Deutschland finanziert Entwaldung – Klimaschutz oder Brandbeschleuniger?

Investitionen in Waldrodung und fragwürdige Plantagenprojekte: Wie deutsche Banken angeblich das Klima schützen wollen – und die Bewertung von Umweltorganisationen.

Bis 2030 soll nicht nur die globale Waldrodung gestoppt werden – auch 350 Millionen Hektar geschädigter Landschaften und Wälder sollen wieder hergestellt werden. So lautet das Versprechen von Ländern, Unternehmen und Investoren. Doch davon ist die Menschheit weit entfernt, wie einem Bericht von Forest Declaration Assessment zu entnehmen ist, an dem auch die Umweltstiftung WWF beteiligt war. Die weltweite Waldzerstörung schreitet immer weiter voran.

So erreichte die globale Entwaldung im vergangenen Jahr ein Ausmaß von 6,6 Millionen Hektar – eine Fläche fast so groß wie Bayern. 96 Prozent davon wurde in tropischen Regionen vernichtet. So erreichte allein der Verlust an tropischen Primärwäldern rund vier Millionen Hektar.

Anstatt die Entwaldung einzudämmen, war die globale Zerstörung von Wäldern im Vorjahr im Vergleich zu 2021 um vier Prozent gestiegen, schreiben die Autoren. Dabei seien 2022 insgesamt 6,6 Millionen Hektar Wälder verloren gegangen – eine Fläche fast so groß wie Bayern.

Zwar habe das Nachwachsen der Wälder in den entwaldeten Gebieten der Tropen in den letzten vier Jahren stetig zugenommen. Dies zeige die Fähigkeit von Wäldern, sich von Störungen zu erholen. Doch bis die optimalen ökologischen Bedingungen für gesunde Wälder wieder hergestellt sind, könnten Jahrzehnte vergehen.

Ein Beispiel für die maßlose Zerstörung ist der atlantische Regenwald. Einst erstreckte er sich von der Ostküste Brasiliens bis nach Paraguay und Argentinien und umfasste mehr als eine Million Quadratkilometer. Mit nahezu sieben Prozent aller Tier- und Pflanzenarten war es das artenreichste Ökosystem der Welt.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden mehr 90 Prozent des Waldes abgeholzt, um Platz zu schaffen für die großflächige Soja- und Fleischproduktion. Wo im Nordwesten Paraguays – im Chaco – einst Jaguare und Wildhunde umherstreiften, weiden heute Mastrinder auf riesigen Weiden.

Bis Ende der 1980er-Jahre war die Fläche zu rund 70 Prozent von Urwald bedeckt. Seit Beginn der 1990er Jahre wurden etwa 30 Prozent der Waldfläche vernichtet. Lokale Wasserkreisläufe gerieten durcheinander, aufgrund der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nahm die Bodenerosion zu.

Aufgrund der hohen Nachfrage nach Anbauflächen waren Kleinbauern gezwungen, ihr Land zu verpachten, um zu überleben. Viele von ihnen, die keine gültigen Landrechte mehr besitzen, mussten ihr Land an die großen Sojaproduzenten abgeben. Übrig blieben nur noch wenige Kleinbauern in der Region, die am Existenzminimum leben.

DEG und Payco betreiben Raubbau an der Natur

Wie eine Recherche von Correctiv und El Surtidor zeigt, finanziert die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) die Rodung von mehreren tausend Hektar Wald im Chaco. Zudem fließt Geld in einen Fonds, der mehrere tausend Hektar große Eukalyptusplantagen anlegt und dessen Geschäftsmodell von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert wird.

So besitzt die Paraguay Agricultural Corporation S.A. (Payco) als einer der größten Agrarkonzerne Paraguays mit Sitz in Luxemburg rund 130.000 Hektar Landfläche und mehrere Farmen mit insgesamt 35.000 Rindern sowie tausenden Hektar Soja und Weizen. Auch Waldplantagen gehören zum Geschäft.

Im Auftrag der deutschen Entwicklungspolitik investierte die DEG hier knapp 40 Millionen Euro. Von 2013 bis 2020 wurden auf den Farmen von Payco etwa 7.000 Hektar Urwald vernichtet – eine Fläche von knapp zehntausend Fußballfeldern – zum Teil durch Brandrodung, vor allem aber durch Rodungen für Viehweide, wie eine Auswertung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zeigt. Nach offizieller Mitteilung war das Ziel, "die lokale Lebensmittelproduktion zu stärken und eine nachhaltige Holzwirtschaft" wieder aufzubauen.

Auf einer weiteren Fläche ließ Payco offenbar einen Palmenhain roden, um im Anschluss Eukalyptusplantagen anlegen zu können. Das geht aus einer aktuellen Studie der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland zu Payco hervor. Vermutlich ist dies nur die Spitze des Eisbergs. Roman Herre, Agrarreferent bei der Menschenrechtsorganisation FIAN, geht davon aus, dass auch auf anderen Farmen von Payco gerodet wurde, die bisher nicht entdeckt wurden. Darauf deuteten die lückenhaften Nachhaltigkeitsberichte des Konzerns hin.

Greenwashing: DEG finanziert Eukalyptusplantagen

Darüber hinaus investierte die DEG 2020 knapp acht Millionen Euro in den Arbaro Fund – eine Private Equity Fonds (eine sogenannte Kapitalbeteiligungsgesellschaft) ebenfalls mit Sitz im Steuerparadies Luxemburg.

Der Arbaro Fund wirbt mit einer Rendite von zwölf Prozent für Investoren und nachhaltigen Forstprojekten in Lateinamerika und Afrika.

In Paraguay betreibt der Arbaro Fund auf mehreren Tausend Hektar Eukalyptusplantagen. Seinen Investoren gegenüber verkauft er dies als "Aufforstung gegen die Klimakrise". In den kommenden Jahren werde man bis zu 20 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid binden, so das Versprechen.

Allerdings entspricht dieser Wert dem angestrebten Gesamtvolumen des Fonds von 200 Millionen Dollar und müsste auf die tatsächliche Fondsgröße skaliert werden, räumt der Arbaro Fund ein. Auch das Bundesumweltministerium ist in den Arbaro Fund involviert: Über ein internationales Programm für Wiederaufforstungen fließen rund 1,3 Millionen Euro an Krediten und Zuschüssen in den Fonds. Der Green Climate Fonds (GFC) investierte in Arbaro sogar 25 Millionen Dollar.

Mehr als 100 internationale Umweltorganisationen verweisen darauf, dass Eukalyptusplantagen zwar profitabel, aber weder gut für das Klima noch für die Umwelt sind. Das ist auch wissenschaftlich belegt: Laut einer Studie der britischen Universität Leeds von 2019 speichern Plantagen im Vergleich zu natürlichen Wäldern langfristig deutlich weniger Kohlendioxid.

Auch die CO2-Zertifikate, die der Arbaro Fund über einen internationalen Händler anbietet, seien nicht ausreichend, erklärt Reimund Schwarze, Professor für Umweltökonomie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Die CO2-Zertifikate von Arbaro würden auf dem freiwilligen Emissionsmarkt von einer Firma gehandelt, die zuletzt in der Kritik stand, weil sie die CO2-Einspeicherungen einzelner Projekte zu hoch angesetzt hatte.

Das sollte für die DEG als potentielle Investorin eigentlich ein Ausschlussgrund sein. Zudem werden auf den Eukalyptusplantagen Chemikalien, vor allem Glyphosat, eingesetzt. Das geht aus zwei Gutachten des Forest Stewardship Council (FSC) hervor, der eigentlich die nachhaltige Waldnutzung sichern soll. In Folge der Gifte verschwinden Tiere und Pflanzen auf den Feldern.

Scharfe Kritik an Geschäftspraktiken von Entwicklungsdiensten

Die DEG untersteht direkt dem Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ). Nach offiziellen Angaben will sie die Wirtschaft der so genannten Entwicklungsländer fördern – durch Investitionen und Beteiligungen an privaten Unternehmen. Die DEG arbeite im Schatten der KfW.

Niemand weiß genau, was sie eigentlich macht, kritisiert Peter Wolff. Der Experte für entwicklungspolitische Finanzierung kritisiert nicht nur die Geschäftspraktiken der DEG, sondern auch die Beteiligung an Projekten wie Payco.

Correctiv zufolge finanzierte die DEG in den vergangenen Jahren auch in anderen Ländern mehr als ein Dutzend Projekte, die die Umwelt schädigen oder die Lebensgrundlage von Kleinbauern vernichteten und von denen korrupte Geschäftsleute profitierten.

Den Vorwurf der verfehlten Entwicklungspolitik weist die Bundesregierung zurück . Mit der Förderung der Privatwirtschaft leiste die DEG einen "wichtigen, ergänzenden Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit", erklärt das BMZ.

Das verwundert kaum. Denn im Aufsichtsrat der DEG sitzen Vertreter des Entwicklungshilfeministeriums als auch des Bundeswirtschafts- und des Finanzministeriums. Verantwortung für die fragwürdigen Finanzierungen wollen sie aber nicht übernehmen.

Dabei verlangt die Linke seit Jahren von der Bundesregierung eine stärkere politische Regulierung und mehr Transparenz bei den Geschäften der DEG.

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert zudem einen weiteren brisanten Effekt: Für ihre Investitionen nutzt die DEG Private Equity-Fonds und Zwischengesellschaften in Offshore Finanzzentren (OFCs). So vermeidet die DEG Steuern in den Zielländern der Investitionen und schadet damit direkt und indirekt der nachhaltigen Entwicklung in den betroffenen Staaten. Auf diese Weise gehen in den Zielländern Steuereinnahmen verloren.

Gleichzeitig profitiert die DEG in einigen Fällen indirekt von günstigeren Doppelbesteuerungsabkommen und vermeidet so Quellensteuern auf Zinszahlungen, Dividenden und Veräußerungsgewinne. Unterm Strich erhöht sie damit ihre gesamten Gewinne auf Kosten der Zielländer.