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Der "Katzenschlosser": Eine Schlüsselfigur im Oktoberfestattentats-Rätsel?

Das abenteuerliche Leben des Geheimagenten Hans Georg Langemann

Um den legendären BND-Agenten und Staatsschützer Hans Georg Langemann ist es nach dem unrühmlichen Ende seiner erstaunlichen Karriere vor drei Jahrzehnten still geworden. Ein Gutachten wies 1984 den Mann, der 2004 gestorben ist, als depressiv aus, was den Vollzug einer Haftstrafe verhindert hätte. Als Langemann wegen Geheimnisverrats verurteilt wurde, erhielt er ohnehin nur eine Bewährungsstrafe von gerade einmal acht Monaten. Der wohl schillerndste aller deutschen Geheimagenten war 1982 Namensgeber eines der größten BND-Skandale gewesen. In dem kürzlich in der ARD ausgestrahlten Doku-Drama Der blinde Fleck [1], in dem Heiner Lauterbach den damaligen Staatsschützer Langemann verkörperte, wird eine Verwicklung in das Oktoberfest-Attentat suggeriert. Langemanns validierte Biographie ist allerdings auch ohne Spekulation spannend genug.

Der Sauerländer Hans Georg Langemann, Jahrgang 1925, überlebte im Zweiten Weltkrieg als Späher an der Ostfront immerhin einen Gesichts-Nacken-Durchschuß. Die Narbe im Gesicht dürfte ihm in seiner Burschenschaft und anderen Männerrunden Respekt eingebracht haben. Der Versehrte studierte in Münster und Bonn Jura und promovierte 1955 zum kriminologischen Thema "Der politische Mord - Wie sind Attentate motiviert?". Das Material erschien 1957 als Das Attentat - Eine kriminalwissenschaftliche Studie zum politischen Kapitalverbrechen [2]. Bei den Recherchen soll es zu ersten Kontakten mit den Geheimen gekommen sein. Nach einem kurzen Gastspiel bei der Staatsanwaltschaft Hagen wurde Dr. jur. Langemann vom 1956 gegründeten Bundesnachrichtendienst (BND) angeworben.

Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND war personell und organisatorisch identisch mit der Organisation Gehlen [3], die im Auftrag der USA ein Jahrzehnt gegen den Osten spionierte und Geheimdiplomatie [4] betrieb.

Langemann heuerte in Pullach an und bekam intern den Decknamen "Dr. Lückrath". Als solcher wurde er bei der Gegenspionage eingesetzt, wo er Zielpersonen beschattete und seine Fähigkeiten im Umdrehen und Manipulieren von Menschen schärfte. So gelang ihm die Anwerbung von hochkarätigen Agenten des Ministeriums für Staatssicherheit. Bei den Olympischen Winterspielen in Squaw Valley versuchte Langemann 1960 DDR-Sportler zu rekrutieren - in Absprache mit der CIA, die im eigenen Land nicht operieren durfte. Nachdem der Agentenjäger bei der Goldmedaillengewinnerin Helga Haase zumindest als Schürzenjäger Erfolg hatte, spürte ihn das mit der CIA rivalisierende FBI auf und schickte ihn samt gefälschtem Pass nach Hause. In Rom freundete sich Langemann mit Gehlens Bruder Johannes ("Giovanni") an, der gute Kontakte zum Vatikan und zu faschistischen Adeligen pflegte. Das elitäre Kontaktnetz des Atomphysikers basierte auf dessen Eigenschaft als Sekretär im katholischen Malteser Ritterorden.

Operation ARGUS

Die CIA hatte einen Menschen- und Waffenhändler mit KGB-Kontakten in Ostberlin im Visier. Langemann sollte diesem eine Falle stellen und hierzu nach Westberlin locken. Dazu bediente sich der Spion, der sein Handwerk selbst als "Hochstapelei" zu bezeichnen pflegte, eines talentierten Betrügers aus der Halbwelt. Um die Zielperson zu ködern, lieferte er zu einem Treffen in Ostberlin ein begehrtes Muster eines neuen US-Gewehrs, das die CIA eigens bereitstellte. Die in Wirklichkeit für das MfS arbeitende Zielperson war sportlich genug, nach Erhalt den Agenten ziehen zu lassen. Fehlschläge wie dieser waren jedoch Petitessen im Vergleich zum nicht vom BND erkannten Mauerbau und zum Skandal um den Doppelagenten Heinz Felfe, der über ein Jahrzehnt BND-Interna an das KGB berichtet hatte.

Madame Scandaleuse

Eine attraktive Frau, die als Journalistin firmierte, hatte 1950 ein Verhältnis mit dem Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten Willy Brandt gepflegt. 1951 wurde sie in der DDR wegen angeblicher Spionage zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt, von denen sie vier Jahre absitzen musste, bis Adenauer und Brandt erfolgreich eine Ausreise erreichten.

Die inzwischen rechtskonservativ orientierte Frau arbeitete nun für eine Organisation für die Opfer des Stalinismus. Der wegen Meineids verurteilte CSU-Generalsekretär Friedrich Zimmermann, der es in der Regierung Kohl zum Bundesinnenminister bringen sollte, wollte 1961 die Bundestagswahl mit schmutzigen Tricks beeinflussen. So lancierte er mit Madame Scandaleuse [5] ein Buch, das Liebesbriefe an sie aus der Beziehung mit Brandt enthielt. Wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten wurde es aus dem Handel genommen.

Die lebenslustige Frau, die nach den Worten von Spionagechef Markus Wolf in Bonn einen "Salon" unterhielt, becircte nun ausgerechnet Brandts Kontrahenten Franz-Joseph Strauß. Dessen Adjutant bat Gehlen, die Gefahr zu bannen. Der BND nahm daraufhin die inzwischen arbeitslose Frau in seine Dienste. Der Einsatzort Capri hielt die Dame auf Distanz zu Strauß. Ihr BND-Deckname "Ferrari" war eine Anspielung auf ihr rotes Haar. Vor einer ganz anderen Affäre konnte der BND Strauß nicht bewahren.

SPIEGEL-Affäre

Als während der Kuba-Krise der Kalte Krieg heiß zu werden drohte, titelte das Hamburger Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL mit einer Story [6], welche die Kampfkraft der Bundeswehr infrage stellte. Verteidigungsminister Strauß hatte "einen Abgrund an Landesverrat" gewittert und für eine Besetzung der Redaktionsräume durch die Sicherungsgruppe Bonn gesorgt. Ebendort fand sich auch Schattenmann Langemann in direktem Auftrag Gehlens ein.

Mit seinem BND-Ausweis wurde Langemann in die in Beschlag genommenen Redaktionsräume eingelassen, wo er diverse Dokumente plump unter seinem Mantel verschwinden ließ. Langemanns Mission war das Vertuschen der über ein Jahrzehnt währenden engen Beziehung zwischen Nachrichtendienst und Nachrichtenmagazin [7], das vorzugsweise schmeichelhaft über den BND berichtete. Der kürzlich verstorbene SPIEGEL-Redakteur Detlev Becker [8] war damals mit dem BND-Vizepräsidenten befreundet und sogar als dessen Nachfolger gehandelt worden. Dokumente über Treffen zwischen beiden durften insbesondere Strauß nicht irritieren.

Nachdem Strauß BND-Chef Gehlen verdächtigte, die SPIEGEL-Redaktion vorab gewarnt zu haben, verwandte sich Langemann als Zeuge für die Richtigkeit einer eidesstattlichen Versicherung, was seine Position beim General endgültig festigte.

Der Baron

Langemanns bereits in Ostberlin gescheiterter Ex-Betrüger soll als EVA-Agent in Kuba bis zu Fidel Castro vorgedrungen sein. In den USA geriet der Agent jedoch in Haft, weil ihn eine Zeugin erkannt haben wollte, die der Kleinganove vor seiner Geheimdienstkarriere geschädigt hatte. Hilfe bot ein für die Geheimdienste zuständiger Staatssekretär im Bundeskanzleramt: Der erzkonservative Freiherr Karl Theodor Maria Georg Achatz Eberhart Joseph Buhl Freiherr von und zu Guttenberg (CSU), wie Kanzler Adenauer Ritter im Orden vom Heiligen Grab zu Jerusalem, ließ die diplomatische Peinlichkeit mit Vermittlung der CIA aus der Welt schaffen. Der Kontakt zum Baron sollte noch weitere Folgen haben.

Strategischer Dienst

Nachdem Gehlen bislang nur Richtung Osten spioniert hatte, wurde Langemanns Vorgesetzter General Wolfgang Langkau nun mit dem Aufbau eines "strategischen Dienstes" betraut, der Agentennetze auch im sonstigen Ausland aufbauen sollte. 1962 lief unter Langemanns Leitung die Operation EVA an (benannt nach Eva Braun, die im Gebäude der EVA-Zentrale in Pullach mehrfach gewohnt hatte). Langemann wurde ein Jet-Set-Agent, der rund um den Globus Verbindungen und Scheinfirmen aufbaute. Der Geheimagent mit Vorliebe für exotische Länder trug bisweilen sogar den sprichwörtlichen Smoking und manipulierte mit List, Geld und Prostituierten. In Italien verfügte der BND sogar über eine auf einen EVA-Agenten gemeldete Yacht für Vergnügungsreisen, die allerdings nach dem plötzlichen Tod des Agenten von dessen Erben sofort versilbert wurde. Langemanns gefährlichster Gegner dürfte in diesen Tagen der Bundesrechnungshof gewesen sein.

Zu den Aufgaben Langemanns gehörte es auch, eine vom BND gefürchtete Organisation durch V-Leute aufzuklären: die SPD, deren Parteigänger in Pullach als vaterlandslose Gesellen galten. Rechtsaußen Gehlen hatte 1956 den USA für den Fall eines SPD-Sieges sogar einen Staatsstreich von Rechts [9] angeboten.

Kanzler-Akten

Nachdem Langemann bereits in der SPIEGEL-Affäre hatte Akten verschwinden lassen, war er der richtige Mann für eine ungleich brisantere Aufgabe. So kursierten in Pressekreisen Dokumente aus dem Reichspropagandaministerium, die eine Verbindung zwischen Bundeskanzler Kiesinger und Adolf Eichmann dokumentierten. Die Dokumente stammten aus dem National Archive in Washington, wo mit weiteren unerwünschten Funden zu rechnen war. Langemann reiste auf Empfehlung des Freiherrn zu Guttenberg nach Langley, wo ihm die CIA jedoch keine Vernichtung der Akten bieten konnte. Stattdessen beerdigte man die auf Mikrofilm gespeicherten Informationen bürokratisch, in dem man stattdessen die umfangreichen Richtlinien zur Erfassung deutscher Akten verschwinden ließ. Gezielte Suchen waren damit nahezu unmöglich. Langemann allerdings zog sich Kopien des Herrschaftswissens.

Mercker-Bericht

Nachdem 1968 der bisherige MAD-Chef Wessel Gehlen als BND-Chef ablöste, sank Langemanns Stern beim BND. Es gelang seinen EVA-Agenten noch, den Ritterorden vom Allerheiligsten Erlöser und der Heiligen Brigitta von Schweden zu unterwandern, dem neben anderen prominenten US-Amerikanern auch Präsident Nixon angehörte. Der neuen Hausleitung und erst recht der inzwischen an der Regierung beteiligten SPD waren die Pullacher Abenteurer suspekt. Der bis heute stellenweise geheime Mercker-Bericht [10] stellte dem BND ein vernichtendes Zeugnis aus. Sämtliche EVA-Agenten wurden abgeschaltet und mussten zum Teil abgefunden werden. EVA-Agentin Ferrari erstritt sich 300.000,- DM. Auch die Sonderverbindungen zu Einflussjournalisten wurden gekappt. Die Pubertät des Bundesnachrichtendienstes war beendet. Langemann zog sich zunächst nach Rom als Leiter der dortigen BND-Residentur zurück.

Olympische Spiele

Langemann hoffte, über eine CSU-Seilschaft auf eine Stelle im Bundeskanzleramt zu gelangen, um dort Verantwortlicher für die Sicherheit der Spiele in München (1972) zu werden. Die Position wollte er zum Spionieren im Inland nutzen, was formal nicht mit einer Anstellung beim BND möglich war. Noch heute ist unklar, wie genau Langemann beim bayrischen Staat als "Sicherheitsberater" Anstellung fand (und was er in dieser Eigenschaft wirklich tat). IOC-Präsident Willy Daume erinnerte sich an keine wesentlichen Meldungen und in den Archiven ist Langemanns Arbeit nicht auffindbar, resümiert die Fachautorin Stefanie Waske. Wie sich aus seinen Reisen rekonstruieren lässt, pflegte Langemann auch in dieser Eigenschaft seine EVA-Kontakte, die vermutlich informell weiterarbeiteten. Den Anschlag auf die israelischen Athleten vermochte Langemann trotz vorherigen Hinweisen auf Attentatspläne nicht zu verhindern - vielleicht auch deshalb, weil er einer weiteren geheimen Nebenbeschäftigung nachging, die wiederum gut belegt ist: dem streng geheimen CDU/CSU-Nachrichtendienst.

Stauffenberg-Dienst

War die sozialdemokratische Regierung für die katholischen Spione bereits ein Grundübel, so mussten die geplanten Ostverträge erst recht um jeden Preis verhindert werden. Nachdem es dem erzkonservativen Baron zu Guttenberg nicht gelungen war, den aus dem BND ausgeschiedenen Langemann im Bundeskanzleramt zu platzieren, richtete er nun einen privaten Geheimdienst ein. Hans Christoph von Stauffenberg, ein Verwandter des gescheiterten Hitler-Attentäters, bekam bei der bayrischen Landesregierung eine Stelle zum Schreiben für Grußworte. Nach Dienstschluss betreute er einen exklusiven Nachrichtendienst, in dem er ihm u.a. von Langemann besorgte Informationen zu Dossiers zusammenstellte. Diese gingen an einen handverlesenen Verteiler aus CDU/CSU-Politikern und rechtskonservativen Einflussjournalisten wie Springer-Chefredakteuren, Quick-Mitarbeitern und dem ZDF-Moderator Gerhard Löwenthal [11], aber auch an rechtsextreme Publizisten. Die Rundbriefe waren "nach Lektüre zu vernichten" [12].

Bei der Abstimmung zu den Ostverträgen schleppte sich der todkranke Baron zu Guttenberg 1972 ein letztes mal an die Front im Bundestag. Dem Stauffenberg-Dienst war es nicht gelungen, die öffentliche Meinung ausfreichend gegen die Ost-Verträge zu beinflussen, so dass sich die katholischen Patrioten nun darauf beschränkten, wenigstens einen Regierungswechsel zu begünstigen. Doch die Spione wurden selbst ausspioniert. Im geheimen Verteiler befand sich auch der CDU-Ostpolitiker Werner Marx. Wie etliche andere vermisste dieser im Bonner "Sekretärinnen-Sommer"::http://www.zeit.de/1985/35/liebesgruesse-aus-ost-berlin 1979 seine Schreibkraft. Die MfS-Agentin im besonderen Einsatz war wieder in die DDR zurückgekehrt und berichtete in einer Pressekonferenz über Stauffenbergs Kolportage-Dienst.

Staatsschutz

Der ohnehin in bayrischen Diensten stehende Langemann fungierte im Landesinnenministerium als oberster Staatsschützer. Zu seinen Schützlingen gehörte Ministerpräsident Strauß, dessen Familie anrüchige Geschäfte mit schillernden Geschäftsleuten machte. Strauß, der etwa mit Diktatoren keine Berührungsängste hatte, pflegte Umgang mit etlichen Personen aus Italien, die als Faschisten galten [13]. Unter Katholiken pflegte man jedoch keine Berührungsängste. In Langemanns Amtszeit fiel die bis heute mysteriöse Entführung des CSU-Auslandsreferenten Dieter Huber [14].

Oktoberfest-Attentat

Der oberste bayrische Staatsschützer war im Amt, als 1980 kurz vor der Bundestagswahl die Bombe auf dem Oktoberfest explodierte. Strauß benutzte das reflexhaft den Linksterroristen angelastete Attentat, um gegen den damaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) Stimmung zu machen, der mit seinen liberalen Vorstellungen von Bürgerrechten den Staat geschwächt hätte. Der nach solchen Anschlägen übliche Ruf nach dem starken Mann wirkte sich bei der Wahl jedoch nicht entscheidend aus. Der Öffentlichkeit präsentierte man alsbald einen angeblich eigenbrödlerischen Alleintäter aus dem rechten Milieu.

Der Anschlag ist vor allem deshalb mysteriös [15], weil das Motiv zu einem willkürlichen Anschlag auf Deutsche auch aus rechtsterroristischer Perspektive keiner inneren Logik folgt. Doch auch die These, jemand habe mit einer False Flag-Operation in den Wahlkampf zugunsten von Hardliner Strauß eingreifen wollen, bleibt vage. Wäre die Bombe eine psychologische Operation im Stile des Celler Lochs [16] gewesen (wo der Verfassungsschutz eine Öffnung in die Mauer einer JVA sprengen ließ), dann hätte ein lauter Knall ausgereicht. Die Bauweise der Bombe von München [17], die auf maximal tödliche Wirkung ausgerichtet war, spricht jedoch für menschenverachtenden Hass des Erbauers. Zudem hätte ein verständiger Stratege bei einem inszenierten Anschlag, der den Linken hätte angelastet werden sollen, wohl entsprechende Fehlspuren wie Bekenner-Schreiben etc. gelegt. Und anders als in Italien, wo die Kommunisten bei 30% standen und Gladio-Terroristen ein handfestes Motiv zur Diskreditierung boten, bewegten sich in der Bundesrepublik die Wahlchancen der Kommunisten klar unterhalb der 5%-Marke.

Abraham Lincoln Katzenschlosser junior

Der in einer Villa in München-Grünwald residierende Langemann versuchte seit Anfang 1980, über den benachbarten Medienmanager Josef von Ferenczy seine Memoiren zu lancieren. So hatte er einen Schlüsselroman über einen fiktiven Agenten "Katzenschlosser" geschrieben und verhandelte über Mittelsmänner mit diversen Magazinen. Ferenczy hatte den ehemaligen BKA-Mann Frank P. Heigl mit dem Manuskript befasst, der sich mit Langemann mehrfach u.a. im Ausland traf, um das Material zu einem Sachbuch umzuschreiben. Dabei offenbarte der bislang so verschwiegene Schattenmann etliche Dokumente über die schon über ein Jahrzehnt zurückliegende Operation EVA.

Über die Verratsmotive des offensichtlich vermögenden und vom Staat üppig alimentierten Langemann lässt sich nur spekulieren. Es spricht einiges dafür, dass das Material dem neuen BND-Chef (dem Langemann sein Amt missgönnen musste) vor die Füße fallen sollte. Der dritte BND-Präsident nämlich war ausgerechnet der Hans-Dietrich-Genscher-Schützling Klaus Kinkel - ein liberaler Karrierepolitiker ohne jeden Stallgeruch in Pullach. Offenbar träumte Langemann wie sein Alter Ego "Katzenschlosser" von einer Position als Geheimdienstkoordinator, die bei einem Wahlsieg von Strauß 1980 sogar greifbar gewesen wäre.

Nach jahrelangen Querelen wurde der Roman nie veröffentlicht, vielmehr gerieten die Beteiligten in Streit. 1982 flog Langemann dann aber mit seinen Durchstechereien an die Presse auf und wurde wegen Geheimnisverrats angeklagt. Statt Kinkel musste er selbst gehen. In der Untersuchungshaft überlebte der angeschlagene Langemann eine Tablettenvergiftung. Ein Untersuchungsausschuss bereitete dem BND Kopfzerbrechen, förderte jedoch kaum [18] Ergebnisse [19] zutage.

Der in Verlegenheit gebrachte Strauß distanzierte sich von seinem Vasall, den er als den "Mann mit dem Kopfschuss" verspottete. In einem aktuellen Interview [20], behauptet Max Strauß, sein Vater habe Langemann nicht leiden können - was nicht nur im Widerspruch zum Anstellungsverhältnis steht.

Wende

Ebenfalls 1982 stellte auch der Stauffenberg-Dienst seine Arbeit ein, da er seine Aufgabe erfüllt hatte. Zwar konnten die bayrischen Spione die Ost-Verträge nicht verhindern, doch wenigstens die Herrschaft der Sozialdemokraten war endlich gebrochen. Zwei Bezieher der geheimen Stauffenberg-Depeschen, die Katholiken Kohl und Strauß, herrschten nun wieder über die Bundesrepublik. Baron zu Guttenberg hatte bereits 1972 das Zeitliche gesegnet und wäre stolz auf seinen Enkel gewesen, der Strauß im Amt des Verteidigungsministers folgte. Von Stauffenberg starb 2005, dem Vernehmen nach mit der Welt versöhnt. Schattenmann Langemann ist seit 1984 öffentlich unsichtbar und verstarb 2004.

Im wesentlichen verwendete Literatur:


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[1] https://www.youtube.com/watch?v=vrvTyuAsS90
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[3] https://www.youtube.com/watch?v=VOFbrpGzaA0
[4] http://www.berliner-zeitung.de/archiv/in-einer-villa-in-pullach-bei-muenchen--in-der-einst-hitlers-parteikanzleichef-martin-bormann-residierte--besiegelten-an-einem-wintertag-anfang-der-60er-jahre-ein-frueherer-nazi-geheimdienstchef-und-ein-ueberlebender-des-holocaust-die-geheime-zusammenarbeit-des-deutschen-bundesnachrichtendienstes-mit-dem-israelischen-mossad--fuer-die-sicherheit-israels-kooperieren-wir-sogar-mit-dem-teufel,10810590,9754954.html
[5] http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/41726511
[6] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-25673830.html
[7] https://www.heise.de/tp/features/Im-SPIEGEL-des-BND-3389510.html
[8] http://www.heise.de/tp/news/Augsteins-Schattenmann-2457774.html
[9] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-bnd-chef-gehlen-plante-staatsstreich-a-195690.html
[10] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43176614.html
[11] https://www.youtube.com/watch?v=JGQKvKFYcB0
[12] http://www.tagesspiegel.de/kultur/nach-lektuere-vernichten/8841688.html
[13] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14327589.html
[14] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40617067.html
[15] https://www.heise.de/tp/features/Ulrich-Chaussy-ueber-das-Oktoberfest-Attentat-und-die-NSU-Mordserie-3367546.html
[16] https://www.youtube.com/watch?v=s8YNGuHYrR8
[17] https://www.heise.de/tp/features/Das-Oktoberfestattentat-war-kein-Werk-eines-Einzeltaeters-3386353.html
[18] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-bnd-chef-gehlen-plante-staatsstreich-a-195690.html
[19] https://www.bayern.landtag.de/fileadmin/www/ElanTextAblage_WP09/Drucksachen/0000012500/09-12951.pdf
[20] http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Zog-der-Staatsschutz-Chef-Hans-Langemann-die-Faeden-id32981717.html