Dem Altern trotzen: Wie Krafttraining Senioren fit und beweglich hält
Krafttraining hält Senioren fit. Es bremst Muskelabbau und stärkt Knochen. Doch wie überwindet man die Angst vor dem ersten Schritt in die Kraftkammer?
Mit zunehmendem Alter sind viele Menschen mit einem schleichenden Abbau ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit konfrontiert. Die Muskeln werden schwächer, die Knochen brüchiger und einfache alltägliche Verrichtungen werden zur Herausforderung.
Doch muss man diesen Prozess einfach hinnehmen? Experten sind sich einig: Gezielte Bewegung, insbesondere Krafttraining, kann den altersbedingten Abbau verlangsamen und die Lebensqualität deutlich verbessern.
Die Herausforderungen des Alterns
Ab dem 50. Lebensjahr beginnt bei den meisten Menschen ein allmählicher, aber stetiger Abbau der Muskelmasse, ein Prozess, der als Sarkopenie bezeichnet wird. Eric Shiroma, Wissenschaftler am National Institute on Aging (NIA) in den USA, erklärt: "Mit zunehmendem Alter sind funktionelle und biologische Einschränkungen unvermeidlich, die Ausdauer, Maximalkraft und Fitness einschränken können".
Diese Veränderungen haben oft weitreichende Folgen: Der Verlust an Kraft und Beweglichkeit erschwert die Bewältigung des Alltags und gefährdet die Selbstständigkeit im Alter.
So kam eine repräsentative Befragung des Bundes-Gesundheitssurveys 1998 zu folgendem Ergebnis: Rund 50 Prozent der 50- bis 59-jährigen Frauen und knapp 30 Prozent der Männer waren nicht mehr in der Lage, drei Stockwerke zu steigen. Bei den 70- bis 79-Jährigen steigt der Anteil auf 60 Prozent bei den Frauen und 50 Prozent bei den Männern.
Krafttraining als Lösung
Doch es gibt eine vielversprechende Gegenmaßnahme: Krafttraining. Durch gezielte Übungen mit Gewichten oder dem eigenen Körpergewicht wird die Muskulatur gestärkt und aufgebaut. Studien belegen, dass regelmäßiges Krafttraining den altersbedingten Muskelabbau verlangsamen, die Knochendichte verbessern und sogar positive Effekte auf die kognitiven Funktionen haben kann.
Roger A. Fielding von der Tufts University hat herausgefunden, dass eine Kombination aus Gehen und Krafttraining der beste Weg ist, die körperliche Funktion zu verbessern und Beeinträchtigungen vorzubeugen. Er sagt:
Wenn man Widerstands- oder Krafttraining macht, werden sehr wichtige Molekülketten beeinflusst, die Signale zwischen Zellen weiterleiten, und diese Veränderungen halten noch stundenlang nach dem Training im Körper an und bauen einen kumulativen, positiven Effekt auf.
Vorteile des Krafttrainings für Senioren
Die positiven Effekte des Krafttrainings sind vielfältig: Es erhält und steigert die Muskelkraft, verbessert Gleichgewicht und Koordination und vermindert dadurch das Sturzrisiko. Die gewonnene Kraft hilft auch bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben wie Einkaufen oder Putzen. Ferner kann Krafttraining dazu beitragen, chronische Krankheiten wie Diabetes oder Osteoporose zu lindern.
Dennis T. Villareal von der Baylor College of Medicine betont die Bedeutung des Krafttrainings auch für ältere Menschen mit Übergewicht:
Widerstandstraining ist die wichtigste Komponente, weil es Muskeln aufbaut und den Verlust von Muskelmasse reduziert. Wenn sich das Verhältnis zwischen Körpermasse und Muskeln verbessert, verlieren die Teilnehmer mehr Fett als Muskeln, sodass die relative Sarkopenie deutlich verbessert wird.
Überwindung von Ängsten und Barrieren
Trotz der nachgewiesenen Vorteile schrecken viele ältere Menschen vor Krafttraining zurück. Häufige Bedenken sind Angst vor Verletzungen, Unsicherheit über die richtigen Übungen oder mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
Experten raten hier zu einem langsamen Einstieg unter professioneller Anleitung, zum Beispiel durch einen erfahrenen Trainer. Auch der Austausch mit Gleichgesinnten, zum Beispiel in einem Seniorensportkurs, kann helfen, Ängste abzubauen und die Motivation zu steigern.
Praktische Umsetzung
Doch wie sieht ein effektives Krafttraining für Senioren in der Praxis aus? Geeignete Übungen sind etwa Kniebeugen, Liegestütze an der Wand oder Hantelübungen für die Arme. Auch einfache Alltagsbewegungen wie Treppensteigen oder Aufstehen aus dem Sitzen können gezielt als Training genutzt werden.
Empfohlen werden ein bis zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche mit jeweils mehreren Übungen für die wichtigsten Muskelgruppen. Wichtig ist, die Intensität langsam zu steigern und auf die Signale des eigenen Körpers zu hören.
Wer nicht ins Fitnessstudio gehen will oder kann, findet auch kreative Lösungen für das Training zu Hause. So haben Forscher der Wake Forest University Gewichtswesten entwickelt, die den ganzen Tag getragen werden können und ganz nebenbei die Muskulatur stärken.
Schlüssel für ein aktives und selbstbestimmtes Alter
Krafttraining ist kein Allheilmittel, das die Zeit zurückdrehen kann. Aber es ist ein wirksames Instrument, um die unvermeidlichen Folgen des Alterns zu mildern und länger aktiv und unabhängig zu bleiben.
Die Forschung zeigt deutlich: Muskeln sind nicht nur wichtig für einen ästhetischen Körper, sondern auch der Schlüssel zu mehr Gesundheit, Mobilität und Lebensqualität im Alter. Es ist nie zu spät, damit anzufangen – aber je früher, desto besser.