Die Preis-Lohn-Spirale der "Zombiewirtschaft"

Seite 2: Dauerrisiko Inflation

Die nun von der Corona-Krise wie auch vom Ukraine-Krieg ausgehenden inflationären Effekte, treffen in den entwickelten Ländern auf eine gelähmte Wirtschaft, die auch auf längere Sicht nicht mehr die Kapazitäten hat, einer in Gang gekommenen Inflation entgegenzuwirken.

Inflationärer Druck entsteht einerseits durch die Herausbildung von temporären Anbietermärkten, in denen Unternehmen aufgrund des Mangels höhere Preise durchsetzen können, andererseits durch effektiv höhere Produktions- und Logistikkosten für nicht-russisches Gas sowie andere knappe Güter.

Ohne einen grundlegenden Kurswechsel bliebe wenig anderes übrig, als zu hoffen, dass dieser inflationäre Druck sich nicht weiter verschärft und sich gewissermaßen von selbst zumindest teilweise wieder zurückbildet. Das jedoch wird so schnell nicht der Fall sein, denn die vorläufig drastisch weiter steigenden Gas- und Strompreise werden zu ebenso drastischen Zweitrundeneffekten führen.

Die Wirtschaft hat die Resilienz, diese Preissteigerungen zumindest teilweise und jedenfalls auf lange Sicht aufzufangen, mittlerweile verloren.

Das Schüren von Ängsten vor einer Lohn-Preis-Spirale, mit der versucht wird, den Erwerbstätigen die Schuld an einer Inflation zu geben, die außer Kontrolle zu geraten droht, ist starker Tobak. Verantwortlich für diese Inflationskrise ist eine verfehlte Wirtschafts-, Geld- und Klimapolitik, die, anstatt die Inflation zu bremsen, diese sogar noch befeuert.

Die akute Gefahr, dass inflationäre Schübe außer Kontrolle geraten können und zu wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen führen, die selbst wirtschaftlich kerngesunde Unternehmen mit ihrer Existenz bezahlen und die Bürger mit Wohlstandseinbrüchen, wird solange bestehen bleiben, bis die Inflationsbremsen wieder in Stand gesetzt sind.

Dazu braucht es aber zunächst das Eingeständnis, dass die Wirtschafts- und Geldpolitik der letzten Jahrzehnte die realwirtschaftlichen Probleme, die sich in der Stagnation der Arbeitsproduktivität manifestieren, mit viel Geld zu übertünchen versucht hat, anstatt diese Probleme zu adressieren.

Ist doch alles Bestens?

Aber das scheint noch ein weiter Weg. Denn selbst die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland kommen nicht darüber hinweg, die faktisch noch immer bestehende relative Stärke der deutschen Unternehmen, als Beleg dafür zu betrachten, dass doch alles Bestens sei.

So behauptet der bereits erwähnte DIW-Präsident Fratzscher, der die Lohnforderungen im öffentlichen Dienst für überzogen hält, das Wachstum der Arbeitsproduktivität in Deutschland sei "weiterhin robust".

Die "hohe Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in der globalen Welt" sei in den "allermeisten Fällen nicht durch geringe Löhne und niedrige Preise" erklärbar, sondern durch hohe Produktivität und exzellente Qualität", und diese heile Welt wird noch schöner, weil nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Beschäftigten der deutschen Unternehmen "hoch produktiv und motiviert" seien.

Bis sich diese Realitätswahrnehmung ändert, sollten die Erwerbstätigen der Empfehlung des Ifo-Präsidenten Fuest folgen und zusehen, dass sie beim nun anstehenden "Verluste verteilen" möglichst gut wegkommen, indem sie nicht in Zweitrunden der Inflation hinterherrennen, sondern selbst vor die Welle kommen.

Um diese inflationäre Negativspirale zu durchbrechen, die von der Auseinandersetzung darüber, wer letztlich den Wohlstandsverslust trägt, angeheizt wird, müssen die Ursachen schleunigst angegangen werden.

Und die liegen in einer gelähmten Realwirtschaft, die die Fähigkeit eingebüßt hat den Wohlstand der erwerbstätigen Massen zu heben, und in einer Wirtschafts- und Geldpolitik, die einzig darauf ausgerichtet ist, dieses Problem mit immer mehr Schulden zu bemänteln und möglichst weit in die Zukunft zu verschieben.

Gastbeiträge geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Mit einer ausführlichen Analyse der Produktivitätsstagnation befasst sich das aktuelle Buch von Alexander Horn: Die Zombiewirtschaft - Warum die Politik Innovation behindert und die Unternehmen in Deutschland zu Wohlstandsbremsen geworden sind" mit Beiträgen von Michael von Prollius und Phil Mullan.

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