Deutsche, Israel und die mediale Gleichmacherei: Gefährliche Relativierung des Hamas-Terrors

Bewaffnete Männer mit Palästinensertuch vermummt

"Kämpfer aus dem Gemeinsamen Operationsraum bewaffneter palästinensischer Gruppierungen mit Sitz in Gaza" (Shutterstock). Bild: Anas-Mohammed /Shutterstock.com

Die Folgen des 7. Oktober 2023 für deutsch-israelische Beziehungen – ein Blick in Medien und den Abgrund des alltäglichen Deutschland. Kommentar.

Das Massaker dschihadistischer und islamistischer Milizen, angeführt von der Hamas, in Israel am 7. Oktober 2023 war ein Pogrom. Es war das quantitativ wie qualitativ größte Massaker an Juden in der Welt seit der systematischen Ermordung der europäischen Juden durch die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs.

Das Massaker hatte eine neue Dimension, weil es nicht beim Morden blieb. Weil diesem Erniedrigung, Folter, Verstümmelung, Vergewaltigung vorausgingen und nachfolgten – auch hier bietet sich allein ein Vergleich an: Der mit den deutschen Einsatztruppen an der Ostfront 1941-1945 –, weil Überlebende entführt wurden, und weil – ein zentraler Aspekt – die Täter all diese Taten fotografierten und filmten und diese Bild- und Tondokumente in alle Welt verbreiteten.

Sie setzten Bild und Ton mit Absicht als Waffe ein. Sie wollten ein Signal in alle Welt schicken, wollten Juden wie Nichtjuden mitteilen: "Wir wollen das jüdische Volk mit größtmöglicher Brutalität ausrotten." Das ist die "genozidale Botschaft" (Dan Diner) der Täter.

Nicht länger Opfer sein

Seit dem 7. Oktober 2023 schlägt Israel zurück. Es übt dabei auch – nachvollziehbare, verständliche und emotional notwendige – Rache an den Tätern, es übt Vergeltung – von einer Strafaktion sprach die israelische Regierung gerade erst bei ihren jüngsten Schlägen gegen die Hisbollah –, vor allem aber ist dieses Zurückschlagen der legitime und überlebensnotwendige Versuch des Staates Israel und des jüdischen Volkes, als Akteur aufzutreten und nicht länger als Opfer.

Dies geschieht gegenüber Terrororganisationen, die diesem Staat und den Juden in aller Welt nach dem Leben trachten.

In deutschen Medien: Gleichmacherei und Täter-Opfer-Umkehr

Wie existentiell dieser Kampf ist, das zeigen die Reaktionen breiter Teile der Weltöffentlichkeit. Nicht zuletzt in Deutschland dominieren in der Gesellschaft und ihren Medien Gleichmacherei und Täter-Opfer-Umkehr. Etwa im Gerede vom sogenannten "Genozid" Israels an den Palästinensern. Das ist ein antisemitisches Klischee, das aber offenbar auf breite Unterstützung stößt.

Es wird behauptet, Israel habe die Verhandlungen mit einer offen verhandlungsbereiten Hamas torpediert. So muss man, wenn man es nicht anders wüsste, den Eindruck bekommen, als ob Israels Premierminister Netanjahu die Rückkehr der Geiseln um jeden Preis verhindert, wenn er sie nicht gar gleich selbst entführt habe …

Versagen von Baerbocks Außenpolitik: Israel kann sich nicht auf Deutschland verlassen

Wir erleben ein großes Versagen der deutschen Außenpolitik, namentlich des von der Geünen Annalena Baerbock geleiteten Außenministeriums. Dieses Versagen liegt vor allem darin, den aus der Zeit von Angela Merkel stammenden Satz, die Existenz Israels sei "deutsche Staatsräson" nicht ernst zu nehmen und nicht mit Leben zu füllen. In der Praxis wird er vom deutschen Außenministerium oft genug konterkariert.

Zum Beispiel ist das Abstimmungsverhalten Deutschlands bei den Vereinten Nationen im Effekt israelfeindlich und ein Bruch mit den Traditionen deutscher Außenpolitik. Zum Beispiel ist die Politik eines stillen Waffenboykotts durch das grüne Außenministerium, das seit letztem Jahr keine Waffen mehr an Israel zu liefern erlaubt, hochproblematisch.

Gleichzeitig liefert die Bundesregierung Diktaturen und Autokratien wie Saudi-Arabien und Katar selbstverständlich Waffen – um gleichen Zeitraum im Wert von über 100 Millionen Euro. Auch wenn Israels Diplomaten diesen Vorgang offiziell nicht kommentieren, ist der Schaden für das deutsch-israelische Verhältnis immens.

"Never again is now", rufen auch grüne Politiker in ihren Sonntagsreden gern. Aber Israel kann sich im entscheidenden Moment nicht auf Deutschland verlassen.

Aber selbst noch die symbolischen Gesten der Sonntagsreden stimmen nicht: So formulierte Baerbock gegenüber Israel und Bürgern fast schon relativierend: "Eure Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson."

Lebenslügen der deutschen Gesellschaft

Gleichmacherei ist die größte Lebenslüge des Nahost-Konflikts: So zu tun, als gäbe es aus europäischer Perspektive so etwas wie eine weltanschauliche Neutralität, als gäbe es keine Unterschiede zwischen den arabisch-moslemischen Gesellschaften und Israel. Warum wollen wir nicht zugeben, dass die israelische Kultur, Gesellschaft und Politik der Kultur der westeuropäisch geprägten Moderne wesentlich näher steht als die arabische?

Eine zweite Lebenslüge ist, dass Gewaltbereitschaft und -verherrlichung, Demokratieverachtung, ebenso wie eine Frauenfeindschaft, die in allen anderen Bereichen der deutschen Gesellschaft als Sexismus geahndet würde, in der Betrachtung islamischer Communitys nicht oder nur verschämt zum Thema gemacht werden, obwohl sie systematisch sind.

Schon gar nicht führen die Befunde zu irgendwelchen praktischen Konsequenzen. So war die Verherrlichung der Massaker vom 7. Oktober unter deutschen und in Deutschland lebenden Muslimen kein Thema in der Mehrheitsgesellschaft – im Gegenteil wurde darauf geachtet, dass gelegentliche Kritik ja nicht "rassistisch" verstanden werden könnte, also ein solches Missverständnis das weit größere Problem wäre, gegenüber der Verherrlichung von genozidalen Mordtaten.

Viel zu wenig Menschen in den arabischen Communitys in Deutschland verdammen diese Verbrechen mit der nötigen Eindeutigkeit. Stattdessen wird überall relativiert und kontextualisiert, wird von "Vorgeschichten" geschwafelt.

Die unmittelbare Folge davon ist, dass sich jene Deutschen, auch aus linksliberalen Kreisen, die sich gerade in den großen Städten längst durch ein bestimmtes Auftreten muslimischer Migranten beunruhigt und bedroht fühlen, sich zunehmend den Extremisten von ganz rechts zuwenden.

Politische Offenbarungseide im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen

Einen politischen Offenbarungseid leistete sich das öffentlich-rechtliche deutsche Fernsehen in den letzten Tagen mit seiner Berichterstattung "zum Jahrestag des 7. Oktober". Es ergoss sich eine Welle der Relativierung, deutsche Moderatoren, die sich ansonsten noch nie als Experten für Judentum, Israel oder den Nahost-Konflikt einen Namen gemacht haben, traten nun in ihrer liebsten Rolle auf: als Friedensstifter, als Brückenbauer, als Hoffnungsträger – und als Weltmeister im Hoffnungsgelaber.

Am 6. Oktober machte die ARD-Journalistin Jessy Wellmer keinen Hehl aus ihrer Solidarität mit den Arabern und ihrer Skepsis gegenüber Israel. "Der 7. Oktober ist bis heute eine Katastrophe für Israel", sagte zwar Botschafter Stefan Seibert zurecht. Jessy Wellmer verstand aber nur Bahnhof und stellte ihm die Gegenfrage: "Wie bringt man Israel dazu, zu verhandeln?"

Kennt sie nicht die von den Arabern zurückgewiesenen Zweistaatenlösungen? Man wüsste gern, warum Wellmer eigentlich nicht mal mit Arabern spricht und denen dann die Frage stellt: "Wie bringt man die Araber dazu, zu verhandeln?"

"Alter ey, an so einem Ort, und dann hörst Du die Explosionen"

Das ZDF verlor seinen politischen Anstand mit dem sowieso oft grenzwertigen Aspekte-Moderator Jo Schück. "Warum nicht einfach die Klappe halten", dachte man, als der auf den Ruinen des Nova-Festivals faselte: "Kann man sich kaum vorstellen, mehr als 350 Tote, beim Feiern... Alter ey, an so einem Ort, und dann hörst Du die Explosionen."

Unkritisch wird dann aus Meldungen der Hamas zitiert, von den "Fehler der Militärs" geredet und das Leiden der palästinensischen Künstler gezeigt. Einer malt Bilder und Schück kommentiert: "Das Guernica von Gaza – was für ein infamer Vergleich!" Schück aber merkt gar nicht, dass Guernica eine von deutschen Faschisten bombardierte Stadt war. Möchte er Israel damit gleichsetzen? Eine Israelin sei am 7. Oktober "ums Leben gekommen". Sie ist nicht "ums Leben gekommen", sondern sie ist ermordet worden.

Wo ist die palästinensische Opposition? Wo werden ihnen Fragen gestellt? Nicht gezeigt werden arabische Politiker, die den Staat Israel auslöschen wollen. Nicht gezeigt werden radikale Palästinenser, die keine schönen Bilder malen, sondern Bilder von den Frauen posten, die sie zuvor vergewaltigt haben.

Auch von der Frauenverachtung in arabischen Communitys und von der Scharia weiß das ZDF nichts?

Filmemacher und Festivals, die gecancelt werden

Das Massaker vom 7. Oktober 2023 hat natürlich vor allem Israel und Juden in aller Welt getroffen. Aber es hat in der Folge auch Deutschland getroffen und verändert. Es hat die deutsche Kultur verändert.

Man müsste an dieser Stelle eigentlich lang und breit über die Folgen des Massakers für Kultur und Wissenschaft in Deutschland sprechen: Über Filmemacher, die gecancelt werden, weil sie in Israel gedreht haben. Über Festivals, die nach Aufrufen für Solidarität mit Juden und Israel und gegen Antisemiten und Hamas-Freunde aller Communitys mit Boykottaufrufen und Unterschriftenlisten drangsaliert werden, über Journalisten, die man nach entsprechender Berichterstattung bedroht, über fehlende Aufrufe derjenigen, die sonst pro Woche drei Manifeste zeichnen.

Ausfälle gegen jüdische Studenten werden wieder nahezu täglich gemeldet, zur bizarren Folklore der Hauptstadt gehören nun auch die sogenannten "propalästinensischen" Demonstrationen. Dass es dann auch noch, wie am Abend der iranischen Angriffe, zu Jubel und "Widerstand" und "Allahu Akbar"-Rufen kommt, ist selbst für hiesige Verhältnisse unalltäglich.

Offener und latenter Antisemitismus der deutschen Kulturszene

Es ist weiterhin unklar, wie es eigentlich auf Dauer weitergehen kann – im Wissen um den latenten Antisemitismus breiter Teile der Kulturszene, um schockierenden Antijudaismus und Israel-Feindschaft in gar nicht so kleinen Kreisen unter den Machern und dem Publikum. Berlin ist ein Schwerpunkt davon, keine Frage.

Es gibt Antisemitismus auch in anderen Städten, aber es gibt in jeder anderen Stadt Deutschlands weniger Antisemitismus als dort. Ausgerechnet.

Jetzt ist der Berliner Kultursenator Joe Chialo zunächst bei der Eröffnung eines Kulturfestivals derart tätlich und verbal angegriffen worden, dass er nur unter Polizeischutz den Ort verlassen konnte. Es folgte ein Angriff auf sein Privathaus, das mit roter Farbe und unter anderem dem Slogan "Genocide Joe Chialo" besprüht wurde.

Verantwortlich gemacht werden Israelhasser und Antisemiten, die dem Senator seinen Einsatz für eine Antisemitismusklausel vorhalten.

Kränkungen der Linken

Zusammengefasst: Die Deutschen haben nach dem Massaker empathielos reagiert.

Noch schwerer aber wiegt für sie, dass Israel sich zur Wehr setzt und nicht bereit ist, sich zum Opfer machen zu lassen. Dass es sich den Illusionen der Weltgesellschaft verweigert, nach denen es für jeden Konflikt eine "Lösung" geben kann und man doch "über alles" reden muss. Muss man eben nicht.

Die eigentliche Kränkung für die Linken und Liberalen in Deutschland liegt gerade darin, dass der israelische Ministerpräsident und die israelische Armee ihnen gerade vorführen, wie man mit Terroristen unmissverständlich umgeht.