Deutscher Herbst mit dem Ende der Regierung?

DeutschlandTrend: Von der Leyens Personalie kommt nicht gut an; größere Befürchtungen vor Rechtsextremen als vor Linksextremen und Islamisten

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Mehr als zwei Drittel, 70 Prozent, der Deutschen sind mit der Arbeit der Bundesregierung nicht zufrieden. Einzig unter den CDU-Anhängern gibt es laut ARD-DeutschlandTrend noch eine Mehrheit, die mit der Regierungsarbeit zufrieden ist. Am wenigsten zufrieden (2 Prozent) sind die AfD-Anhänger mit großem Abstand vor denen der Linkspartei (18 Prozent "zufrieden").

Mit dem Streit zwischen SPD und der Union über die Nominierung der Verteidigungsministerin von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin bestärkt die Regierungskoalition den Eindruck, dass von ihrer Arbeit auch nichts mehr zu erwarten ist, das an der Unzufriedenheit, die sich schon verstetigt hat, noch Entscheidendes ändern würde. Die Bruchlinien zwischen den Regierungsparteien zeigen sich immer häufiger und vertiefen sich; ein Neustart zum Besseren ist keine glaubwürdige Hypothese mehr.

Von der Leyen: "Was sie will, weiß keiner"

Die Nominierung von der Leyens wird in der Umfrage mit wenig Sympathie bewertet. Nur 33 Prozent sind der Meinung, dass sie eine gute EU-Kommissionspräsidenten wäre. Dagegen sind 56 Prozent der Auffassung, dass sie keine gute Kommissionspräsidentin abgeben würde. Als ein hauptsächlicher Grund für die kritische Einschätzung wird vom ARD-Kommentar gewertet, dass ihre Arbeit als Verteidigungsministerin überhaupt nicht gut ankommt. Im Mai waren zwei Drittel der Befragten unzufrieden und seither wurden die schlechten Schlagzeilen zum Zustand der Bundeswehr (siehe die Abstürze in der jüngsten Zeit), zur Gorch Fock und der auffallenden Beschäftigung von Beratern fortgesetzt.

Was von manchen Journalisten, die gut in der politischen Szene vernetzt sind und Stimmungen wiedergeben, als positiver politischer Zug suggeriert wurde - weil es an der Zeit wäre, dass Merkel endlich einen deutschen Vertreter an die Spitze einer EU-Institution bringt und dass von der Leyen eine gute Europa-Politikerin sei, was doch letztlich für die Demokratie in der EU förderlich sei - wird von den Befragten anscheinend nicht unbedingt als Plus empfunden, das die Kritik an der Personalie überstrahlt. Nur bei den FDP-Anhänger gab es eine knappe Mehrheit (51 Prozent) für die Nominierung von der Leyens.

Auch die Hintergründe zur Nominierung, das "unklare Verfahren", das von SPD-Politikern und Kommentatoren als das eigentliche Ziel der Kritik unabhängig von der Person der Verteidigungsministerin herausgestellt wurde, traf im DeutschlandTrend auf Ablehnung, auch wenn dort nur ein Aspekt der politischen Manöver angesprochen wurde:

Wenn man die Bürger fragt, wer ihrer Meinung nach das letzte Wort haben sollte, so sagen 71 Prozent: das EU-Parlament. Nur 21 Prozent sagen, dass die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer das letzte Wort haben sollten.

DeutschlandTrend

Überzeugen muss von der Leyen aber augenblicklich nicht die deutsche Öffentlichkeit, sondern die Mitglieder des EU-Parlaments, was ihr einige Überzeugungsarbeit abverlangt, umso mehr als das politische Gewicht des Parlaments durch die Nominierungsprozedur Schaden genommen hat, wie auch Eric Bonse konstatiert. Der Machtkampf mit dem Rat sei dadurch angeheizt worden und keine einzige Frage gelöst.

Denn VdL kommt ohne Plan nach Brüssel. Was sie will, weiß keiner.

Eric Bonse

Mehrheit für Koalition aus Union und Grünen

Würde am Sonntag in Deutschland gewählt, so gäbe es eine Mehrheit für eine Koalition aus Union und den Grünen. Die Grünen stehen bei der Sonntagsfrage bei 26 Prozent, die Union bei 25. Die SPD gewann gegenüber dem Wert zuvor einen Prozentpunkt und steht bei 13 Prozent ebenso wie die AfD.

Die nächste wichtige Station, bei der die Überlebensfrage der bisherigen Koalition wahrscheinlich mit neuer Wucht gestellt werden wird (vor allem weil es auch um das damit verknüpfte Überleben der SPD geht), werden die Landtagswahlen im Osten der Republik sein, in Brandenburg und Sachsen am 1. September und in Thüringen Ende Oktober. Erwartet werden deutliche Erfolge der AfD.

Sollte das schlechte Abschneiden der Regierungsparteien den endgültigen Bruch der Regierung zur Folge haben und damit den Entschluss Neuwahlen durchzuführen, so kann man auf Diskussionen gespannt sein, wie sich die CDU gegenüber der AfD verhalten soll.

Kramp-Karrenbauer hat die Debatte dazu nicht schon "erledigt", als sie sich entschieden gegen jede Zusammenarbeit zwischen Union und AfD aussprach. Bei einer künftigen Regierungskoalition zwischen Union und Grünen wäre gut vorstellbar, dass die CDU mit diesem Partner, der entsprechende Wellen beruhigt, auf Rechtskurs geht.

Mehrheit besorgt, "dass Rechtsextremisten unseren Staat verändern könnten"

Groß herausgestellt wurde als Ergebnis des DeutschlandTrends von der Welt, die ebenfalls Auftraggeber der Umfrage durch Infratest Dimap ist, die Einschätzung der Gefahr durch Rechtsextremismus. Die wurde als stärker eingeschätzt als die Gefahr durch "islamistische Gewalttaten", wie die Welt im Titel herausstreicht: "Deutsche spüren größere Gefahr durch Rechtsextreme als durch Islamisten."

Dass es um die Gefahr durch "Übergriffe und Anschläge" und dabei auch nach der Einschätzung der Gefahr durch Linksextreme geht, wird erst im Text der Welt - und bei der ARD klar, wie auch dass die Gefahr rechtsextremer Übergriffen oder Anschläge im Oktober 2016 schon einmal sehr viel höher eingestuft wurde.

71 Prozent der Befragten erachten die Gefahr von rechtsextremen Übergriffen oder Anschlägen zur als sehr groß oder eher groß; 27 Prozent als eher gering oder sehr gering. Das sind 13 Punkte weniger im Vergleich zu Oktober 2016. Die Gefahr von islamistischen Anschlägen wird von 60 Prozent (-8) als groß erachtet, von 37 Prozent als gering. Und was linksextreme Anschläge angeht, so sieht nur eine Minderheit eine große oder eher große Gefahr: 41 Prozent - 11 Punkte weniger im Vergleich zu Oktober 2016. 56 Prozent hingegen sehen diese Gefahr als eher gering oder sehr gering an.

ARDDeutschlandTrend

Als naheliegende Erklärung bietet sich an, dass der Mordfall Lübcke und die Berichte über die rechtsextreme Szene in Chemnitz viel Aufmerksamkeit auf das rechtsextreme Terrornetzwerk gezogen hat, währenddessen von Anschläge von Extremisten im Namen des politischen Islams in der Berichterstattung zuletzt kaum eine Rolle spielten, da sie in Ländern des Nahen Ostens oder Nordafrikas ausgeübt wurden.

Bestätigt wird dies durch Ergebnisse, die die Zeitung darlegt. Sie schreibt davon, dass nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch den mutmaßlichen rechtsextremen Täter Stephan Ernst mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten angeben würden, sich Sorgen zu machen, "dass Rechtsextremisten unseren Staat verändern könnten".

Bemerkenswert ist, dass es unter den Anhängern der AfD nur 17 Prozent sind, die diese Auffassung teilen. Bei den Anhängern der Grünen sind das 75 Prozent. Allerdings ist eine deutliche Mehrheit aller Befragten, nämlich zwei Drittel, der Auffassung, dass der Staat sich den Rechtsextremisten gegenüber als zu nachlässig zeigt.

66 Prozent der Gesamtbevölkerung sind der Auffassung, dass der Staat "Neonazis und Rechtsextremisten zu oft freie Bahn" lasse. Fast genauso groß sind die Mehrheiten (jeweils 65 Prozent), die die Ansicht vertreten, dass rechtsextreme Positionen "in letzter Zeit in Deutschland gesellschaftsfähiger geworden" seien und dass die Sicherheitsdienste zusätzliche Befugnisse bekommen sollten, "um die Kommunikation im Internet und in sozialen Medien stärker zu überwachen".

Die Welt

Für NGO-Seenotrettung

Eindeutig haben sich die rund 1.000 repräsentativ Befragten zugunsten der Seenotrettung ausgesprochen. Eine Mehrheit von 64 Prozent findet es falsch, dass die EU sie auf dem Mittelmeer ausgesetzt hat. Fast drei Viertel, 72 Prozent aller Befragten, unterstützen, dass private Initiativen Flüchtlinge aus Seenot im Mittelmeer retten.

Etwa gleich groß ist der Anteil derjenigen, die dafür sind, dass die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot grundsätzlich nicht juristisch verfolgt werden sollte. Die Politik Salvinis, die italienischen Häfen für NGO-Seenotrettungsschiffe mit Migranten an Bord zu sperren, finden 70 Prozent der Deutschen nicht richtig.

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