Die Welt: Zu früh in Elon Musk verguckt?

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Der Tech-Milliardär wurde für seine provokanten Ansichten gefeiert. Nun wirft seine Unterstützung eines Holocaust-Leugners ein problematisches Licht auf Musk. Kommentar.
Mit Elon Musk hatte Die Welt, wie es schien, eine prima Reizfigur gefunden, um dem "Shitbürgertum" seine Begrenzungen vorzuhalten.
Die Führungsetage des Flaggschiffs des Springer-Verlags vermittelte den Eindruck, dass man dort mit einigem Vergnügen zusah, wie schwer sich das "juste milieu" mit Elon Musks Wahlempfehlung für die AfD auf den Seiten der Welt am Sonntag tat.
Wo empfindliche Lesarten Gründe für die Begrenzung der Meinungsfreiheit sahen, war für die liberalen Köpfe im Springer-Verlag glasklar, dass es hier um Meinungsfreiheit geht und um nichts anderes.
Ohnehin hielt man Musk auch deswegen in einiger Achtung, weil er eben, ganz ähnlich wie der Argentinier Milei mit der Kettensäge und eben ganz anders als die abgehobenen linken Bedenkenträger hierzulande, ein Macher ist, ein entschlossener Praktiker, entschieden und nah am Volk.
Nun wird’s aber etwas ungemütlich für Die Welt mit den Uneindeutigkeiten, die auch der Musk hat.
War der Clip auf X mit der grotesken Arm-Geste, die von Muskens Herz zum Himmel führte, begleitet von einem leidenschaftlich verkrampften Mund, noch leicht als Nebensächlichkeit oder "klassische Asperger-Übersprungshandlung" (Poschardt) abzutun, der viel über die Aufgeregtheit der Musk-Gegner ("der lächerliche Anti-Trump-Musk-Kindergarten") verrate, aber doch nichts über Elon Musks Verhältnis zu Hitler, so ändert sich da gerade etwas.
Es wird schwieriger. Der Glanzlack bröckelt.
"Schluss mit dem deutschen Schuldkult"
Als "absolut unterirdisch" bezeichnet Ulf Poschardt den gestrigen Musk-Auftritt beim AfD-Partei-Tag: "Musk lässt sich bei AfD-Wahlkampfauftakt zuschalten – und spricht von Julius Cäsar", so der Journalist und Medienmanager auf der Musk-Plattform X, die früher den schöneren Namen Twitter trug.
Julius Cäsars Ausführungen über die Germanen dürfte allerdings nicht das größere Problem sein, das Die Welt mit Musks neuen Lorbeeren bekommt. Die werden ihm gerade von "patriotischer Seite" umgehängt, als Ehre dafür, dass der US-Amerikaner "Schluss mit dem deutschen Schuldkult" machen will, von dem er keine Ahnung hat.
Zumindest zeigt er keine Spur einer historischen Kenntnis.
"Ein Denkfehler"
Ein Denkfehler, so kommentierte Mathias Döpfner die Musk-Werbung für die völkisch-nationale AfD – ein Denkfehler, der dem Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer "Angst macht".
Je mehr freie Rede es gibt, desto klarer treten die Dinge zutage. In diesem Sinne war auch Elon Musks Video-Auftritt beim AfD-Wahlkampfauftakt in Halle sehr hilfreich. Denn er entlarvt einen verbreiteten Denkfehler.
Musk sagte, es gebe "zu viel Fokus auf vergangener Schuld", man müsse das hinter sich lassen. Kinder sollten nicht schuldig für die Sünden ihrer Urgroßeltern sein und es sei "sehr wichtig, dass die Menschen in Deutschland stolz darauf sind, Deutsche zu sein".
Dies auf einer Wahlkampfveranstaltung zu sagen, und zwar zwei Tage vor dem Gedenktag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, in dem etwa eine Million Juden ermordet und industriell vernichtet worden sind – das macht mir Angst.
Der Kontext spielt auch deshalb eine besondere Rolle, weil die AfD die Partei ist, deren prominentester Vertreter Alexander Gauland gesagt hat: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte".
Mathias Döpfner, Der Denkfehler von Elon Musk
Noch einen Tick beängstigender wird es für die Musk-Fans in der Welt und bei Springer, wenn es um die Spuren geht, die der shooting-star der libertären Politikszene auf seiner Startrampe X hinterlässt, wenn es um die Leugnung des Holocaust geht.
Unterstützung eines Holocaust-Leugners
Mit Peter Sweden als "Vertreter des common sense" hat sich Musk jedenfalls einen seltsamen und gefährlichen Gefährten und Unterstützer für seine Meinungen ausgesucht: Mit "Mega, Mega" kommentiert Musk den Tweet des Rechtsnationalisten.
Peter Sweden ist ein Holocaust-Leugner, der so weitreichende geschichtliche Kenntnisse über die "guten Seiten Hitlers" hat, dass er, dessen common sense Musk schätzt, Nachrichten von Schwimmbädern und Kinos in KZs weiterverbreitet.