Der Dalai Lama, Daimler und die chinesischen Kommunisten

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Ein Kommentar

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"Beten Sie auch für die kommunistischen Führer in Peking?" frage ich den Dalai Lama. Seine Antwort: "Natürlich, sie sind ja auch Menschen. Auch sie streben nach einem glücklichen Leben."

Über diese Aussage hat sich bisher in Peking niemand aufgeregt. Aber dafür umso mehr über ein Dalai Lama-Zitat, das die Autofirma Daimler soeben neben einem Mercedes-Coupé veröffentlicht hat: "Betrachte die Lage von allen Seiten, und du wirst offener werden." Eigentlich harmlos, aber in China ein Aufreger.

Und zwar so sehr, dass Daimler glaubte, das Zitat sofort wieder löschen zu müssen. Der Konzern sprach sogar sein "tiefes Bedauern" aus und zwar gleich dreifach. Erstens: Es sei eine "extrem irrtümliche Botschaft" gewesen. Zweitens: Man habe die "Gefühle des chinesischen Volkes verletzt". Und Drittens: Daimler werde sein "Verständnis für die chinesischen Werte vertiefen".

Da stellen sich zwei Fragen: Für die chinesischen Kommunisten ist der Dalai Lama ein "Staatsfeind", weil er mehr Freiheit und eine größere Autonomie für seine Heimat Tibet fordert. Er fordert nicht die Unabhängigkeit seines Volkes.

In den letzten Jahren haben sich über 150 Tibeter aus Protest gegen die Unterdrückung durch China selbst verbrannt. Stärkere Proteste sind kaum denkbar. Der Dalai Lama spricht zu Recht vom "kulturellen Völkermord in Tibet" durch die kommunistische Partei Chinas. Menschenrechte werden brutal verletzt und das Land auf dem Dach der Welt ökologisch zerstört.

Das alles interessiert die Autobauer in Stuttgart nicht. Auf der Webseite von Daimler ist von "ethischen Grundsätzen" und einem "gemeinsamen Werteverständnis" die Rede.

Die Angst ums Geschäft ist in Stuttgart gepaart mit der Angst um die Macht in Peking. Taiwan, Tibet, Tienanmen: Diese "drei T" sind der Stachel im Fleisch der Regierenden in China.

Taiwan wird demokratisch regiert, Tibet verlangt wie der Dalai Lama nach mehr Freiheit und auf dem Tienanmen-Platz, dem Platz des Himmlischen Friedens, mitten in Peking, wagten Chinas Studenten 1989 einen Aufstand gegen das kommunistische Regime.

Daimlers Kotau vor Peking und Pekings Reaktion auf ein harmloses Dalai Lama-Zitat zeigen wie sehr die scheinbar Mächtigen Angst vor der Macht der scheinbar Ohnmächtigen haben. Es ist die Angst des Geldes und der Macht vor dem Geist und dem Freiheitswillen der Menschen. Die Geld-Macht und die Macht von politischen Unterdrückern sind weit brüchiger und oft lächerlicher als es vordergründig scheinen mag.

Langfristig aber sind Geist und Freiheitswille stärker als Kanonen, Geld und die Feigheit der Daimlers. "So wie diese Mauer fällt, so wird auch Tibet eines Tages frei sein", sagte der Dalai Lama bei einem Berlin-Besuch 1989.

Die Macht macht sich wieder einmal lächerlich und Daimler weltweit zum Gespött. So wird es auch nichts mit dem Glück, das der Dalai Lama für alle Menschen meint.

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