Deutsche Bahn-Chaos: Millionen-Boni für Unpünktlichkeit und Kundenfrust
Krise und Probleme bei der Bahn werden immer gravierender. Der Niedergang ist hausgemacht. Trotzdem kassiert der Vorstand in Millionenhöhe ab. Ein Kommentar.
Ist das nun diese Leistungsgesellschaft, von der so gerne gesprochen wird? – Die Deutsche Bahn hat ihre Ziele in Hinblick auf Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit deutlich verfehlt – dennoch soll ihr Vorstand nach Recherchen von NDR, WDR und SZ nun Boni in Millionenhöhe für 2022 nachgezahlt bekommen.
Insgesamt geht es um fast fünf Millionen Euro für die damals neun Vorstandsmitglieder – dem Bericht zufolge sollen davon rund 1,3 Millionen Euro allein an den Vorstandsvorsitzenden Richard Lutz fließen. Dessen Grundgehalt lag laut Geschäftsbericht im vergangenen Jahr bei 970.000 Euro, was einem Monatsgehalt von mehr als 80.000 Euro entspricht.
Die drei genannten Medien erhielten demnach Einblick in das Berechnungssystem: Grundlage für die jeweilige Bonushöhe sind selbst gesteckte Ziele in verschiedenen Bereichen.
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Unpünktlichkeit und mangelnde Kundenzufriedenheit konnten somit "kompensiert" werden – etwa durch die Bereiche "Frauen in Führung und Mitarbeitenden-Zufriedenheit". Hier habe die Bahn ihre Ziele zwar nur geringfügig übererfüllt, die Boni seien aber deutlich erhöht worden, nämlich auf einen Wert von 175 Prozent.
Die zusätzlichen Vergütungen für das Jahr 2022 waren zunächst wegen der gesetzlichen Regelungen zur Strompreisbremse zurückgestellt worden. Demnach dürfen Unternehmen keine Boni auszahlen, solange sie die Preisbremse als staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen.
Wenn aber nun die Strompreisbremse zum Jahresende ausläuft, können auch Boni für das Jahr 2022 nachgezahlt werden, hat das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage klargestellt.
Die Deutsche Bahn wird immer unpünktlicher
All das irritiert aus zwei Gründen: Erstens wurde vor wenigen Tagen gemeldet, dass die Deutsche Bahn im November so unpünktlich gewesen sei wie seit acht Jahren nicht mehr – dabei hatte das große Schneechaos erst Anfang Dezember den Verkehr lahmgelegt.
Schon im Vormonat war aber fast jeder zweite Zug im Fernverkehr mit Verspätung am Zielort eingetroffen. Auch die Bahn selbst behauptet nicht, dass dies am Wetter oder am Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL gelegen habe.
"Im November haben 52 Prozent der ICE- und IC-Züge ihr Ziel pünktlich erreicht", zitierte die Bild am Sonntag einen DB-Sprecher. "Dabei wurden rund 75 Prozent der Fernverkehrszüge auf ihrer Fahrt durch mindestens eine Baustelle ausgebremst." Aufgrund eines längeren Sanierungsstaus habe die Bahn das Bauvolumen in diesem Jahr deutlich ausweiten müssen.
Wenn gestreikt wird, kommt keine Bahn. Wenn nicht, auch nicht
Nun handelt es sich bei den Boni zwar um Nachzahlungen für 2022; damals war dieser Tiefpunkt noch nicht erreicht, der Trend aber schon vorhanden. Auch vor knapp einem Jahr war von einem "Verspätungsrekord" die Rede – und die GDL hatte 2022 nicht gestreikt.
Zweitens sind die GDL und ihr Vorsitzender Claus Weselsky aktuell wieder die angeblich viel zu gierigen Buhmänner: Ihnen wird in einer populistischen Kampagne Maßlosigkeit und "Größenwahn" vorgeworfen, weil sie sich angesichts der hohen Inflation seit der letzten Lohnerhöhung nicht mit dem Elf-Prozent-Angebot der DB und einer einmaligen Prämie in Höhe von 2.850 Euro zufrieden bei einer Laufzeit von 32 Monaten gibt.
Sie will auch noch eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. Ein Lokführer-Mediangehalt liegt aktuell bei 3.735 Euro brutto im Monat – Bahn-Chef Richard Lutz verdient bereits ohne Boni mehr als das Zwanzigfache.
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