Die Zehn Gebote der Militärdoktrin auf dem Balkan

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Man kann die Militärdoktrin auf dem Balkan in einem Satz zusammenfassen: Schieße nur auf unbewaffnete Menschen, sie können nicht zurückschießen.

Hier sind Hauptvoraussetzungen der Doktrin, die ich die Zehn Gebote nenne und die während des kroatischen und bosnischen Krieges von "allen Seiten" begeistert in die Tat umgesetzt wurden:

  1. 1. Vermeide eine direkte Auseinandersetzung mit gegnerischen Militärverbänden.
  2. 2. Greife stattdessen stets zivile Ziele im Rücken des Feindes an.
  3. 3. Verbrenne, beraube, vergewaltige, plündere, massakriere, verstümmele Zivilisten, führe grausame Dinge durch, um den Feind zur Unterwerfung und Aufgabe zu bewegen. Wenn die ausländische Presse dich wegen irgendetwas anklagt, dann leugne es, behaupte, daß paramilitärische Gruppen dies getan haben, und weise schnell darauf hin, daß die andere Seite nicht besser ist (gib dafür Beispiele von ihren jüngsten Untaten und aus den historischen Aufzeichnungen barbarischen Verhaltens).
  4. 4. Wenn eine deiner Städte belagert wird, dann versorge die Verteidiger nicht mehr mit Munition und befiehl ihren Rückzug.
  5. 5. Evakuiere keine Zivilisten, lasse sie vom Feind verbrennen, berauben, plündern, vergewaltigen, massakrieren und verstümmeln.
  6. 6. Benutze das Filmmaterial von CNN, die westliche Presse und die Berichte von Bürgerrechtsorganisationen zu deinen Gunsten, um den Feind in den Augen deiner Gemeinschaft und der internationalen Öffentlichkeit als schlecht und barbarisch darzustellen.
  7. 7. Klage schnell alle Dissidenten des Hochverrats an, schließlich können die unabhängigen und objektiven westlichen Informationsquellen nur die unbestreitbaren Tatsachen berichten.
  8. 8. Nimm diejenigen gefangen, die die Verteidigung der Stadt "aufgegeben" haben und beschuldige sie öffentlich für die Niederlage.
  9. 9. Schicke einige Vertreter um die Welt, um über Hunderttausende von Flüchtlingen zu klagen, die man ernähren muß.
  10. 10. Mit dem gesammelten Geld bezahle man eine weitere Einziehung von Soldaten oder eine noch größere Polizeitruppe. (Es kann nicht genug Polizei geben, wenn man dieser Doktrin folgt. Letztendlich werden alle körperlich rüstigen Bürger zu Polizisten.) Laß die verdammten Flüchtlinge verrotten.

Jede Woche begehen 5 Flüchtlinge in Belgrad Selbstmord und sterben 10 an Hunger. Die Situation in Kroatien und Bosnien ist hinsichtlich der Doktrin nicht sehr verschieden: mit dem Geld, das die bosnische Regierung zum Bau von Häusern für zurückkehrende Flüchtlinge erhielt, bauten sie Polizeistationen. Und Tudjman wird die Wahlen in diesem Jahr als der Mann gewinnen, der schließlich Ostslawonien wieder nach Kroatien gebracht hat. Die Menschen aus Ostslawonien werden jedoch in Flüchtlingslagern zur Wahl gehen. Vergangene Beispiele für die Umsetzung der Doktrin gibt es reichlich: Kostajnica, Vukovar, Srebenica, Bihac, Bosanski Brod, Pakrac, Knin etc.

Was geschieht mit Radio 101?

Nichts. Der Konflikt von Radio 101 mit den Behörden war in seinen Grundlagen ganz anders als der von Radio B92 in Belgrad. Während Radio B92 "an sich" eine unparteiische Oppositionskraft in Serbien ohne Verbindungen zu irgendwelchen Oppositionsparteien ist, aber vom "Open Society Institute" finanziert wird, ist Radio 101 ein kommerzieller Radiosender, der zu 25 Prozent seinem Gründer - dem Stadtrat von Zagreb - gehört, was den Stadtrat zum größten Anteilseigner macht. In den letzten Jahren saß im Stadtrat keine HDZ-Mehrheit. Die Opposition bestimmte also die Show und die HDZ war gekränkt, daß der populärste Radiosender in Kroatien ihren politischen Feinden gehörte. Aus diesem Grund gab es die Versuche einer feindlichen Übernahme durch den Telekommunikationsauschuß der Regierung.

Jetzt, nachdem die HDZ bei den Wahlen in den letzten Monaten die Mehrheit der Sitze im Stadtrat mit einem halben Prozentpunkt (!) gewonnen hat, sollten wir meinen, daß sie dem Sender, den sie endlich besitzen, keine Schwierigkeiten bereiten. Vielleicht werden einige Personalveränderungen geschehen, aber nicht viel mehr. Seltsamerweise bevölkern die Mengen nicht die Straßen von Zagreb, um gegen den Sieg von HDZ zu protestieren. Die HDZ gewann in den meisten Kommunen, obgleich Meinungsumfragen einige Tage vor den Wahlen zeigten, daß sie verlieren werden. Dennoch bestritt niemand die Legitimität und Korrektheit der Ergebnisse. Peter Galbraith, der amerikanische Botschafter in Kroatien, lobte die Wahlen öffentlichen als fair. Nur die Serben in Ostslawonien erhoben Einspruch, aber jeder hatte erwartet, daß sie dies tun werden. Entweder haben die Kroaten wirklich so gewählt, wie sie gewählt haben, lagen alle Umfragen weit daneben, sind die Menschen mit dem Wahlergebnis zufrieden und sehen keinen Grund zum Protestieren, oder die Wahlen wurden verfälscht, wobei Tudjman die Menschen so scharf durch seine Spione und Polizisten kontrolliert, daß keine großen Proteste auf den Straßen möglich sind. In jedem Fall wäre es im nachhinein wahrscheinlich besser gewesen, wenn Radio 101 letztes Jahr von Globus aufgekauft worden wäre - doch zu dieser Zeit schien die Opposition in Zagreb niemals verlieren zu können.