek schafft, sich nachhaltig im Markt der künstlichen Intelligenz zu positionieren, ist die US-Dominanz in Gefahr", sagt Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners gegenüber dem ORF.

Zum Wochenstart ließen die Aktien des Grafikkartenherstellers Nvidia um mehrere Prozentpunkte Federn, auch andere Tech-Werte sind betroffen. Wie Bloomberg berichtet, wurden heute an der US-Technologiebörse Nasdaq 1,2 Billionen (sic!) US-Dollar vernichtet.

Möglicherweise, weil DeepSeek gezeigt hat, dass die Entwicklung fortschrittlicher Sprachmodelle auch ohne schier unbegrenzte Rechenkapazität und die leistungsfähigste Hardware möglich ist (die China aufgrund geltender US-Sanktionen nur begrenzt zur Verfügung steht).

Aravind Srinivas, CEO und Gründer der KI-Firma Perplexity, hob im Gespräch mit CNBC die gute Optimierung von DeepSeek hervor, die das Modell in abgespeckter Form auch auf einfachen Heim-PCs lauffähig macht.

Der Tech-Investor Chamath Palihapitiya spricht in diesem Zusammenhang von einem "deflationären Wettlauf": In vielen Fällen sei die Mehrleistung nicht notwendig und stünde in keinem sinnvollen Verhältnis zu den Kosten.

"Ganz allgemein gibt es in der IT eine große Torheit, bei der der Softwareindustriekomplex der Welt nutzlose Upgrades aufzwingt, um seine Einnahmen ständig zu steigern", so Palihapitiya.

DeepSeek hat mit der Veröffentlichung einer freien und gut optimierten Alternative zu OpenAI eben jenes Mantra des "immer mehr, immer teurer", infrage gestellt – und dürfte die Branche damit nachhaltig aufwirbeln.