zurück zum Artikel

Deutsche Spitzenmanager verbuchen fast 14 Prozent Einkommenszuwachs

Grafik: TP

CDU und SPD versprechen mit unterschiedlichen Vorschlägen, die Selbstbedienung einzuschränken

Einer gestern veröffentlichten Statistik der HKP Group [1] nach konnten die Spitzenmanager der 30 deutschen Dax-Unternehmen im letzten Jahr einen Einkommenszuwachs von durchschnittlich fast 14 Prozent verbuchen und kassieren damit so viel Geld wie noch nie zuvor. Der Top-Verdiener unter den Top-Verdienern ist mit 15,33 bis zu 40 Millionen Euro der SAP-Chef Bill McDermott, der alleine an "Nebenleistungen" 1,6 Millionen Euro bezieht. Wie viel er tatsächlich für das Jahr 2016 ausbezahlt bekommen hat, soll erst in vier Jahren feststehen. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen ihm Daimler-Chef Dieter Zetsche, Heidelberg-Zement-Boss Bernd Scheifele, Postchef Frank Appel und der aus dem niederbayerischen Arnsbruck stammende Siemens-Vorstandsvorsitzende Josef Käser [2].

Die Entwicklung ist insofern bemerkenswert, als die Bundesregierung eigentlich versprochen hatte, dem von großen Teilen der Bevölkerung als unbillig empfundenen Steigen der Managergehälter Schranken zu setzen. Die dazu verabschiedete Pflicht zur Veröffentlichung scheint allerdings eher die gegenteilige Wirkung gehabt und vielen Konzernfunktionären Vergleichsmaterial für das Fordern höherer Bezüge geliefert zu haben, wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung [3] meint.

Helfen Aktionäre oder Steuervorschriften gegen Selbstbedienung?

Die regierende Union präsentiert deshalb einen neuen Plan [4]: Sie will die bislang beim Aufsichtsrat liegende Zuständigkeit für die Genehmigung der Höhe der Managergehälter in die Hände der Aktionäre legen, die in der Hauptversammlung darüber abstimmen sollen. Dass sich dadurch etwas ändert ist allerdings unwahrscheinlich, weil das 28 der 30 Dax-Konzerne bereits jetzt freiwillig so handhaben, ohne dass die Großaktionäre, die in den Hauptversammlungen das Sagen haben, die Entwicklung bremsen würden. Kleinaktionäre, die gegen die höheren Gehälter sind, werden regelmäßig überstimmt, während sie ihre kostenlosen Trostwürstchen [5] essen.

Die mitregierende SPD verspricht den Wählern deshalb [6], dem ungebremsten Managergehälterwachstum durch eine Änderung der Steuervorschriften den Garaus zu machen: Ihrem Plan nach sollen Unternehmen Einzelgehälter steuerlich nur noch bis zu einer Höhe von 500.000 Euro geltend machen dürfen. Das macht die Managergehälter zwar potenziell teuer für das Unternehmen, beeindruckt bei Gesamtsteuerlasten in Milliardenhöhe aber vielleicht nicht genug, um wirklich ein entscheidendes Kriterium bei der Managerauswahl zu werden.

12 bis 14 Millionen Euro schweres Glaubwürdigkeitsproblem

Zudem haben die Sozialdemokraten in dieser Frage ein Glaubwürdigkeitsproblem, seit im vorigen Monat bekannt wurde, dass die SPD-Politikerin Christine Hohmann-Dennhardt bei VW nach nur dreizehnmonatiger Tätigkeit zwölf bis 14 Millionen Euro Abfindung bekommt. Pikant ist der goldene Handschlag für Hohmann-Dennhardt unter anderem deshalb, weil sie der Öffentlichkeit als Vorstandsmitglied für "Integrität und Recht" gerade auch mit dem Argument verkauft wurde, sie solle in dieser Funktion organisierten Missbrauch der Unternehmenskasse durch Manager eindämmen.

Der offiziellen Begründung des Konzerns nach erfolgte das Ausscheiden der SPD-Politikerin mit dem Doppelnamen "aufgrund unterschiedlicher Auffassung über Verantwortlichkeiten und die künftigen operativen Arbeitsstrukturen in ihrem Ressort". Die Tageszeitung Die Welt schrieb dagegen:

Ob die Sozialdemokratin, deren Vertrag für drei Jahre galt, das Unternehmen eher wegen erwiesener Unfähigkeit und übertriebener Egozentrik im Umgang mit ihrer Aufgabe oder wegen Kompetenzstreitigkeiten und der Bockbeinigkeit anderer VW-Führungskräfte verlässt, bleibt vorläufig offen. Im niedersächsischen Landtag kursieren beide Versionen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Wahrheit etwa in der Mitte liegt, ist groß.

Der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Stephan Weil genehmigte als Aufsichtsrat bei VW einen Vertrag für Hohmann-Dennhardt, der die Luxusabfindung in zweistelliger Millionenhöhe erlaubt. Mit diesem Posten im Aufsichtsrat begründet Weil auch, dass er zum Fall Hohmann-Dennhardt angeblich nicht Stellung nehmen kann (vgl. SPD: Wahlkampf im Glashaus [7]).

SPD und CDU gleichauf

Trotz dieses Glaubwürdigkeitsproblems würden sich der gestrigen ARD-Deutschlandtrend-Umfrage mit 45 zu 36 Prozent deutlich mehr Deutsche für den SPD-Kandidaten Martin Schulz entscheiden als für die regierende Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU. Fragt man nach Parteipräferenzen, fällt dieser Vorsprung weg: Dann liegt die SPD mit einem Plus von einem Prozent gegenüber der Vorwoche und aktuell 32 Prozent gleichauf mit der Union, deren Wert unverändert bleibt. Drittstärkste Partei würde der Umfrage nach mit elf Prozent die AfD vor den Grünen mit acht, den Linken mit sieben und den Liberalen mit sechs Prozent.

Damit hätten SPD, Grüne und Linke mit gemeinsam 47 Prozent keine absolute Mandatsmehrheit, weil Union, FDP und AfD zusammengerechnet auf 49 Prozent kämen. Hätte die SPD gleich viele oder mehr Sitze als die Union, würde Schulz wahrscheinlich die Kanzlerschaft für sich beanspruchen und Merkel müsste als Wahlverliererin den CDU-Vorsitz aufgeben. Der neue CDU-Vorsitzende hätte danach die Wahl, ob er eine große Koalition unter einem Kanzler Schulz eingeht oder auf Neuwahlen setzt, bei denen die Union mit einem anderen Kanzlerkandidaten besser abschneiden könnte als mit Merkel.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3664211

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.dgap.de/dgap/News/dgap_media/hkp-group-staerkster-gewinnanstieg-dax-seit-sorgt-fuer-steigende-vorstandsbezuege/?newsID=994307
[2] http://www.pnp.de/nachrichten/bayern/1622423_Der-Josefitag-steht-wieder-an-Das-steckt-hinter-dem-Gedenktag.html
[3] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/manager-gehaelter-eine-frage-der-moral-1.3432951-2
[4] https://www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/vorstandsgehaelter-der-hauptversammlung-beschliessen
[5] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/hauptversammlungen-hauptsache-die-wuerstchen-dividende-stimmt-14166041.html
[6] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-02/steuerbonus-heiko-maas-spd-managergehaelter-begrenzung-gesetzentwurf
[7] https://www.heise.de/tp/features/SPD-Wahlkampf-im-Glashaus-3616842.html