Der mobile Patient am Netz

Ein "LifeShirt" zur permanenten Überwachung und Speicherung vieler Körperdaten

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Jetzt wird es ihn bald geben als Vorbild für den buchstäblich vernetzten Menschen, den mobilen, mit Sensoren übersäten Patienten am Draht. Zumindest hat die kalifornische Firma Lifeshirt schon den Prototyp eines Hemdes vorgestellt, das die körperliche Befindlichkeit eines Menschen permanent überwacht.

Ausgestattet mit sechs unterschiedlichen Sensoren und elektrokardiografischen Elektroden, die am Hemd vom Hals bis zum Bauch angebracht sind, nimmt das - natürlich waschbare und wieverwendbare! - Hemd, das kaum schwerer als ein normales sein soll, kontinuierlich Daten vom Körper wie Atemfrequenz, Körperposition, Blutdruck oder Puls ab und speichert sie auf einem tragbaren Computer. Martin Sackner, ein Mediziner und der maßgebliche Erfinder des High-Tech-Hemdes, hat viele der sich bereits in Krankenhäusern im Einsatz befindlichen Sensoren verwendet und sie zu diesem Zweck verkleinert. Noch ist es so, dass die Daten dann regelmäßig auf einem PC abgespeichert werden müssen, von dem sie dann über das Internet zur Firma überspielt werden. Dort werden sie, wenn das Hemd im nächsten Jahr für 250 Dollar auf den Markt kommt, von einem Team aus Medizinern und Technikern für 30 Dollar pro Tag analysiert. Die ausgewerteten Informationen sollen dann wieder dem Patienten und seinem Arzt auf einer "sicheren Website" zugänglich gemacht werden, der damit seine Therapie überprüfen, im Falle eines Falles neue Behandlungsschritte einleiten oder präventive Maßnahmen entwickeln kann.

Eine kontinuierliche Registrierung von wichtigen Körperdaten, ein "medizinischer Film eines Patienten", liefert natürlich weit aussagekräftigere und genauere Informationen über den Gesundheitszustand, als ein paar "Schnappschüsse" etwa in der Arztpraxis. Das Hemd kann überall und jederzeit getragen werden, gleich ob man sich in der Arbeit befindet, irgendwelchen Vergnügungen oder sportlichen Betätigungen nachgeht oder im Bett schläft: "Wir können sehen, was geschieht, wenn jemand in einer stressigen Situation arbeitet, anstatt nur beobachten zu können, wenn man Zuhause in einer entspannten Umgebung sitzt", sagt Sackner. Nützlich könnte das Hemd für die postoperative Überwachung, zur Behandlung von Asthma, Herzkrankheiten oder Schlafstörungen oder zur Feststellung von Fehldiagnosen sein. Zum Einsatz kommen könnte das Hemd natürlich bei allen Patienten und Ärzten auf der ganzen Welt, die einen Internetzugang haben.

Erwartet wird, wie sollte es anders sein, ein großes Geschäft, denn der Medizinmarkt ist vielversprechend und unerschöpflich: "Der Online-Gesundheitsmarkt befindet sich am Beginn eines riesigen Wachstums, und Lifeshirt.com ist sich sicher, zu einem führenden Anbieter bei der Überwachung von Körpersignalen zu werden. Unsere Technik wendet sich an die Bedürfnisse von über 160 Millionen US-Bürgern, zu denen eine wachsende Schicht an Alten, Menschen mit medizinischen Störungen und gesundheitsbewusste Einzelne gehörden, die gerne einen virtuellen Hausbesuch haben wollen." Vielleicht gehören die "gesundheitsbewussten" Menschen auch zur Gattung der Hypochonder, die nichts sehnlicher wünschen, als permanent medizinisch überwacht zu werden. Jedenfalls wirbt man für die Technik, weil diese Art der Online-Medizin nicht nur eine bessere medizinische Versorgung schaffe und für mehr Ruhe und Sicherheit bei den Patienten sorge, sondern auch die Kosten senken könne, was im Prinzip ja kein schlechtes Argument ist. In Zukunft will man auch die Echtzeitübertragung der Körperdaten ermöglichen.

Was man allerdings auf der Website nicht genauer ausgeführt sieht, ist, wie man gedenkt, die Übertragung der Daten im Internet und die Website, von der die Daten abgerufen werden können, zu sichern. Das wäre vielleicht auch nicht ganz nebensächlich für das Vertrauen in die Online-Medizin.