Deutsche: Willkommen in den USA – bitte direkt zur Abschiebehaft

US-Border Patrol. Bild: United States Department of Homeland Security

Die Fälle von Deutschen, die mit einem gültigen Visum an der Grenze in Abschiebehaft genommen werden, wiederholen sich. Auswärtiges Amt verschärft Reisehinweis.

Vor einem Monat hatte Telepolis von Jessica Brösche berichtet. Die professionelle Tattoo-Künstlerin wollte mit einem Tourismusvisum in die USA einreisen. Da sie ihr Arbeitsmaterial dabei hatte, um ihrer Freundin ein Tattoo zu stechen, wurde ihr die Einreise verweigert und sie landete in einem Abschiebegefängnis.

Nach knapp sechs Wochen Abschiebehaft wurde sie nach Deutschland ausgeflogen.

Lucas Sielaff

Zwei Tage nach Jessica Brösche wurde der nächste Deutsche verhaftet. Ebenfalls an der Grenze zwischen Mexiko und USA.

Gemeinsam mit seiner US-amerikanischen Freundin Lennon Tyler war Lucas Sielaff von den USA für kurze Zeit nach Mexiko gefahren, weil sie dort für Tylers Hund schneller einen Termin bei einem Tierarzt erhalten hatten.

Auf dem Rückweg fragte der Grenzbeamte den Deutschen, der eine Esta-Einreisebewilligung (Elektronische Reisegenehmigung) hatte, wohin dieser wolle. Lennon Tyler beschreibt diesen entscheidenden Moment später:

Es gab ein Missverständnis. Er antwortete, er lebe in Las Vegas. Ich habe ihn sofort korrigiert. Sein Englisch ist nicht sehr gut, deshalb dachte er, es ginge darum, wo er hinwolle. Er wohnt nicht in den Staaten.

Beide mussten daraufhin das Auto verlassen, kamen in getrennte Räume und Lennon Tyler wurde verboten ihrem Freund bei der Übersetzung zu helfen. Sielaff berichtet in einem Interview mit Spiegel Online:

Ich wurde durchsucht und an eine Bank gefesselt. Später hat mir meine Verlobte erzählt, dass sie auch mit Handschellen festgemacht wurde, weil sie versucht hatte, zu mir zu kommen. Ich wurde über Stunden befragt. Dass das alles ein Missverständnis ist und ich in Deutschland lebe, hat sie gar nicht erreicht. Ich habe nach einem Übersetzer gefragt, aber sie meinten, so etwas gebe es für mich nicht. Ich musste die Befragung auf Englisch machen.

Nach zwei Tagen in der dortigen Gefängniszelle wird er in Handschellen und Fußfesseln in das Otay Mesa Detention Center gebracht, einem Abschiebegefängnis, wo sich zeitgleich ebenfalls Jessica Brösche befindet.

Nach 16 Tagen Gefängnisaufenthalt bringt ihn die Polizei, komplett in Ketten gehalten, bis zum Flugzeug, das ihn nach Deutschland zurückbringt.

Fabian Schmidt

Der deutsche Fabian Schmidt, der seit 18 Jahren in den USA lebt und seit 2007 eine Green Card besitzt, wurde am Logan Airport in Boston festgenommen und soll sich derzeit in einem Abschiebegefängnis in Rhode Island befinden.

Seine Mutter Astrid Senior äußerte sich gegenüber der Presse: Sie sagte, sie habe erst am Dienstag direkt von ihrem Sohn gehört, als sie erfuhr, dass er ins Krankenhaus eingeliefert worden war.

Senior beschrieb, wie Schmidt am Logan Airport stundenlang "brutal verhört" und nackt ausgezogen, von zwei Beamten unter eine kalte Dusche gestellt und wieder auf einen Stuhl gesetzt wurde.

Schmidt habe ihr erzählt, dass die Einwanderungsbeamten ihn unter Druck gesetzt hätten, seine Green Card abzugeben. Sie sagte, er sei "mit anderen Menschen auf einer Matte in einem hellen Raum am Flughafen platziert worden, habe kaum Essen und Wasser bekommen, habe unter Schlafentzug gelitten und ihm seien seine Medikamente gegen Angstzustände und Depressionen verweigert worden".

Dann erlitt Fabian Schmidt einen Zusammenbruch und wurde ins Krankenhaus gebracht, wo festgestellt wurde, dass er an einer Grippe erkrankt war.

Über einen möglichen Hintergrund für die Verweigerung der Einreise kann nur spekuliert werden. Wie Fabian Schmidts Mutter erklärte, war seine Green Card gerade erst erneuert worden. 2015 soll er eine Anzeige wegen Marihuana-Besitzes erhalten haben. Diese wurde aber nach Gesetzesänderungen in Kalifornien wieder fallen gelassen.

Schmidt soll allerdings eine Anhörung zu diesem Fall im Jahr 2022 versäumt haben, weil ihm die Benachrichtigung nie an seine neue Adresse zugestellt worden war. Derzeit ist kein laufendes Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig, wie seine Mutter betont.

Celine Flad

Die Studentin aus Baden-Württemberg schilderte gegenüber Spiegel Online, was bei ihrem gescheiterten Einreiseversuch in die USA am Flughafen Newark am 18. Februar passierte. Naturgemäß lassen sich ihre Angaben nicht überprüfen.

Bei ihrer Befragung durch die US-Beamten wird sie bei der Passkontrolle in einen Nebenraum gebeten:

Dort fordert sie ein zweiter uniformierter Mann auf, ihr Mobiltelefon auszuhändigen. Er sieht ihre Fotos durch, auch den Ordner »Privat« muss sie entsperren. Stundenlang wird sie befragt, der Beamte will immer wieder wissen, was sie wirklich in den USA wolle, sie solle die Wahrheit sagen. Flad wiederholt ihre Pläne, zeigt ihre Hostelbuchung für New York, das Ticket für den Weiterflug nach Cancún, für den Rückflug nach Deutschland.

Die Entscheidung der Beamten: Sie dürfe nicht einreisen und müsse am nächsten Tag wieder den Heimweg antreten. Spiegel Online fasst die weiteren Ereignisse zusammen:

Die Nacht, so erzählt sie, habe sie in einem kargen Raum neben der Passkontrolle verbracht, früh am Morgen habe sie ein vergitterter Bus zu einem Gebäude außerhalb des Flughafens gefahren. (…) Am Nachmittag dann hätten ihr zwei Beamte Handschellen und Fußketten angelegt und sie zurück zum Flughafen gefahren.

Private und offizielle Warnungen

Lennon Tyler, die US-amerikanische Freundin von Lucas Sielaff, warnt eindringlich vor einer Einreise in die USA: "Kommen Sie nicht hierher. Erst recht nicht mit einer Esta – und besonders nicht über die mexikanische Landesgrenze."

Ebenso warnte die Freundin von Jessica Brösche.

Auch das Auswärtige Amt reagierte. Ein Ministeriumssprecher erklärt, "die Vorfälle der vergangenen Woche bei der Einreise von deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern in die USA" nehme man sehr ernst.

Zudem verschärft das Auswärtige Amt seine Reisehinweise:

Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können bei Ein- beziehungsweise Ausreise zu Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen.

Einreisehindernis: Meinungsfreiheit

Ein besonderer Fall der letzten Tage aus Frankreich legt die Vermutung nahe, dass sich die US-amerikanische Einreisepolitik tatsächlich massiv verändert hat und es sich nicht um zufällige Einzelfälle handelt.

Am 9. März geriet ein französischer Raumfahrtwissenschaftler bei seiner Einreise zu einer Konferenz in der Nähe von Houston in eine stichprobenartige Kontrolle. Dabei wurde sein Dienstrechner sowie sein Privathandy untersucht und private Nachrichten gefunden, in denen sich der Franzose negativ über die Behandlung von Wissenschaftlern durch die Trump-Regierung äußerte.

Nach Aussagen des Wissenschaftlers sei ihm an der Grenze vorgeworfen worden, dass seine Nachrichten "Hass auf Trump zum Ausdruck bringen und als Terrorismus eingestuft werden können".

Eine durchaus originelle Auffassung von Meinungsfreiheit, die gerade angesichts der heftigen Kritik durch den US-Vizepräsidenten J. D. Vance an eben dieser in Deutschland eindringlich vor Augen führt, dass die USA nicht nur anderen Lektionen erteilen, sondern sich an diese selbst halten sollten.