Die Geflügelpest greift um sich
Die Welt starrt gebannt nach Ostasien, obwohl die Vogelseuche schon in Saudi Arabien angekommen ist
Noch richten sich die Blicke nach Thailand, wo lebende Hühner vernichtet werden, um der Geflügelpest Herr zu werden. Thailand, der Exporteur von 30-50 Prozent der Hähnchen und Hühner nach Europa und der Gastgeber für unzählige Touristen, will wenigstens seinen Ruf nicht verspielen. Anders die Verhältnisse in Indonesien, Kambodscha, Vietnam, Laos und nun auch China. Während Indonesien in aller Stille die Geflügelpest angeht, bemüht sich Thailand durch die Einberufung einer internationalen Konferenz um eine Klärung, die alle angeht: Kreuzen sich die Erreger der Influenza mit denen der Geflügelpest, so könnte aus einem solchen "Supervirus" eine gefährliche weltweite Grippeepidemie entstehen.
Thailand, Indonesien, Kambodscha, Vietnam, Japan und Südkorea berichten über Patienten, die an den Influenza A Virus mit dem Strang H5N1 erkrankt sind. Taiwan und Pakistan hingegen sehen noch die milderen Erkrankungen. In Thailand hat bereits den dritten Fall der Geflügelpest und weitere 10 Personen gemeldet, von denen inzwischen fünf an Influenza A verstorben sind. Kambodscha erklärte kürzlich, dass zwei Kinder erkrankt sind, während Vietnam mehr als ein Dutzend Personen untersucht.
Auch in Pakistan scheint die Geflügelpest angekommen zu sein. Laos berichtet über die ersten Todesfälle. Aus Burma, Bangladesh und aus Saudi Arabien kommen Berichte über den Tod von Hühnern.
Auch wenn in den meisten Ländern mit gesicherter Infektion Millionen über Millionen von Tieren vernichtet werden, so scheint diese Methode nicht sehr zuverlässig zu sein. Denn es sind die Händler, in deren Fußstapfen die Erkrankung weiter zieht. Und es sind die Zugvögel, auf deren Route die Infektion weiter wandert.
Zugvögel nehmen die Krankheit mit sich. Wenn sie sterben, dann ist es eine erschreckend schwere Krankheit.
Bob Dietz von der World Health Organization
Die Vögel in Thailand kommen von Indien und Sibirien zum Überwintern. Viele Vögel sind inzwischen an der Geflügelpest verstorben. Andere werden bei ihrer Rückkehr erkranken und verenden. Ihre Ausscheidungen trocknen aus, werden zu Staub und befallen schließlich jene Tiere, die diesen Staub inhalieren. Dazu kommt, dass Zugvögel über relativ lange Zeiten infiziert werden und dann noch große Distanzen zurücklegen können, bevor sie krank werden.
Dr. Eng-kiong, in Hongkong verantwortlich für Gesundheit, Krankheiten und Nahrungsmittel, hat deshalb seine Beamten aufgefordert, die Zugvögel speziell zu prüfen. Naturschützer warnen davor, weil sie einerseits den Tod und die Vertreibung der Vögel, zum anderen die Auswirkungen auf die seltenen und vom Aussterben bedrohten Rassen fürchten.
Ferner bleibt die Provinz Guangdong, im Süden des Landes, ein immer wiederkehrender Herd für die Vogelinfektion. Nachdem die chinesische Regierung zunächst jede Beteiligung ausgeschlossen hat, berichtet sie nun über die ersten Fälle von Geflügelpest in Guangdong und einer zweiten Provinz.
Der Ausbruch lässt die Verantwortlichen bangen: Wenn eine Person mit dem Influenzavirus und zusätzlich mit dem Vogelvirus infiziert ist, kann sich das genetische Material der Viren vermengen. Damit entstünde ein Erreger, der von Mensch zu Mensch verbreitet wird und gegen den die Menschen keinen Schutz haben. Grund zur Sorge gibt es deswegen, weil im Augenblick gerade das menschliche Grippevirus H3N2 von Europa und den USA aus nach Asien ausbreitet und so auf das Geflügelpest-Virus H5N1 treffen könnte.
Problematisch am Geflügelpesterreger H5N1, der erstmals in Hongkong 1997 auftrat, aber dort schnell vernichtet werden konnte, ist, dass er schnell mutiert und leicht Gene von anderen Viren aufnimmt. Besonders infizierte Menschen könnten den Virus für den Menschen weiter "aufbereiten" und zur Quelle einer Pandemie werden. Schon lange warnen Wissenschaftler davor, dass es jeder Zeit wieder zu einer weltweiten Grippe-Pandemie kommen kann. Während der schlimmsten Grippepandemie des letzten Jahrhundert sind zwischen 40 und 50 Millionen Menschen gestorben. Allerdings können heute relativ schnell Impfstoffe entwickelt werden.