"Die Niedersachsen sollten einfach Bremen überfallen"

Die Partei Die PARTEI hat immer öfter ernste Schwierigkeiten, politische Realsatire mit politischer Satire zu toppen. Symbolbild: Fabian Horst / CC-BY-SA-4.0

Wäre für das zweitgrößte deutsche Flächenland eine konstitutionelle Monarchie die bessere Lösung? Ein Interview zur Niedersachsen-Wahl mit PARTEI-Chef Martin Sonneborn.

Der aus Niedersachsen stammende PARTEI-Vorsitzende Martin Sonneborn ist Mitglied des Europaparlaments und fand trotz seiner Verpflichtungen für die Weltpolitik Zeit, um zur Landtagswahl im zweitgrößten deutschen Flächenland Rede und Antwort zu stehen.

Im Königreich zu Hannover, heute bekannt als "Niedersachsen", wird an diesem 9. Oktober wieder ein neuer Landtag der Bürgerlichen gewählt. Wäre das erstarkte Interesse am englischen Spross des deutschen Hochadels und am Militär nicht ein guter Anlass, um in Niedersachsen wenigstens die konstitutionelle Monarchie wieder einzuführen? In Sachen Glamour soll das Haus Hannover sehr begabt sein.

Martin Sonneborn: Klar, ich erinnere mich sehr gut daran, wie Ernst August "Pinkelprinz" von Hannover anlässlich der EXPO 2000 an den türkischen Pavillon pisste. Da war Erdogan noch gar nicht Präsident und hatte keinen einzigen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen. Ganz schön vorausschauend, unser Adel.

Die niedersächsische Rüstungsindustrie produziert in erster Linie für die Marine. Seestreitkräfte spielen jedoch weder im Binnenland Arzach noch in der Ukraine eine nennenswerte Rolle. Unter welchen Kriegsparteien sollte man im Interesse Niedersachsens Konflikte anzetteln?

Martin Sonneborn: Die Niedersachsen sollten einfach Bremen überfallen. Bremen ist klein, arm, wehrlos, gilt als Demokratie und hat keine Lobby. Ähnlich wie Armenien, also werden weder die Außenministerin noch Frau von der Leyen ihre Stimme erheben...

"Für Atomkraft, für US-Fuckinggas, für die Lieferung schwerer Waffen"

Besser sieht es in Niedersachsen für die Atomkraft aus. Erwarten Sie Demos in Gorleben für den Weiterbetrieb, ähnlich wie in den 1980er-Jahren gegen die Nutzung der Atomkraft?

Martin Sonneborn: Im Winter auf jeden Fall. Habeck, unser Sympathieträger, der Wirtschaftspolitik gerade auf die harte Tour lernt - Gas in deutschen Speichern kommt überraschenderweise nicht unbedingt den Deutschen zugute, sondern dem, der am meisten dafür zahlt - dürfte mit seiner komplett gewandelten grünen CDU vorneweg marschieren: für Atomkraft, für US-Fuckinggas, für die Lieferung schwerer Waffen in Kriegsgebiete.

Nachdem sich das Königreich des Rundfunks Berlin Brandenburg gerade in Auflösung befindet, brodelt es nun auch im für Niedersachsen zuständigen Norddeutschen Rundfunk. Fehlen den Öffentlich-Rechtlichen für gutes Personal finanzielle Anreize?

Martin Sonneborn: Eher nicht. Bei einer Grimme-Preis-Verleihung in Marl habe ich auf der Bühne mal erklärt, mit welchen Diäten und Leistungen Abgeordnete in Brüssel verwöhnt werden. Da sind erstaunlich wenige Funktionsträger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beeindruckt gewesen...

Zu den dringlichsten Problemen Niedersachsens gehört das Risiko, in einer Sammelumkleide für Frauen mit männlichen Geschlechtsteilen sich weiblich lesender Personen konfrontiert zu werden. Halten Sie eher den Inklusionierenden die Stange oder halten Sie zu den TERFs?

Martin Sonneborn: Ich bin da old school, gehe alleine in eine Einzelkabine und halte mich da schön raus.

Apropos Geschlechtsteile: Die AfD hat im Wahlkampf mit fragwürdigen Gummibärchen stimuliert. Was hat die im Sex-Wahlkampf erfahrene PARTEI dem entgegenzusetzen?

Martin Sonneborn: Wir haben einfach beschlossen, unseren alten Wahlwerbespot zur Familienpolitik noch mal ausstrahlen zu lassen. Der kam im ZDF damals sehr gut an.

Die Berliner Jusos fordern inzwischen ethische Pornos im öffentlich-rechtlichen TV sowie die Anerkennung von Pornosucht. Was stimmt nicht mit den niedersächsischen Jusos?

Martin Sonneborn: Vielleicht sind die alle noch unter 18? Dann kennen die noch gar keine Pornos... (Lacht.)

Die niedersächsischen Grünen wollen die 1. Klasse in Regionalzügen abschaffen, obwohl es die in Niedersachsen nicht oder nur in homöopathischem Ausmaß gibt. Halten Sie derartige Satire im Wahlkampf für angemessen?

"Wenn, dann 2. Klasse abschaffen"

Martin Sonneborn: Auf keinen Fall. Wenn, dann sollte man übrigens die 2. Klasse abschaffen. Macht in der harten Realität keinen Unterschied, erfreut aber viel mehr Menschen.

Am Wahlabend wird an der fünf-Prozent-Hürde eine Zitterpartie für FDP, Linkspartei und die PARTEI erwartet. Mit welchem populistischen Statement werden Sie einen Aufwärtstrend befeuern?

Martin Sonneborn: Mit keinem. Das Schweinebauernland geht mir am Arsch vorbei. Außerdem wird in Berlin auf die Klage der PARTEI hin die Landtagswahl wiederholt. Wir haben jetzt Blut geleckt – Wahlen, die wir nicht gewinnen, lassen wir einfach wiederholen.

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