Demokratie in Gefahr: Vier Schritte gegen KI-Missbrauch
(Bild: Teacher Photo / Shutterstock.com)
Künstliche Intelligenz kann Wahlen manipulieren. Kanadische Experten schlagen Maßnahmen vor, um Demokratien zu schützen. Doch reicht das aus?
Künstliche Intelligenz (KI) verändert das gesellschaftliche und politische Leben nachhaltig – und nicht immer zum Guten. Menschen werden etwa durch KI-generierte Videos mit Politikern und Prominenten in die Irre geführt, um ihre Daten abzuschöpfen oder sie um ihr Erspartes zu bringen.
Sogenannte Deepfakes werden in der Kunst genutzt, um in Filmen fiktive Geschichten zu erzählen, ohne dabei unbedingt auf Schauspieler angewiesen zu sein. Ein Beispiel dafür ist das geschmacklose und vor Russophobie triefende Putin-Biopic des polnischen Regisseurs Patryk Vegas.
In Wahlkämpfen kommen solche und ähnliche KI-generierte Machwerke zum Einsatz und zirkulieren in den sozialen Medien. Je besser sie werden, desto weniger ist es für Wähler sichtbar, ob es sich dabei um eine reale Aufnahme oder um einen Deepfake handelt. Wahlen und demokratische Prozesse weltweit können damit beeinflusst und manipuliert werden. Experten warnen, dass viele Länder auf diese Herausforderungen nicht vorbereitet sind.
Vier Maßnahmen zum Schutz der Demokratie
Kanadische Wissenschaftler haben nun einen Aktionsplan vorgelegt, um das Problem anzugehen. In einem Bericht mit dem Titel "KI an der Wahlurne: Vier Maßnahmen zur Wahrung der Wahlintegrität und zur Verteidigung der Demokratie" machen sie konkrete Vorschläge, wie Regierungen, Parteien und Wahlbehörden die Risiken von KI eindämmen können.
Hinter diesem Papier haben sich laut Mitteilung zahlreiche Wissenschaftler aus Nord- und Südamerika, aus Europa und Afrika versammelt. "Diese Mobilisierung zeigt, wie wichtig es ist, Maßnahmen zu ergreifen, und stellt gleichzeitig eine einzigartige Gelegenheit dar, die Zukunft unserer Demokratien mitzugestalten", sagt Professorin Catherine Régis von der Universität Montreal, eine der Initiatorinnen des Projekts. "Durch die Bündelung akademischer Expertise auf internationaler Ebene können wir Lösungen entwickeln, die die Integrität demokratischer Prozesse bewahren."
Der Bericht empfiehlt vier zentrale Maßnahmen:
- Regierungen sollen Gesetze an das KI-Zeitalter anpassen, zum Beispiel irreführende KI-generierte Inhalte bei Wahlen verbieten.
- Parteien sollen einen Verhaltenskodex für den Einsatz von KI vereinbaren, der Transparenz und Ehrlichkeit sicherstellt.
- Wahlbehörden sollen unabhängige Teams einrichten, die KI-bedingte Störungen des Wahlablaufs verhindern und darauf reagieren.
- Auf internationaler Ebene sollen Regierungen sogenannte "KI-Wahlbeobachter" etablieren und Protokolle für die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Wahlbeeinflussung durch KI vereinbaren.
Experten drängen auf schnelles Handeln
Die Experten betonen, dass die Zeit drängt. Im Jahr 2025 stehen in vielen Ländern wichtige Wahlen an. Regierungen müssten jetzt handeln, um die demokratischen Systeme zu stärken, das Vertrauen in die Gesellschaft zu verbessern und sicherzustellen, dass KI verantwortungsvoll eingesetzt wird.
"Da unsere Demokratien bedroht sind, erfordert die KI-gesteuerte Einflussnahme schnelles und konkretes Handeln von den Entscheidungsträgern – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene", sagt Professor Florian Martin-Bariteau von der Universität Ottawa. "Ohne eine konzertierte globale Anstrengung zur Angleichung von Gesetzen, zum Aufbau von Kapazitäten und zur Entwicklung von Verfahren zur Minderung von KI-Risiken bleiben Kanada – und Demokratien auf der ganzen Welt – anfällig."
Kein Land kann Herausforderungen alleine meistern
Einige Länder sind mit der KI-Regulierung bereits vorgeprescht. So hat etwa das Oberste Wahlgericht Brasiliens im vergangenen Jahr ein neues KI-Regelwerk abgesegnet. Deepfakes wurden komplett verboten und Kandidaten wurden verpflichtet, die Inhalte ihrer Kampagnen zu kennzeichnen, wenn KI verwendet wurde. Auf der Internetseite Hackernoon heißt es dazu:
Die Regeln beinhalten das Verbot aller Arten von Deep Fakes ; die Verpflichtung, vor dem Einsatz von KI in der Wahlpropaganda zu warnen, auch wenn dies in neutralen Videos und Fotos geschieht; und die Einschränkung des Einsatzes von Robotern zur Vermittlung des Kontakts mit Wählern (die Kampagne kann beispielsweise keinen Dialog mit dem Kandidaten oder einer anderen Person simulieren).
Wenn ein Kandidat in Brasilien Deepfakes mit falschen Inhalten verbreitet, könnte er im schlimmsten Fall ein gewonnenes Mandat wieder verlieren.
Auch wenn es bereits solche Ansätze der Regulierung von KI-Nutzung bei Wahlen gibt, betonen die kanadischen Forscher, dass kein Land die Herausforderungen durch KI alleine bewältigen kann. Gerade weil viele Akteure, die KI missbrauchen, über Ländergrenzen hinweg agieren, sei internationale Zusammenarbeit unverzichtbar. Nur so ließen sich Gesetze harmonisieren, Ressourcen bündeln und gemeinsam Widerstand gegen Versuche leisten, die Demokratie weltweit zu untergraben.
Die Vorschläge der kanadischen Initiative sollen Ende 2025 auf einem Gipfel in Paris vorgestellt und diskutiert werden. Die Forscher hoffen, dass möglichst viele Länder die Empfehlungen aufgreifen und umsetzen.