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Der Kipppunkt: Wo stehen wir bei der globalen Energiewende?

David Goeßmann
Überschwemmte Straße, die eine Bahntrasse überquert, Deutschland 2021.

Überschwemmte Straße, die eine Bahntrasse überquert, Deutschland 2021. Bild: Shutterstock.com

Die Treibhausgase steigen weiter, die Klimakrise verschärft sich. Aber es gibt Grund für Optimismus. Denn nie war es einfacher, auf Sonne und Wind umzusteigen.

Ziel der Energiewende sollte es eigentlich sein, die Kohlendioxid-Emissionen bei der Energiegewinnung zu senken und auf null zu bringen, um damit den Treibhauseffekt und die Erderhitzung zu begrenzen. Doch das ist in den letzten Jahrzehnten misslungen. Und misslingt weiter, jedenfalls weltweit.

Oder anders formuliert: Wir befinden uns auf einem historischen Emissions-Peak, wobei offen ist, ob es in den nächsten Jahren noch weiter hinauf-, auf einem Plateau auf gleicher Höhe voran- oder bereits bergab geht.

Zukunft der Menschheit steht auf dem Spiel

Denn Fakt ist: Die Treibhausgasmengen konnten in den letzten Jahrzehnten nicht nur nicht gesenkt werden, sondern sie haben sich in einer kontinuierlich ansteigenden Kurve immer weiter ausgeweitet. Auch im letzten Jahr legten die jährlichen energiebezogenen Emissionen erneut um 2,1 Prozent zum Vorjahr zu und liegen nun erstmals auf dem Höchstwert von rund 40 Gigatonnen Kohlendioxid-Äquivalent [1] (Äquivalent = Umrechnung anderer Treibhausgase wie Methan in CO2).

Die misslingende globale Energiewende zeitigt bereits jetzt dramatische Folgen. Durch die sich erhöhende Kohlendioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre hat die durchschnittliche Temperatur über der Erde um rund 1,2 Grad Celsius [2] zugenommen.

Das erzeugt in immer dichterer Folge Hitze- und Unwetterrekorde sowie in zunehmendem Maße Wettextreme wie verheerende Dürren, Überschwemmungen wie vor einigen Wochen im östlichen Europa oder außergewöhnliche Hurrikans z.B. an der US-Ostküste, um nur die naheliegendsten Ereignisse zu nennen.

Viele der "überlebenswichtigen Parameter" der Erde hätten Spitzenwerte erreicht, was darauf hindeute, dass "die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel steht", so eine Gruppe der weltweit erfahrensten Klimaexperten in der aktuellen Studie [3] "The 2024 State of the Climate Report" ("Zustandsbericht für das Klima 2024").

Natürliche Kipppunkte

Immer mehr Wissenschaftler befassten sich nun mit der Möglichkeit eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs, heißt es in dem Bericht. In ihm wurden 35 kritische Erdindikatoren im Jahr 2023 bewertet. Danach seien 25 davon schlechter als je zuvor, darunter der Kohlendioxidgehalt. Dies deute auf eine "kritische und unvorhersehbare neue Phase der Klimakrise" hin.

Die Forscher identifizierten 28 Rückkopplungsschleifen, darunter die zunehmenden Emissionen aus schmelzendem Permafrost, die dazu beitragen könnten, mehrere Kipppunkte auszulösen, wie z. B. den Zusammenbruch der massiven grönländischen Eiskappe. Das Resümee der Untersuchung:

Wir stehen kurz vor einer irreversiblen Klimakatastrophe. Dies ist zweifellos ein globaler Notfall. Ein Großteil der Lebensgrundlagen auf der Erde ist gefährdet. Wir treten in eine kritische und unvorhersehbare neue Phase der Klimakrise ein.

Rasante Energiewende möglich

Um diese Bedrohung abzuwenden, ist eine rasante Energiewende eine unabdingbare Voraussetzung.

Bis 2030, also in nur noch sechs Jahren, müssten die globalen Emissionen fast halbiert werden, so die wissenschaftlichen Szenarien [4], um das 1,5 bis zwei Grad Ziel, vom Pariser Klimavertrag vorgeschrieben und von Klimaforschern wegen der Schadenseskalationen als Obergrenze festgesetzt, noch einhalten zu können. Bis 2050 müsste dann der Ausstoß von Treibhausgasen komplett eingestellt werden.

Das scheint angesichts der bis heute vorherrschenden Trends eine kaum lösbare Aufgabe. Doch tatsächlich ist dem keineswegs so, auch wenn der Zeitdruck enorm ist. Denn die Umstände für eine effektive und auch schnelle Energiewende sind nie besser gewesen als heute.

Vor allem zwei Aspekte bieten Grund für Optimismus.

Erstens: Der sich beschleunigende technologische Fortschritt bei den erneuerbaren Energien und die voranschreitende Elektrifizierung von fossilen Sektoren (Verkehr, Heizen etc.) vereinfacht die Umsetzung der Energiewende.

Zweitens: Erneuerbare Energien werden immer billiger. Sie sind schon heute meist die billigste Energieform.

Steigende Effizienz

Zum ersten Punkt:

Der Wirkungsgrad von Solarmodulen hat stetig zugenommen. Damit wird definiert, wie viel Sonnenlicht in Strom umgewandelt werden kann.

Die üblichen Solarzellen heute wandeln bereits etwa 20 bis 22 Prozent [5] des Sonnenlichts in elektrische Energie um. Neue Forschungsergebnisse [6], die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurden, zeigen jedoch, dass künftige Solarzellen einen Wirkungsgrad von bis zu 34 Prozent erreichen könnten.

Die neuen Spitzen-Zellen würden zusätzliche 60 Prozent der Sonnenenergie einfangen. Das bedeutet, dass weniger Panels benötigt werden [7], um die gleiche Energie zu erzeugen, was die Installationskosten und die für Solarparks benötigte Fläche (oder Dachfläche) reduziert sowie mehr Profite für die Solarstromproduzentenn verspricht. Forscher gehen davon aus, dass die Effizienz in Zukunft noch weiter gesteigert werden kann [8].

Ein chinesisches Unternehmen hat zudem vor Kurzem mitgeteilt, dass man das erste, vollständig aus recycelten Materialien bestehende Silizium-Solarmodul produziert habe [9]. All das macht Solarenergie immer attraktiver, auch ökonomisch, während die Massenherstellung die Produktion billiger macht.

Elektrifizierung 2.0

Ähnliche technologische Schübe kann man auch bei der Windkraft sehen, wo durch die Steigerung der Nabenhöhe, bessere Rotoren und Materialien die Leistungsfähigkeit von Windrädern und damit die produzierbare Strommenge stark gesteigert werden konnte. Für das nächste Jahr erwartet man die Installation eines Windrads mit 13 bis 15 Megawatt (MW) Leistung [10]. Noch zehn Jahre zuvor lag die Rekordmarke bei vier MW.

Auch bei der Elektrifizierung von bisher fossil geprägten Sektoren wie dem Individualverkehr und dem Heizen gibt es Fortschritte.

Im Jahr 2023 wurden weltweit fast 14 Millionen neue Elektroautos zugelassen, womit die Gesamtzahl der Elektroautos auf den Straßen auf 40 Millionen anstieg [11]. Der Absatz von Elektroautos lag 2023 um 3,5 Millionen höher als 2022, was einem Anstieg von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Und es ist mehr als sechsmal so viel wie 2018, nur fünf Jahre zuvor.

Die Hälfte aller E-Autos fährt in China. Zwischen 2021 und 2022 nahm der Verkauf von Elektrofahrzeugen dort von 1,3 auf sechs Millionen zu, ein Drittel der weltweiten Verkäufe.

Wenn in der EU und den USA nicht mit Zöllen gegen China und nachlassender Unterstützung für die Wende der E-Auto-Aufschwung abgewürgt worden wäre, sähen die Zahlen weltweit noch besser aus.

E-Autos werden billiger

Die Zukunft gehört den E-Autos, auch, weil die ökonomischen Rahmenbedingungen immer besser werden. So zeigen Studien, dass heute schon die Hälfte aller vollelektrischen Autos [12] innerhalb von fünf Jahren Betrieb billiger sind als vergleichbare Verbrennermodelle. Denn im Betrieb schlagen die Elektros die Benziner deutlich.

Einige E-Automodelle brauchen zwar länger, um ihren Kostenvorteil auszuspielen, vor allem, weil Luxusausstattungen die Kaufpreise hochtreiben. Da aber die Anschaffungskosten von Elektroautos im Fallen begriffen sind [13], wird das bald Geschichte sein.

Der Trend ist eindeutig, vor allem, weil die E-Fahrzeugbatterien effizienter, leistungsfähiger, materialschonender und billiger werden. Bis 2026 geht man davon aus, dass der Preis um 50 Prozent fallen wird [14].

Wärmepumpen schlagen Gaskessel

Auch beim Beheizen von Räumen werden klimaneutrale Technologien zunehmend konkurrenzfähig, wenn sie nicht schon auf der Überholspur sind. Die aktuellen Modelle von Wärmepumpen sind zum Beispiel drei bis fünf Mal energieeffizienter [15] als Gaskessel. Das hat auch wirtschaftliche Auswirkungen. So stellt die IEA in der Studie [16] "The Future of Heat Pumps" fest:

Der durchschnittliche Haushalt oder Betrieb, der eine Wärmepumpe einsetzt, gibt weniger für die Energie aus als derjenige, der einen Gasheizkessel verwendet. Diese Einsparungen gleichen die höheren Anschaffungskosten für Wärmepumpen in vielen Märkten aus – in einigen sogar ohne Subventionen. Der wirtschaftliche Nutzen von Wärmepumpen verbessert sich angesichts der heutigen Energiepreisspitzen: Die Einsparungen für Haushalte reichen von 300 US-Dollar pro Jahr in den Vereinigten Staaten bis zu 900 Dollar in Europa. Mit einer angemessenen Unterstützung für ärmere Haushalte zur Bewältigung der Vorlaufkosten können Wärmepumpen die Energiearmut sinnvoll bekämpfen, wobei die Einsparungen bei den Energierechnungen in einkommensschwachen Haushalten zwischen zwei und sechs Prozent des Haushaltseinkommens liegen, nachdem sie sich von einem Erdgaskessel verabschiedet haben.

In den letzten Jahren ist der Verkauf von Wärmepumpen weltweit daher auch stark angestiegen, auch wenn er im letzten Jahr leicht um drei Prozent zurückging. Für die IEA ein Effekt der starken Inflation und wieder gesunkenen Gaspreise (im Zuge von historischen, steuerfinanzierten Subventionen), die Verbraucher abhielten, in dieser Phase eine größere Investition zu tätigen und sich vom Gas zu verabschieden.

Doch die Attraktivität von sauberer Wärmetechnologie für die Verbraucher könnte, wie die IEA betont, durch staatliche Unterstützung bei der Anschaffung erhöht werden. Da die Wärmepumpen im Betrieb, wie schon gesagt, kostengünstiger sind als fossile Wärmeversorgung, zahlt sich der Umstieg am Ende für die Haushalte aus, während es bereits für die Industrie verwendbare Wärmepumpen [17] gibt.

Die Skandinavier machen es vor

Vorreiter sind die skandinavischen Länder [18], die lange von Heizöl abhängig gewesen sind. Schweden, Norwegen und Finnland haben zwar das kälteste Klima in Europa. In allen drei Ländern gibt es aber inzwischen mehr als 40 Wärmepumpen pro 100 Haushalte, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Und die Ausbaukurve geht steil nach oben.

Der Grund für diese Entwicklung: Über unterschiedliche Regierungen hinweg wurde mittels Förderungen, Regulierungen und Verboten die Wende erfolgreich vollzogen [19]. Die meisten Skandinavier müssen sich nun keine Sorgen mehr machen über die volatilen, immer wieder steigenden Gaspreise [20], die nur unzureichend durch den Einsatz von Steuergeldern ausgeglichen werden können.

Der Preis entscheidet

Und damit sind wir beim zweiten Punkt. Mit dem steigenden Wirkungsgrad von Solarmodulen und Windrädern ist der Strom billiger geworden, den sie erzeugen, und das ist natürlich auch ein gutes Signal für die voranschreitende klimaneutrale Elektrifizierung.

So heißt es [21] im "World Energy Transitions Outlook 2023" von der International Renewable Energy Agency (Irena):

Die Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien sinken weltweit weiter, und erneuerbare Energien sind heute in den meisten Regionen die günstigste Option zur Stromerzeugung. Im Jahr 2021 produzierten erneuerbare Quellen mit einer Stromerzeugungskapazität in Höhe von 163 Gigawatt (GW) Strom, der weniger kostete als der Strom, der aus der billigsten Quelle für neue fossile Kapazitäten entstammt. Diese 163 GW machten 73 Prozent der gesamten neuen Stromerzeugungskapazitäten bei Erneuerbaren aus, die weltweit zugebaut wurden.

Da die Kosten für erneuerbare Energien und Ökostrom in Zukunft weiter zurückgehen werden, schon allein aufgrund der technologischen Potenziale und der Masseneffekte bei steigender Produktion, ist die Trendwende nicht mehr aufzuhalten.

Sonne und Wind auf dem Vormarsch

Diese Wende hat eigentlich schon vor zehn Jahren begonnen und nimmt nun immer mehr an Fahrt auf. So war bis 2014 der Anteil von Erneuerbaren beim jährlichen Ausbau der Stromkapazitäten geringer als der aus fossilen Quellen. Seitdem hat sich das Verhältnis radikal umgekehrt [22]. Letztes Jahr gingen 86 Prozent der Zunahme auf das Konto von Sonne, Wind und Wasserkraft.

Grafik [23]: Irena.

Die globale erneuerbare Stromkapazität stieg 2023 netto um die Rekordmenge von 473 Gigawatt (GW) auf 3.870 GW. Das ist ein Sprung von rund 14 Prozent gegenüber 2022.

Exponentielles Wachstum

Das, was in den letzten Jahren zu beobachten ist, könnte der Anfang einer exponentiellen Wachstumskurve, der Beginn einer weltverändernden Explosion sein, erklärt [24] der preisgekrönte US-Umweltjournalist Bill McKibben.

So habe Bloomberg Anfang September prognostiziert, dass die weltweite Installation neuer Solarmodule in diesem Jahr 592 Gigawatt erreichen wird – 33 Prozent mehr als im Vorjahr. McKibben weiter:

Der Punkt ist, dass, wenn man das ein paar Jahre hintereinander macht, die Gesamtzahlen sehr schnell ansteigen. Wenn etwas, das ein Prozent ihres Stroms liefert, sich auf zwei Prozent verdoppelt, bedeutet das nicht viel – aber wenn etwas, das zehn oder zwanzig Prozent liefert, um ein Drittel ansteigt, ist das schon eine ganze Menge. Und im nächsten Jahr noch mehr.

Der US-Bundesstaat Kalifornien zeige, wie das exponentielle Wachstum gemäß S-Kurve funktioniert. So berichtet [25] der Professor für Ingenieurswissenschaften von der Stanford University, Mark Jacobson, Experte für Energiewende-Modelle, dass im fast sechsmonatigen Zeitraum vom 7. März bis zum 4. September 2024 der Einsatz von fossilem Gas im Stromnetz in Kalifornien um 29 Prozent niedriger war als im Jahr 2023.

Das bedeute, dass Erdgas zur Stromerzeugung in der fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt innerhalb eines Jahres um fast ein Drittel zurückgegangen ist. Im Jahr 2023 lieferte fossiles Gas im gleichen Zeitabschnitt 23 Prozent mehr Strom ins Netz als Solarstrom. Im Jahr 2024 waren diese Zahlen fast genau umgekehrt.

Die stille Revolution

Eine vielleicht noch bedeutsamere, wenn auch weniger beachtete Energie-Revolution findet im Globalen Süden statt. Solarmodule sind in den letzten Monaten derart billig geworden, dass sie jetzt in vielen Entwicklungsländern in großer Zahl auftauchen.

Ohne darauf zu warten, dass die oft maroden Energieversorgungsunternehmen die Arbeit übernehmen, machen sich Unternehmen und Hausbesitzer daran, ihr Leben mit Strom zu versorgen – und zwar auf saubere Weise.

So hätten z.B. Pakistaner:innen riesige Mengen sehr billiger chinesischer Solarmodule gekauft [26] (in der Dimension von 30 Prozent der gesamten Stromkapazität Pakistans) und sie selbst angebracht. Eine Reaktion auf die explodierenden Strompreise der Energieanbieter im Zuge der fossilen Energiekrise nach Russlands Einmarsch in die Ukraine und den westlichen Sanktionen.

Überall auf den Dächern tauchten dort nun neue Solarpaneele auf, wie Energieanalyst Dave Jones auf Google Maps zeigen kann [27]. Die Technologieexperten Azeem Azhar und Nathan Warren betonen [28] in einem Artikel, dass …

Pakistans dezentrales Solarsystem bis Ende dieses Jahres fast die Hälfte der Kapazität des gesamten pakistanischen Stromnetzes erreichen könnte! Das ist nicht nur Wachstum, sondern eine stille Revolution in der Energieerzeugung.

Auch in Afrika bedecken in rasantem Tempo Solaranlagen die Dächer – oft unbeachtet von Statistiken. Der Grund für den Auftrieb: Sie liefern verlässlicher Strom als die Elektrizitätswerke oder Dieselgeneratoren – und sind deutlich billiger. Afrika werde förmlich von chinesischen Paneelen geflutet, sagt Joel Nana [29], Analyst bei Sustainable Energy Africa in Kapstadt.

Problem: Die Energienachfrage nimmt weiter zu

Doch trotz der signifikanten Entwicklungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung fossil abhängiger Sektoren überall auf der Welt konnte bisher noch keine globale Trendumkehr bei den Treibhausgasen erwirkt werden.

Der Grund dafür ist: Die Energienachfrage nimmt weiter zu [30], wobei die fossile Brennstoffindustrie von einem Teil der Steigerung immer noch profitiert. Für eine effektive Energiewende müssen die Erneuerbaren aber nicht nur ausgebaut werden, sondern beginnen, die Energieproduktion durch das Verbrennen von Kohle, Gas und Öl zur Energieproduktion Schritt für Schritt zu ersetzen.

Das ist bisher nicht gelungen, aber könnte bald geschehen. Die IEA erklärte im September, dass die weltweite Ölnachfrage aufgrund des steigenden Absatzes von Elektrofahrzeugen nachlässt [31]. In China wird die Nachfrage nach Benzin in diesem oder im nächsten Jahr ihren Höhepunkt erreichen und dann stark zurückgehen [32]. In Großbritannien, wo das Kohlezeitalter begann, wurde Ende dieses Monats das letzte Kohlekraftwerk geschlossen [33].

Die Energie-Organisation prognostiziert in ihrem jüngsten Bericht [34] zudem, dass "die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen" "bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen" wird.

Der Peak und die Jahre danach

Der Peak scheint also in Sichtweite. Allerdings auch das muss gesagt werden: Das reicht nicht. Denn für die 1,5- bis Zwei-Grad-Obergrenze dürfte die fossile Verbrennung bis 2030 nicht nur nicht weiter zu-, sondern müsste stark, um rund die Hälfte abnehmen.

Es besteht also immer noch eine große Lücke zum Notwendigen, was bedeutet, dass deutlich mehr Anstrengung für eine effektive Energiewende benötigt wird, wie Irena im Outlook 2023 feststellt [35].

In Zahlen: Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung müsste bis 2030, also in sechs Jahren, von derzeit 28 Prozent auf mindestens 68 Prozent erhöht, also fast verdreifacht werden, während mit dem Zuwachs ein beträchtlicher Teil der fossilen Stromproduktion ersetzt werden muss.

Doch die Regierungen, insbesondere die für die Klimakrise hauptverantwortlichen Industriestaaten, handeln nicht entsprechend. Ihre nationalen Minderungsversprechungen würden, so Irena, im besten Fall die CO2-Emissionen um sechs Prozent bis 2030 und um 56 Prozent bis 2050 weltweit reduzieren. Das ist weit entfernt von den benötigten 50 bzw. 100 Prozent Minderungszielen.

Die 7-Billionen-Frage

Es braucht also neben der "stillen Revolution" von Sonnen- und Windenergie weiter starken Druck auf die Regierungen, ihren Kurs zu ändern. Heute werden laut Internationalem Währungsfonds (IWF) rund sieben Billionen Dollar [36], das sind 7.000 Milliarden Dollar, jedes Jahr für fossile Energie an direkten und indirekten staatlichen Subventionen ausgegeben – ein Rekordwert –, was die Energiemärkte und -preise verzerre, Schäden und Kosten auf die Allgemeinheit ablade und Erneuerbare massiv benachteilige.

Eine Umverteilung dieser Gelder in saubere Energien wäre ein wichtiges, faires und gemeinwohlorientiertes Mittel, der Energiewende das notwendige Tempo zu geben.

Wenn das nicht passiert, werden die Folgen von den Menschen überall auf der Welt, vor allem im Globalen Süden, und von nachfolgenden Generationen getragen werden müssen. So kommt eine neue, in Nature veröffentlichte Studie [37] zu dem Ergebnis, dass, selbst wenn die CO2-Emissionen ab heute drastisch gesenkt würden, die Weltwirtschaft aufgrund des Klimawandels bis 2050 bereits mit einem Einkommensrückgang von 19 Prozent rechnen muss. Allein für das Jahr 2050 wären es Schäden von rund 38 Billionen US-Dollar.

Wir stehen bei der globalen Energiewende also buchstäblich an einem Kipppunkt. Die Frage ist, in welche Richtung wir kippen wollen.


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Links in diesem Artikel:
[1] https://academic.oup.com/bioscience/advance-article/doi/10.1093/biosci/biae087/7808595?login=false&s=09
[2] https://www.nasa.gov/news-release/nasa-analysis-confirms-2023-as-warmest-year-on-record/
[3] https://academic.oup.com/bioscience/advance-article/doi/10.1093/biosci/biae087/7808595?login=false&s=09
[4] https://climateanalytics.org/publications/2030-targets-aligned-to-15c-evidence-from-the-latest-global-pathways
[5] https://theconversation.com/new-solar-cells-break-efficiency-record-they-could-eventually-supercharge-how-we-get-energy-from-the-sun-239417
[6] https://www.nature.com/articles/s41586-024-07997-7
[7] https://www.theguardian.com/environment/article/2024/jul/13/labours-rooftop-revolution-to-deliver-solar-power-to-millions-of-uk-homes
[8] https://www.theguardian.com/environment/2023/jul/06/revolutionary-solar-power-cell-innovations-break-key-energy-threshold
[9] https://www.klimareporter.de/strom/erstes-komplett-recyceltes-solarmodul?s=09
[10] https://lumifyenergy.com/blog/wind-turbine-efficiency/
[11] https://www.iea.org/reports/global-ev-outlook-2024/trends-in-electric-cars
[12] https://www.forbes.com/sites/jimgorzelany/2024/04/26/study-shows-nearly-half-of-all-electric-vehicles-are-now-cheaper-to-own-than-gas-powered-models/
[13] https://www.theguardian.com/australia-news/article/2024/jun/01/ev-electric-vehicle-sales-prices-australia
[14] https://www.goldmansachs.com/insights/articles/electric-vehicle-battery-prices-are-expected-to-fall-almost-50-percent-by-2025
[15] https://www.iea.org/reports/the-future-of-heat-pumps/executive-summary
[16] https://www.iea.org/reports/the-future-of-heat-pumps/executive-summary
[17] https://www.mckinsey.com/industries/industrials-and-electronics/our-insights/industrial-heat-pumps-five-considerations-for-future-growth
[18] https://www.carbonbrief.org/guest-post-how-heat-pumps-became-a-nordic-success-story/
[19] https://www.carbonbrief.org/guest-post-how-heat-pumps-became-a-nordic-success-story/
[20] https://www.fr.de/wirtschaft/gaspreise-nehmen-stark-zu-ampel-plant-schutz-fuer-kunden-durch-noch-hoehere-preise-zr-93275875.html
[21] https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2023/Jun/IRENA_World_energy_transitions_outlook_2023.pdf
[22] https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2024/Mar/IRENA_RE_Capacity_Highlights_2024.pdf
[23] https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2024/Mar/IRENA_RE_Capacity_Highlights_2024.pdf
[24] https://billmckibben.substack.com/p/here-comes-the-sun
[25] https://billmckibben.substack.com/p/here-comes-the-sun
[26] https://www.exponentialview.co/p/the-rooftop-revolution?utm_source=post-email-title&publication_id=2252&post_id=147696590&utm_campaign=email-post-title&isFreemail=false&r=168fg&triedRedirect=true
[27] https://x.com/CleanPowerDave/status/1821129408817627478?utm_source=substack&utm_medium=email
[28] https://www.exponentialview.co/p/the-rooftop-revolution?utm_source=post-email-title&publication_id=2252&post_id=147696590&utm_campaign=email-post-title&isFreemail=false&r=168fg&triedRedirect=true
[29] https://billmckibben.substack.com/p/silent-solar
[30] https://www.iea.org/news/global-electricity-demand-set-to-rise-strongly-this-year-and-next-reflecting-its-expanding-role-in-energy-systems-around-the-world
[31] https://www.businessgreen.com/news/4359620/global-oil-demand-growth-slowing-sharply-iea-credits-surging-ev-sales-weakening-oil-demand
[32] https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-09-09/vitol-sees-chinese-gasoline-demand-peaking-this-year-or-next?utm_source=website&utm_medium=share&utm_campaign=email
[33] https://www.ft.com/content/5164185d-b0d6-40d1-99b4-59f8039111c2
[34] https://www.reuters.com/business/energy/age-electricity-follow-looming-fossil-fuel-peak-iea-says-2024-10-16/
[35] https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2023/Jun/IRENA_World_energy_transitions_outlook_2023.pdf
[36] https://www.imf.org/en/Topics/climate-change/energy-subsidies
[37] https://www.pik-potsdam.de/en/news/latest-news/38-trillion-dollars-in-damages-each-year-world-economy-already-committed-to-income-reduction-of-19-due-to-climate-change