Die Huthi-Falle: Wie die USA die Kontrolle über das Rote Meer verlieren

Feuer nach dem israelischen Angriff auf die jemenitische Stadt Hudaida vom 20. Juli 2024. Bild: Screenshot Video Al-Masirah

Israels Vergeltungsschlag im Jemen zeigt: US-Strategie ist gescheitert. Rebellen profitieren von militärischer Eskalation. China, Russland stehen in Startlöchern. Eine Einordnung.

Am Samstag waren im jemenitischen Hafen von Hudaida schwere Explosion in einem Treibstofflager und einem Kraftwerk zu sehen. Über 80 Menschen wurden verletzt, mindestens sechs getötet.

Der Luftangriff ist eine Vergeltung des israelischen Militärs auf einen Huthi-Angriff. Am 19. Juli traf eine von jemenitischem Hoheitsgebiet aus gestartete Langstreckendrohne Tel Aviv und tötete eine Person.

Biden vor außenpolitischem Scherbenhaufen

Die Huthi schafften es damit zum ersten Mal seit Beginn der Feindseligkeiten im Oktober 2023, Israel militärisch zu schaden. Man konnte in israelisches Territorium eindringen und dem Luftabwehrsystem ausweichen. Es ist ein technologischer wie symbolischer Sieg der Rebellengruppe.

Die Entscheidung Israels, Vergeltungsmaßnahmen gegen zivile Infrastruktur statt gegen militärische Ziele zu ergreifen, ist zugleich ein Zeichen dafür, dass die Spannungen in der Region am Roten Meer zu einem umfassenden Konflikt eskalieren könnten. Und genau das ist es, was die USA erklärtermaßen von Beginn an verhindern wollten.

Seit Monaten versucht die US-Regierung, Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer und gegen Israel abzuschrecken und die Fähigkeit der Huthi, zu attackieren, einzudämmen. Diese Strategie war zum Scheitern verurteilt (auch der US-Verbündete Saudi-Arabien hat seit 2015 im Krieg gegen die Huthi im Jemen nichts erreicht), jetzt ist das Desaster nicht mehr zu verbergen.

Die Biden-Regierung steht vor einem außenpolitischen Scherbenhaufen angesichts des direkten Schlagabtauschs zwischen Israel und der jemenitischen Rebellengruppe, während die Angriffe auf Containerschiffe im Roten Meer ungebremst fortgesetzt werden.

Gescheiterter Versuch, Huthi zu isolieren

Der Ausgangspunkt des Konflikts war vor neun Monaten der Beginn von Israels Krieg gegen Gaza. Am 19. Oktober starteten die Huthi mit Raketen und Drohnen Angriffen auf Israel, die vom israelischen Schutzschirm jedoch abgefangen werden konnten.

Mitte März durchschlug ein Marschflugkörper die israelische Luftabwehr und explodierte in unbewohntem Gelände in der Nähe der israelischen Hafenstadt Eilat. Im April schloss sich die Rebellengruppe dem Iran an bei seinen Raketen- und Drohnenangriffen auf Israel als Reaktion auf die israelische Bombardierung des iranischen Konsulats in Syrien, bei dem sieben Menschen getötet wurden, darunter zwei iranische Generäle.

Dass man jetzt tief in israelisches Gebiet eindringen konnte und Israel zurückschlug, hat die Anziehungs- und Mobilisierungskraft der Rebellengruppe über Jemen hinaus stark erhöht, wie Analysten feststellen.

Die Huthi zu isolieren, wie es die USA seit sieben Monaten versucht haben, ist damit gescheitert. Sie gehen gestärkt aus dem Konflikt hervor und fühlen sich ermutigt, weiterzukämpfen, während sie Zuspruch und Zulauf bekommen.

Das Desaster im Roten Meer

Vor allem aber haben die USA keine Kontrolle über das Rote Meer erzielen können, um die Störungen des Seehandels durch die Meerenge zu unterbinden.

Die Rebellen haben bisher mehr als 70 Schiffe mit Raketen und Drohnen beschossen und dabei vier Seeleute getötet. Seit November haben sie ein Schiff gekapert und zwei Schiffe versenkt.

Im Juni stieg die Zahl der Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe stark an. Auch im Juli ging es weiter. Vorletzte Woche haben die Rebellen nach eigenen Angaben Raketen auf ein unter US-Flagge fahrendes Containerschiff im Golf von Aden abgefeuert.

Über das Rote Meer, das mit dem Suezkanal verbunden ist, werden über zehn bis 15 Prozent des Welthandels abgewickelt. Durch die Angriffe haben große Reeder den Verkehr auf Alternativrouten verlegt. Dadurch sind die Frachtraten in die Höhe geschnellt.