Der "amerikanische James Bond" liquidierte nicht nur ausländische Staatschefs
- Der "amerikanische James Bond" liquidierte nicht nur ausländische Staatschefs
- CIA scheitert mit dem Angriff auf Kuba und der angestrebten Konterrevolution
- Versetzung nach Rom
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William King Harvey und die Lizenz zum Töten (Teil 1/3)
Der cowboyhafte CIA-Mann William King Harvey (1915-1976) galt im US-Geheimdienst zeitlebens als "amerikanischer James Bond". Für die CIA grub der Draufgänger Tunnel unter Feindesland, kungelte mit Altnazis und Mafiosi, betrieb Sabotage und Staatsstreiche und organisierte politischen Mord. Die Church-Kommission verdächtigte Harvey 1975 der Beteiligung am Kennedy-Mord. Unter dem einen Prozent der Akten zum Attentat, die in den USA noch bis zum 22.11.2017 gesperrt sind (3.603 Dokumente), befinden sich auch solche über Harveys geheimnisvolle Reise im November 1963.
Für den 22. November 1963 verschaffte sich William King Harvey ein sicheres Alibi: Er weilte wieder an seinem Arbeitsplatz als CIA-Stationschef in Rom, über 9.000 km entfernt vom Tatort des Jahrhundertattentats in Dallas. Dieser Umstand zahlte sich zwölf Jahre später aus, als er von einem Senats-Ausschuss zu seiner möglichen Rolle im Mordfall JFK befragt wurde. Denn Harvey hatte nicht nur aus seiner Todfeindschaft zu den Kennedy-Brüdern nie einen Hehl gemacht - auch seine Profession qualifizierte ihn für die Organisation des Anschlags wie keinen Zweiten: Harvey war der Leiter des "Secret Teams" der CIA gewesen, zuständig für politischen Mord, Staatsstreiche und andere nasse Sachen.
Der Mann der CIA fürs Grobe war Sohn einer Professorin und eines Rechtsanwalts, er selbst absolvierte ein Jurastudium. Ursprünglich hatte Harvey beim FBI angefangen, wo er für Gegenspionage gegen kommunistische Agenten zuständig war. Doch Harveys Hang zum Alkohol harmonierte nicht mit Hoovers Auffassung von untadeligen Ermittlern. Mit seinem FBI-Wissen heuerte Harvey 1947 bei der gerade gegründeten CIA an. Der Mann war alles andere als ein Bürohengst, vielmehr galt er als grobschlächtiger Draufgänger, den viele als Elefant im Porzellanladen sahen. Auch Harveys Frau erschien den elitären Kollegen in der CIA und erst recht in den britischen Geheimdiensten nicht als standesgemäß.
Harvey hatte offenbar ein erhebliches Problem mit dem Klassenbewusstsein seiner Kollegen, die ihn nie wirklich als einen der ihren akzeptierten. So etwa der Verbindungsmann des britischen Geheimdienstes zur CIA, Kim Philby, der sich über Harveys Frau lustig machte und damit Handgreiflichkeiten provozierte. Doch Harvey erwarb sich Respekt, weil er Philby während dessen Zeit in Washington als Doppelagent des KGB verdächtigte, was zu dessen Ausweisung führte. Nachdem Philby in den Ruhestand versetzt wurde, erwies er sich tatsächlich als der gesuchte Maulwurf.
Harvey‘s Hole
Harvey wurde ins Nachkriegsdeutschland geschickt, wo er eng mit der Organisation Gehlen zusammenarbeitete, einem den USA unterstehenden deutschen Geheimdienst. 1953 wurde er Leiter der legendären Operation Gold: Nachdem der US-Geheimdienst gemeinsam mit den Briten bereits im neutralen Wien erfolgreich einen geheimen Spionagetunnel zum Anzapfen von Telefonleitungen gegraben hatte, organisierte Harvey ebenfalls mit den Briten unter aufwändiger Tarnung einen Tunnelbau vom amerikanischen Sektor von Berlin aus unter den russischen Sektor. Die CIA betrachtete die Aktion trotz ihrer offiziellen Enttarnung im Jahr 1956 als Meisterleistung - tatsächlich war der Tunnelbau schon vor dem ersten Spatenstich von Doppelagent George Blake verraten worden.
Zu Harveys späteren Aufgaben gehörte die Begleitung von deutschen Raketentechnikern, darunter Wernher von Braun. Mit den Deutschen hatte sich Harvey stets gut verstanden, er adoptierte mit seiner damaligen Frau sogar ein Berliner Findelkind.
Trotz seiner Station in Deutschland war Harvey in die weltweiten schmutzigen Aktionen der Agency wie dem inszenierten Putsch in Guatemala von 1954 involviert. Ähnliches stand Anfang der 1960er Jahre für Kuba an, als Harvey wieder nach Washington zurückkehrte. Dort wurde ihm die erhoffte Leitung der Abteilung für die ihm verhasste Sowjetunion verwehrt. Stattdessen unterstellte man ihm die CIA-eigene Abhörabteilung. Doch diese Position war jedenfalls zum Teil Tarnung für wesentlich delikatere Aufgaben. So rekrutierte Harvey in Europa Berufskriminelle mit interessanten Fähigkeiten wie Tresorknacken.