Die Spaltung des Unteilbaren
Wie sich ein einzelnes Photon in zwei Quasiteilchen spalten lässt - ein Prozess, der die Ausbeute von Sonnenkollektoren verdoppeln könnte
Die Energiegewinnung mit Hilfe von Solarzellen nutzt den photoelektrischen Effekt, für dessen korrekte Erklärung Albert Einstein 1921 den Nobelpreis erhielt. Heute gehört er zum Stoff der Schulphysik. Das Prinzip ist simpel: ein Lichtteilchen (Photon), das von einem Elektron absorbiert wird, verleiht diesem unter den richtigen Umständen ein Quantum Energie, das das nunmehr angeregte Elektron seinen Platz verlassen lässt.
Zunächst wurde der Effekt an Metalloberflächen beobachtet. Hier finden sich besonders viele freie Elektronen, und es ist einfach, die aus dem Metall herausgeschlagenen negativen Teilchen nachzuweisen.
Doch der photoelektrische Effekt funktioniert natürlich auch bei anderen Stoffen. In Solarzellen warten Halbleiter darauf, dass eintreffende Photonen Elektronen vom Valenzband über die Bandlücke hinweg ins Leitungsband befördern, wo sie als Strom nutzbar sind.
Allerdings gibt es hier ein Effizienz-Problem, das durch den gleichzeitigen Ablauf gegenläufiger Prozesse entsteht. Zum einen will man eine möglichst große Bandlücke, denn dadurch entstehen Elektronen mit hoher Energie (sie müssen ja einen größeren Bereich überwinden). Dafür braucht man energiereiches, also kurzwelliges Licht.
Die Shockley-Queisser-Grenze
Andererseits soll ein Teil möglichst großer Teil des Spektrums in elektrische Energie umzuwandeln sein. Dazu benötigt man eine möglichst kleine Bandlücke. Nur dann ist auch langwelliges Licht in der Lage, Elektronen ins Valenzband zu schicken. Leider haben diese Elektronen jedoch so wenig Energie, dass sie diese recht schnell wieder verlieren.
Wir haben zwar zunächst mehr Elektronen, doch ein Teil rekombiniert wieder. In der Summe ergibt sich eine fundamentale Grenze für die Effizienz von Solarzellen, die William Shockley und Hans-Joachim Queisser formuliert haben und die von Bandlücke und Spektrum abhängig um die 30 bis 40 Prozent liegt.
Die Shockley-Queisser-Grenze ist für den klassischen Effekt, bei dem aus einem Photon ein einzelnes angeregtes Elektron (Exziton) entsteht, praktisch nicht überwindbar (sie lässt sich allenfalls durch Kombination von Materialien mit verschieden großen Bandlücken ein wenig in die Ecke schieben). Doch es gibt Stoffe, die sich anders verhalten.
Vor allem in organischen Halbleitern dominiert ein Prozess, bei dem sich das durch ein energiereiches Photon angeregtes Exziton sehr rasch (binnen 80 Femtosekunden) spontan in zwei Anregungen jeweils halber Energie teilt. Diese Einzelexzitonen-Spaltung lässt sich nutzen, um pro Photon zwei Elektronen zu gewinnen. Damit würde sich die Effizienz von Solarzellen drastisch steigern lassen - wenn es nur gelänge, die Ladungsträger ähnlich effizient zu sammeln.
Exzitonen-Spaltung in Solarzellen
Auf dem Weg dorthin sind die Forscher schon relativ weit. Verschiedenen Teams ist es gelungen, den Prozess prinzipiell nachzuweisen. Bisher stand man allerdings vor einem Problem, das Physiker nicht gut schlafen lässt: Die quantenphysikalischen Abfolgen hinter der Spaltung des Unteilbaren waren unklar. Ein Aufsatz in Nature Chemistry bringt dazu jetzt neue Erkenntnisse.
Die Verfasser weisen darin experimentell nach, wie der Prozess auf Quantenebene funktioniert. Nach der Anregung durch das Photon entsteht offenbar zunächst eine Superposition zweier Zustände: der des die Energie aufnehmenden Elektrons und der daraus entstehenden, halb so energiereichen Exzitonen.
Die Superposition kennen wir von Schrödingers Katze, die zugleich lebendig und tot ist. Nach wenigen Femtosekunden stirbt die Katze - die Superposition bricht zusammen und das Ergebnis sind eindeutig zwei Exzitonen. Aber selbst dann greift die Quantenphysik weiter zu, denn die beiden sind miteinander verschränkt.
Eine Veränderung an einem hat also eine sofortige Änderung am anderen zur Folge. Die Forscher hoffen nun, dass ihnen diese Erkenntnisse beim praktischen Einsatz der Exzitonen-Spaltung in Solarzellen helfen.