Die "Große Solarmauer": Chinas monumentales Wüstenkraftwerk
Baufortschritt der Anlage im Dezember 2024
(Bild: Nasa)
In der Kubuqi-Wüste entsteht das größte Solarkraftwerk der Welt. Es soll Strom für mehr als 20 Millionen Menschen liefern und die Wüste begrünen. Ein Mammutprojekt.
Während Saudi-Arabien mit "The Line" eine ökologisch wie ökonomisch umstrittene Stadt in die Wüste setzt, verfolgt China mit seinen ariden Gebieten andere Pläne: In der Inneren Mongolei, in der Kubuqi-Wüste, entsteht gerade ein Solarkraftwerk wahrhaft biblischen Ausmaßes.
Strom für mehr als 20 Millionen Menschen
Mit einer Länge von 400 Kilometern, einer durchschnittlichen Breite von fünf Kilometern und einer installierten Leistung von 100 Gigawatt – was rund 100 modernen Kernkraftwerken entspricht – soll die "Große Solarmauer" die größte und leistungsfähigste Photovoltaikanlage der Welt werden.
Nach ihrer Fertigstellung im Jahr 2030 sollen die 3,46 Millionen Panele der Riesenanlage jedes Jahr 180 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern. Damit ließe sich der gesamte Strombedarf der 22-Millionen-Einwohner zählenden Hauptstadt Beijing, der zuletzt mit 135,8 Milliarden Kilowattstunden angegeben wurde, mühelos decken.
High-Tech im Meer des Todes
Die aufgrund ihrer unwirtlichen Bedingungen auch als "Meer des Todes" bekannte Wüste ist mit 3100 Sonnenstunden pro Jahr (etwa doppelt so viel wie in Deutschland) ein idealer Standort für Photovoltaik.
Erste Arbeiten an dem Bau erfolgten ab dem Jahr 2017. Ab 2022 nahm das Megaprojekt massiv an Fahrt auf. Aktuelle Satellitenbilder zeigen, dass die Anlage in den vergangenen Jahren massive Fortschritte gemacht hat.
Bis September 2024 wurden laut Betreiberangaben 5,42 Gigawatt Leistung auf einer Fläche von 133 Quadratkilometern installiert.
Nicht nur in ihren Ausmaßen, sondern auch technisch hat die Anlage Avantgardecharakter: Verwendet werden sogenannte bifaziale Module, die das Licht von beiden Seiten einfangen und damit auch die vom Wüstensand reflektierten Sonnenstrahlen mitnehmen. Dies soll den Ertrag um mehr als acht Prozent steigern. Dank einer doppelten Verglasung sollen die Panele zudem besonders langlebig sein und mindestens 30 Jahre durchhalten.
Die Solarmodule stammen aus einer hochmodernen Produktionsstätte in der ostchinesischen Provinz Jiaxing. Mit einer Leistung von 385 Gigawatt über 25 Jahre zählt der Hersteller LONGi zu den weltweiten Branchenführern. Alle 16 bis 18 Sekunden läuft hier ein 2,58 Quadratmeter großes Solarmodul vom Band.
"China hat Wind- und Photovoltaikprodukte für fast 200 Länder und Regionen weltweit erschwinglicher und zugänglicher gemacht. Bislang wurden diese Produkte im Wert von fast 300 Milliarden US-Dollar exportiert und die weltweite grüne Wende beschleunigt", sagt LONGis Vizepräsident Zhang Haimeng.
Versuchsfeld für Agri-Photovoltaik in der Wüste
Neben der Stromerzeugung dienen die Solarmodule auch als Schutz vor der Versandung des Gelben Flusses, der nur sieben bis acht Kilometer entfernt liegt.
Die Anlage dient auch als Testlabor für Agri-Photovoltaik in Wüstengebieten: Unter den Paneelen sollen auf 2400 Hektar dürreresistente Pflanzen angebaut und Kleinvieh gehalten werden, was ökonomische und ökologische Vorteile vereint.
"Alle Projekte werden von staatlichen Unternehmen investiert, von denen einige zentral verwaltet werden, so dass die lokalen Regierungen überhaupt keine Investitionen tätigen müssen", sagte Li Kai, ein Vertreter der lokalen Energieverwaltung der Provinz.
Chinas Wüstenpläne
Das Megaprojekt ist Teil eines Plans der Regierung, Chinas Wüsten massiv für die Produktion erneuerbarer Energien zu nutzen. Allein in der Wüste Gobi und anderen Gebieten sollen bis 2030 insgesamt 445 Gigawatt an Solar- und Windkraftwerken entstehen.
In nur fünf Jahren soll die "Große Solarmauer" in der Kubuqi-Wüste stehen. Genauso wichtig wie die Kraftwerke ist der Ausbau der Energieinfrastruktur. China errichtet daher tausende Kilometer neue Hochspannungsleitungen von den Wüsten in die urbanen Zentren und installiert riesige Energiespeicher in Form von Batterien und Wasserstoffelektrolyseuren.
Das Tempo, mit dem China die Solarenergie in den letzten Jahren ausgebaut hat, ist atemberaubend. Allein 2022 errichtete das Land 277 Gigawatt an neuen Photovoltaikanlagen – fast dreimal so viel wie die Leistung aller deutschen Solaranlagen zusammen.
Damit hat China sein ursprüngliches Ziel von 1200 Gigawatt an erneuerbaren Energien bis 2030 nun schon sechs Jahre früher erreicht. Das Kraftwerk in der Kubiqui-Wüste ist dabei nur ein (wenn auch gewichtiger) Teil der Strategie.