Die Zwei-Staaten Lösung ist offiziell tot
USA legen in Sicherheitsrat Veto gegen UNO-Mitgliedschaft PalĂ€stinas ein. Damit sind westliche Bekenntnisse zur Zwei-Staaten Lösung unglaubwĂŒrdig. Ein Hintergrund.
Der FAZ ist es immerhin eine Randnotiz wert, doch die Tagesschau verzichtet komplett auf die Meldung: Am 18. April 2024 legten die USA im UN-Sicherheitsrat (UNSC) ihr Veto [1] gegen einen Resolutionsentwurf ein, der eine Vollmitgliedschaft PalÀstinas bei den Vereinten Nationen vorsieht. Damit scheiterte die Beschlussvorlage.
Zwölf MitgliedslĂ€nder des UNSC stimmten fĂŒr die Vorlage, die Schweiz und GroĂbritannien enthielten sich.
"Hintergrund ist die BefĂŒrchtung der Regierung in Washington, dass mit einem solchen Schritt faktisch ein PalĂ€stinenser-Staat anerkannt werden wĂŒrde", schreibt [2]. die FAZ.
Das klingt in der ErklĂ€rung [3] der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen ganz anders: "Die Vereinigten Staaten haben sich mit Nachdruck und Entschlossenheit fĂŒr eine palĂ€stinensische Eigenstaatlichkeit im Rahmen eines umfassenden Friedensabkommens eingesetzt, das den israelisch-palĂ€stinensischen Konflikt dauerhaft lösen wĂŒrde", heiĂt es da.
Möglichst keine allzu offensichtliche Ablehnung palÀstinensischer Staatlichkeit
Dabei ist man sich in Washington durchaus bewusst, dass dieses Veto die GlaubwĂŒrdigkeit der eigenen Lippenbekenntnisse zur Zwei-Staaten-Lösung weiter untergrĂ€bt. SchlieĂlich hatte man versucht, um eine derart klare Ablehnung palĂ€stinensischer Staatlichkeit herumzukommen.
The Intercept [4] berichtet, dass die USA schon im Vorfeld fĂŒr die Ablehnung des Entwurfs getrommelt hatte. In einem diplomatischen Telegramm vom 12. April werden die Argumente der USA gegen eine UN-Abstimmung ĂŒber die palĂ€stinensische Eigenstaatlichkeit detailliert aufgefĂŒhrt.
In einem zweiten Kabel vom 13. April, das von der US-Botschaft in Quito, Ecuador, verschickt wurde, geht es um die Zustimmung der ecuadorianischen AuĂenministerin Gabriela Sommerfeld zu der US-Position. Demzufolge hatte Sommerfeld den stĂ€ndigen Vertreter Ecuadors bei den Vereinten Nationen, JosĂ© De La Gasca, angewiesen, bei Japan, Korea und Malta (allesamt derzeit nicht-stĂ€ndige Mitglieder des Sicherheitsrats) fĂŒr die Ablehnung des Vorschlags zu werben. Auch das stĂ€ndige Mitglied Frankreich wird als Lobbyist erwĂ€hnt.
Ecuador sollte Stimmung gegen den Resolutionsentwurf machen
Derartige Manöver sind Standard im diplomatischen UN-Gerangel. ErwĂ€hnenswert sind sie nur deshalb, weil sie die Entschlossenheit Washingtons belegen, die Entstehung eines palĂ€stinensischen Staates zu verhindern, ohne dabei unangenehm aufzufallen. Dass Frankreich doch noch eingeknickt ist und letztlich fĂŒr den Resolutionswurf gestimmt hat, hat in diesem Zusammenhang trotzdem ein GeschmĂ€ckle.
Richtig unverschĂ€mt ist allerdings, dass die USA insinuieren, dass eine Anerkennung PalĂ€stinas durch die Vereinten Nationen den Konflikt anheizen könnte: "Als Mitglieder des Sicherheitsrats tragen wir eine besondere Verantwortung dafĂŒr, dass unsere MaĂnahmen der Sache des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dienen ..."
Erst umgekehrt wird ein Schuh draus. UN-GeneralsekretĂ€r AntĂłnio Guterres erklĂ€rte [5] vor dem UNSC, dass der andauernde Krieg im Gazastreifen sowie die jĂŒngsten Eskalationen zwischen Iran und Israel das Erreichen einer Zwei-Staaten-Lösung noch wichtiger gemacht hĂ€tten.
Ein völlig unabhÀngiger, lebensfÀhiger und souverÀner palÀstinensischer Staat
Es gelte "die BemĂŒhungen um einen dauerhaften Frieden zwischen Israel und einem völlig unabhĂ€ngigen, lebensfĂ€higen und souverĂ€nen palĂ€stinensischen Staat zu unterstĂŒtzen", betonte Guterres.
Wenn es nicht gelingt, Fortschritte auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu erzielen, werden die UnbestĂ€ndigkeit und das Risiko fĂŒr Hunderte von Millionen Menschen in der Region, die weiterhin unter der stĂ€ndigen Bedrohung durch Gewalt leben mĂŒssen, nur noch gröĂer.
Antonio Guterres, GeneralsekretÀr der Vereinten Nationen
"Wir haben alle möglichen echten Anstrengungen unternommen und unvorstellbare historische ZugestÀndnisse gemacht, um einen Frieden zu erreichen, der auf der Zwei-Staaten-Lösung basiert", sagte [6] fast schon resigniert Ziad Abu Amr, der palÀstinensische Vertreter bei den UN, in der Debatte.
PalÀstina hat seit 2012 Beobachterstatur bei den Vereinten Nationen und damit denselben Status wie der Vatikan.
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Links in diesem Artikel:
[1] https://twitter.com/UN/status/1781071672725934159
[2] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/israel-krieg-im-liveticker-us-veto-gegen-un-vollmitgliedschaft-fuer-palaestina-faz-19589481.html
[3] https://usun.usmission.gov/explanation-of-vote-at-a-un-security-council-meeting-on-palestinian-membership/
[4] https://theintercept.com/2024/04/17/united-nations-biden-palestine-statehood/
[5] https://www.middleeasteye.net/news/us-vetoes-palestine-full-member-united-nations
[6] https://www.npr.org/2024/04/18/1245641286/what-to-know-about-the-u-n-vote-on-whether-to-admit-palestinians-as-full-members
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