Deutschlands Gasspeicher prall gefüllt – aber reicht das für einen eiskalten Winter?

Deutsche Gasspeicher sind fast voll, doch Risiken bleiben. Hoffen auf milden Winter und LNG-Importe. Wie kann Deutschland die kommenden Monate überstehen?

Die Gasspeicher in Deutschland sind voll – und dennoch gibt es Risiken für die Versorgung im Winter. Das geht aus Modellrechnungen hervor, die die Bundesnetzagentur jetzt veröffentlicht hat. Viel hängt demnach davon ab, wie kalt der Winter wird und wie stark die Bundesrepublik ihre Nachbarn unterstützen muss.

Bei einem normal kalten Winter, so die Bundesnetzagentur, sei die Gefahr einer angespannten Versorgungslage gering. Inzwischen stehen beispielsweise mehr Anlagen für den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) zur Verfügung.

Aber auch die Gasmengen, die bisher über Pipelines aus Russland bezogen wurden, konnten durch andere Quellen kompensiert werden. Zum Beispiel aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien.

Die Füllstände der deutschen Gasspeicher: Eine trügerische Sicherheit?

Die deutschen Erdgasspeicher sind mittlerweile zu 99,65 Prozent gefüllt. Dazu beigetragen hat ein Verbrauchsrückgang von rund 20 Prozent im vergangenen Winter. Viele energieintensive Betriebe hatten damals wegen der hohen Gaspreise ihre Produktion eingestellt. Dadurch waren die Speicher am Ende des letzten Winters noch relativ gut gefüllt.

Insgesamt hat die Bundesnetzagentur sechs Szenarien berechnet. Allen liegt die Annahme eines Winters mit ausgeprägten Kälteperioden und Tagesmitteltemperaturen von bis zu –13 Grad Celsius zugrunde. Außerdem gehen die Szenarien von einem Rückgang des durchschnittlichen Verbrauchs um zehn Prozent im Vergleich zu den Jahren 2018 bis 2021 aus.

In die Berechnungen fließt auch die Annahme ein, dass die Länder Südosteuropas ab November 2023 mit zusätzlichen 20 Gigawattstunden Erdgas pro Stunde (GWh/h) versorgt werden müssen. Ferner wird in zwei Szenarien unterstellt, dass die Bundesrepublik witterungsbedingt rund 15 GWh/h weniger Erdgas aus den westlichen Nachbarländern importieren kann.

LNG-Terminals: Deutschlands Achillesferse im Energiekampf

Entscheidend für eine sichere Gasversorgung im Winter sind die LNG-Terminals in Nord- und Ostsee. Einige Modellrechnungen gehen davon aus, dass diese zu mindestens 50 Prozent ausgelastet sein müssen. Andere gehen von einer Auslastung der LNG-Terminals von 90 Prozent aus.

Es bestehen jedoch Zweifel, ob eine solche Auslastung erreicht werden kann. Am Freitag teilte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit, dass das LNG-Terminal vor Rügen vermutlich nicht bis zum Winter in Betrieb gehen wird. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sagte dazu:

Die Akten sprechen eine klare Sprache: Im Grunde rechnet niemand mit der Inbetriebnahme des LNG-Terminals bis zum Winter. Trotzdem verkündet die Bundesregierung stoisch völlig unrealistische Zeitpläne.

Grund für das Handeln der Bundesregierung sei, dass man keine Verzögerung eingestehen wolle. Denn dann dürfte das LNG-Beschleunigungsgesetz ohne Umweltverträglichkeitsprüfung nicht mehr angewendet werden. Dann aber würden die dramatischen Umweltzerstörungen offensichtlich und LNG-Terminal und Pipeline wären nicht mehr genehmigungsfähig.

Rationierung von Erdgas: ein realistisches Szenario für Deutschland?

Die Betreiber der Gasspeicher können die gesetzlichen Vorgaben unter Umständen nicht einhalten. Zwei der sechs Szenarien kommen zu dem Ergebnis, dass die Gasspeicher am 1. Februar einen Füllstand von weniger als 40 Prozent aufweisen könnten.

Im schlimmsten Fall könnte der bestehende Gasbedarf bereits Ende Februar nicht mehr vollständig gedeckt werden. Rationierungen wären dann an der Tagesordnung.

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