Die einzige Demokratie im Nahen Osten?

Seite 2: Besatzung beenden oder dieselben staatsbürgerlichen Rechte für Palästinenser

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Ob auch die Situation im Westjordanland und Gazastreifen eine Rolle für die Bewertung des politischen Systems Israels spielt, entscheidet sich dem Spezialisten für politische Systeme im Nahen Osten zufolge vor allem an einer Frage: Ist die Besetzung der Gebiete ein vorübergehendes Phänomen oder auf Dauer angelegt?

Nur im letzteren Fall müsse man das Besatzungsregime als Teil des politischen Systems Israels bewerten, so Beck. Für den anhaltenden Charakter spreche allein schon die schiere Dauer der Besatzung: So dauert die israelische Besatzung schon über ein halbes Jahrhundert und damit dreimal so lange wie Israel in den Grenzen von 1949 bis 1967 existierte.

Hinzu kommen weitere Indizien: Das Scheitern des Osloer Verhandlungsprozess in den 1990er Jahren und im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, der anhaltende Siedlungsprozess sowie die weitgehenden Einigkeit unter den großen politischen Parteien Israels - und dass große Teile des Westjordanlands dauerhaft unter israelischer Kontrolle verbleiben sollen. Beck kommt zu dem Schluss:

Alle Indizien verweisen also darauf, dass die israelische Herrschaft über das Westjordanland auf Dauer angelegt ist. In einer Demokratie müsste daher allen dort Wohnenden der uneingeschränkte Zugang zu den staatsbürgerlichen Rechten des politischen Gemeinwesens gewährt werden. Dies ist aber nicht der Fall.

Martin Beck

Zweifelsfrei war Israel lediglich für sechs Monate eine Demokratie

Während an der israelischen Besatzung des Westjordanlands kein Zweifel besteht, überrascht, dass Beck für den Gazastreifen zu einer ähnlichen Bewertung kommt. Schließlich hat Israel seine Soldaten im Jahr 2007 aus dem Küstenstreifen abgezogen und jüdische Siedlungen aufgelöst.

Beck argumentiert, dass Israel auch heute seine Kontrolle von Land, Luft und Wasser aufrechterhält und die Besatzungsherrschaft damit fortsetzt, ohne "den dort lebenden Menschen irgendeine Form demokratischer Mitwirkungsrechte zu gewähren".

Mit dieser Einschätzung ist Beck nicht allein. Auch die Vereinten Nationen und der Internationale Strafgerichtshof vertreten die Auffassung, dass die israelische Besatzung über den Gazastreifen andauert.

Für die Gesamtbewertung des politischen Systems Israels hat diese Frage allerdings ohnehin keine entscheidende Bedeutung mehr. Denn Becks Fazit fällt eindeutig aus: Zweifelsfrei um eine Demokratie gehandelt habe es sich bei Israel lediglich in einem kurzen sechsmonatigen Zeitraum zwischen der Abschaffung des Militärrechts für arabische Israelis im November 1966 und dem Beginn des Sechstagekrieges im Juni 1967.

Spätestens mit Beginn der Besatzungsherrschaft habe Israel seinen Charakter als Demokratie verloren. Für heutige Debatten rund um Israel empfiehlt der Nahost-Professor deshalb auf das Demokratieargument besser zu verzichten.