Die "Letzte Generation" – eine kriminelle Vereinigung?
Seite 2: Rechtliche Grundlage des Vorwurfs: § 129 StGB
- Die "Letzte Generation" – eine kriminelle Vereinigung?
- Rechtliche Grundlage des Vorwurfs: § 129 StGB
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Der § 129 im Strafgesetzbuch (StGB) blickt auf eine längere Normhistorie zurück: Schon im Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) fanden sich Vorschriften gegen sogenannte Geheimgesellschaften, an die die Norm bis heute angelehnt ist. Der heutige § 129 StGB wurde bislang vor allem auf einzelne spezifische Milieus angewendet, in denen sich organisierte kriminelle Strukturen fanden – darunter Rockerbanden oder Zuhältergruppen.
Erst in den 1970er-Jahren begann man, den Paragraphen auch auf politische Vereinigungen anzuwenden – und gab dem Normzweck damit noch einmal eine neue Richtung. Heute wird die Norm in gern kritisch als "Türöffner-Paragraph" bezeichnet - und das nicht ohne Grund.
Denn sie knüpft auf Tatbestandsseite zunächst einmal an Taten an, die "im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind". Darunter fallen durchaus auch Taten, die nicht in den Bereich der Schwerst-, sondern der einfachen Kriminalität fallen, wie etwa Sachbeschädigung oder Unterschlagung.
Auf Rechtsfolgenseite eröffnet sie hingegen intensivste staatliche Eingriffsmöglichkeiten im Bereich der Paragraphen 100a bis 100c der Strafprozessordnung (StPO). Unter diese invasiven Maßnahmen fallen etwa der Einsatz von V-Leuten, diverse Abhörmaßnahmen und andere heimliche Maßnahmen, die eine massive Beeinträchtigung der Privatsphäre Betroffener zur Folge haben.
Schon aufgrund von Taten mit vergleichsweise geringer Strafandrohung werden mit § 129 StGB also sehr eingriffsintensive Ermittlungsmaßnahmen legitimiert. Dieses (instinktiv empfundene) Missverhältnis rechtfertigt sich dadurch, dass die Straftaten im Rahmen einer Vereinigung stattgefunden haben.
Ob diese Rechtsfolgen im Falle der "Letzten Generation" tatsächlich zu rechtfertigen sind, lässt sich nur beurteilen, nachdem man festgestellt hat, ob es sich bei der Gruppe auch tatsächlich um eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB handeln könnte.