Der Wahnsinn um "Trackmania"
Ein Fun-Rennspiel mit einer Mischung aus Autorennen, Adventure und Strategiespiel
Alles ist Kult. Inmitten einer total kultigen Kommerzwelt bestimmen letztlich aber immer noch die Konsumenten, was denn wirklich Kult für sie ist, da lässt sich nichts verwässern. Bestes Beispiel: "Trackmania", ein Racer aus Frankreich.
Gern wird er imitiert, mit finanziell aufwändigem Merchandising versucht man ihn vorzutäuschen, den Kult um ein Produkt. In dreisten PR-Aktionen wird dem Kunden aufdiktiert, was besonders heißer Scheiß sein wird. Getränke sind Kult, Sport ist Kult, Kino ist Kult, Musik ist Kult, ja sogar Liebe ist Kult – eine Liste ohne Ende.
Der Begriff mag abgenutzt und mit Lügen belastet sein, eigentlich aber existiert er noch, der wahre Kult. Schaut man genau hin, gibt er sich zu erkennen. Positive Energien von Außen geben einem Ding "Seele", machen es zu einer Art Superding, eine winzige Abart und seltene Vorstufe zum Massenliebling. Kult braucht Zuwendung und Pflege. Seine Anhänger, die ihm sein erweitertes Dasein schenken, opfern ihm Freizeit, nur so kann er leben. Sie beleuchten die Hintergründe, erforschen die Wurzeln, basteln am Grundstoff und tauschen sich aus – ein beinahe religiöser Akt schöpferischer Kreativität. "Trackmania" ist so ein Glücksfall, wenn auch ein kleiner.
Die Chemie des Games liegt auf der Hand: Es kam aus dem Nichts, machte sich binnen Wochen einen Namen als verrücktes Rennspiel und fordert den Spieler im "Streckeneditor", den Wahnsinn noch zu toppen. Grafisch ist "Trackmania" relativ bescheiden. Doch darum geht es nicht. Das Game zündet auf anderer Ebene. Die "Boah´s" entstehen beim Schanzensprung, im Flug, bei der Landung, im Looping, im Geschwindigkeitsrausch, beim Absturz in Canyons, beim Überholen und Überholt-werden, beim Blick auf die Uhr und nicht zuletzt beim Zielliniensprint. Wenn den Spieler das Feeling einer Schlittenschussfahrt befällt, wenn ihn der Wahn, die Sucht des ewigen "letzten Spiels" packt, fühlt er den Kult.
Coppers heißt die Währung, sie ist wichtiger Bestandteil von "Trackmania". Die Reifen quietschen auf Wahnsinnsstrecken mit Haarnadelkurven, Monsterloopings, Röhrentunnels oder Extremsteigungen. Stunts am laufenden Band auf Eis, Asphalt und Turbofeldern: Im Solo-Rennmodus wählt der Spieler zwischen drei "Challenges": 1. Rennen, 2. Puzzle und 3. Survival (Überleben). In ersterem tritt er gegen computergesteuerte knallbunte Rennboliden an. Hier zählt die Bestzeit zum Gewinn der Goldmedaille. Das nächste Rennen legt im Schwierigkeitsgrad einen fairen Zahn zu und sorgt für neue Überraschungen und abgefahrene Streckenkombinationen.
Während man im "Survival"-Modus gegen das vorzeitige Ende inmitten einer Gruppe draufgängerischer Renn-Rowdies kämpft, trickst sich der Spieler im "Puzzle"-Modus durch ein ansatzweise vorgegebenes Problem: Auf einer gerasterten Karte sind Symbole für Start, Checkpoints und Ziel markiert. Mithilfe einer begrenzten Summe von Coppers ist der Spieler nun gefordert, die beste Art zu finden, mit unterschiedlichen Baublöcken die Strecke zusammenzusetzen und auf schnellstem Wege zu meistern.
Das "eigenhändige" Bauen von Strecken ist das Nonplusultra von "Trackmania – eine zeitintensive Beschäftigung, die sich lohnen kann. Auf Fan-Seiten veröffentlichen Spieler ihre Maps und rasen gegen andere Spieler um den Sieg. Die skurrilsten Eigenbauten stehen auf der Herstellerseite und Fanpages zum Download bereit.
Eine einfache Handhabung erlaubt Konstrukteursnovizen den schnellen Einstieg. Zunächst wählt er aus drei verschiedenen Umgebungen: Wüste, Rally oder Schnee. Die 2000 unterschiedlichen Bauelemente sind nach Typen geordnet: Terrain, Straßenblöcke und Umgebung. Nun manövriert er seine Elemente auf einer übersichtlichen, gerasterten Karte an Ort und Stelle und versucht die richtige Kombination zu finden, schließlich passen nicht alle Teile direkt zusammen. Dafür besteht die Möglichkeit seine bisher erstellte Strecke zwischendurch zu testen. Nach einer gewissen Routine und Verständnis für die Funktionsweisen der einzelnen Teile ist der Kreativzocker mit der dreidimensionalen Bedienung in Kürze zu architektonischen Meisterleistungen fähig.
Alles ist drin: Mehrstöckige Fahrbahnen, eisiger, verschneiter Asphalt, Beschleunigungsspuren, rasante Neigungen, Hubbel, Löcher, unterirdische Bergtunnel, atemberaubende Loopings und gigantische Schanzen – der physikalisch nachvollziehbare Flug von Spur zu Spur gibt den letzten Adrenalin-Kick.
Spieler, die Bock auf Crashserien ohne Schadensmodell und Rennen auf Zeit haben, sollten sich das Kultspiel unbedingt ansehen, bevor bereits Ende des Jahres mit "Trackmania Sunrise" der grafisch aufgebohrte zweite Teil erscheint.
System: Windows 98, Windows 2000, Windows Me
Sprachversion: Deutsch
Anbieter: Koch Media Deutschland GmbH
Systemvoraussetzungen: PII 450 CPU, 64MB RAM, 1fach CD- bzw. DVD-ROM-Laufwerk, 3-D-Karte