Die Ein-Dollar-Revolution
Können wir reichen Europäer dazu beitragen, dass auch in den armen Ländern Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung reduziert werden? Ja, wir können das. Hier erkläre ich, wie.
Soeben hat das Europäische Parlament ein verhältnismäßig strenges Lieferketten-Gesetz beschlossen. Danach sind Firmen aus EU-Ländern künftig verpflichtet, in ihren weltweiten Zulieferfabriken höhere soziale und ökologische Standards umzusetzen.
Ein Beispiel: Eine Näherin in Bangladesch verdiente bisher 25 Cent pro Stunde. Damit wir in den reichen Ländern ein T-Shirt für 3.99 Euro kaufen konnten. Das soll sich nun endlich ändern.
Peter Spiegel und ich haben in unserem Buch "Gerechtigkeit – Zukunft für alle" eine "Ein-Dollar-Revolution" vorgeschlagen. Das heißt weltweit einen US-Dollar als Mindestlohn.
In Bangladesch wäre das eine Vervierfachung des bisherigen Mindestlohns. Das wäre nicht nur eine große Hilfe für Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter, sondern auch für die armen Länder insgesamt, weil ihre Kauf- und Wirtschaftskraft gewaltig zulegen würde.
Permanente Lohnerhöhungen, erkämpft von den Gewerkschaften, waren die Basis für den Wohlstand in den heute reichen Ländern. In den letzten 100 Jahren hat sich die Gesamtwirtschaftsleistung der Menschheit um das 50-fache erhöht – aber nur in den reichen Industriestaaten.
Die technologischen Möglichkeiten werden sich in den kommenden Jahren weiter ausweiten. Diese Chance muss freilich für alle acht Milliarden Menschen genutzt werden. Die Ein-Dollar-Revolution ist hierfür die Voraussetzung.
Heute noch haben einige Dutzend Milliardäre so viel Geld wie die ärmere Hälfte der Menschheit. So viel wie vier Milliarden Menschen. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit, die gröbste Menschenrechtsverletzung unserer Zeit.
Es besteht die Chance, dass das Lieferketten-Gesetz der EU als der mächtigste Wirtschaftsraum der Welt auch auf Uno-Ebene eingeführt wird. Existenzsichernde Löhne haben nun erstmals die Chance, weltweit eingeführt zu werden. Ebenso wie höhere Umweltstandards.
In einer gerechten Gesellschaft müssen auf diesem reichen Planeten alle Mitglieder ihre materiellen Grundbedürfnisse befriedigen können: Nahrung, Kleidung, Wohnung, Arbeit, Bildung, Sicherheit, Gesundheit in einer intakten Umwelt. Auf spiritueller Ebene heißen diese Grundbedürfnisse: Liebe, Vertrauen, Hoffnung und Glück.
Die heute noch vorherrschende Gier-Wirtschaft hat mit Ökonomie im ursprünglichen Sinne von Haushalten nichts zu tun. Eine ethisch fundierte Marktwirtschaft, wie sie Ludwig Erhard einst gemeint hat, orientiert sich primär an einer Gemeinwohl-Wirtschaft und nicht in erster Linie an Geldvermehrung von wenigen um jeden Preis.
Mit dem Wahlkampf-Slogan "Wohlstand für alle" hat es die CDU/CSU geschafft, das einzige Mal in der Nachkriegsgeschichte, die absolute Mehrheit bei einer Bundestagswahl zu gewinnen.
Armut und Ungerechtigkeit sind kein unabwendbares Schicksal. Menschen sind lernfähig. Wir können Fortschritte und mehr Gerechtigkeit organisieren.
Die "Global Goals", welche die Uno 2015 beschlossen hat, fordern als Erstes, dass die gröbste Armut bis 2030 weltweit überwunden sein wird und kein Kind mehr verhungern muss. Die bisherigen Fortschritte zeigen, dass dieses Ziel erreichbar ist: 1820 lebten 90 Prozent der Weltbevölkerung in absoluter Armut, 1970 waren es noch 60 Prozent und 2011 noch 14 Prozent. Seither stagniert diese Zahl etwa, ging in den Corona-Jahren sogar leicht nach oben.
Neben der Gerechtigkeitsfrage müssen wir, wenn wir überleben wollen, die Klimafrage lösen. Unsere heutigen Energie-Krankheiten, die dementia fossilis und die dementia atomica, sind heilbar.
Jede Investition in erneuerbare Energien verspricht sowohl ökologisch wie ökonomisch Gewinne. Sonnen- und Windenergie sind schon heute global die preiswertesten Energiequellen.
In Afrika können wir schon heute eine Kilowattstunde Solarstrom für einen Cent produzieren. Bald auch in Deutschland. Die Effizienzforscher prognostizieren das so. Und sie hatten bisher immer recht. Hier liegt neben der "1-Dollar-Revolution" die größte Chance für eine bessere und gerechtere Welt. Hauptsächlich in den sonnenreichen Ländern. Die Sonne schickt uns noch immer keine Rechnung. Sie ist der Quell allen Lebens und sie scheint für alle.
Franz Alt, Peter Spiegel: "Gerechtigkeit: Zukunft für alle – Die Grundsatzerklärung"
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