Die erstaunliche Personalpolitik des öffentlich-rechtlichen Senders rbb

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Sanfte Landung nach dem Gelbhaar-Skandal: Zurückgetretener Chefredakteur erhält Top-Position. Skandalsender wirft Fragen auf.
Es ist eine eigenartige Geschichte, die sich in der Meldung aus dem öffentlich-rechtlichen Sender rbb auftut.
Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass David Biesinger einen neuen Job erhält. Er habe kommissarisch die Leitung der Hauptabteilung Programmressourcen übernommen, berichtete Kress vom neuen Top-Job.
Erst Rücktritt, dann ein neuer Posten
Das Erstaunliche daran: Biesinger war eine Woche zuvor von seinem Posten als Chefredakteur zurückgetreten. Er begründete dies damit, dass ein "Neuanfang an der Spitze der Chefredaktion dazu beitragen (soll), die publizistische Reputation des rbb wieder herzustellen." Die Intendantin des Senders, Ulrike Demmer, habe das Angebot angenommen.
Offensichtlich, wie sich nun zeigt, verknüpft mit dem Angebot für einen Posten, der sowohl von der Verantwortung als auch von der Vergütung vergleichbar ist.
David Biesinger war infolge des sogenannten Gelbhaar-Skandals als Chefredakteur zurückgetreten. Er hatte damit als Konsequenz eingelöst, was man unter "politischer Verantwortung" versteht. Damit das große Wort nicht zur Floskel verkommt.
Der Gelbhaar-Skandal wurde an dieser Stelle schon einmal dargestellt.
Personelle Folgen des Gelbhaar-Skandals
Es geht dabei um eine Falschbehauptung, die der rbb im Zusammenhang mit Vorwürfen sexueller Belästigung durch einen Berliner Grünen-Politiker ungeprüft übernommen hatte. "Uns ist als rbb in der Recherche ein Fehler unterlaufen. Journalistische Standards sind nicht vollumfänglich eingehalten worden", räumte der Sender selbst ein.
Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar hatte aufgrund der Vorwürfe gegen ihn seine erneute Kandidatur für den Bundestag zurückgezogen. Es stellten sich Fragen, wie der rbb den Skandal aufarbeiten würde, zumal sich schon im Laufe der vergangenen Woche abzeichnete, dass der Rücktritt von rbb-Chefredakteur David Biesinger weich aufgefangen würde.
Auch die Programmdirektorin Katrin Günther soll, obwohl sie ihr Amt ebenfalls niedergelegt hatte, erst einmal bleiben: "Bis zu einer Neubesetzung an der Spitze der Programmdirektion soll Günther diese kommissarisch führen" (Digitalfernsehen.de).
David Biesinger hat eine neue Aufgabe im Sender, zeigte sich dann Ende der Woche.
Wie der RBB am Freitag mitteilte, übernimmt der bisherige Chefredakteur kommissarisch die Leitung der Hauptabteilung Programmressourcen. Demnach soll er die Aufgabe so lange übernehmen, bis diese "im Rahmen des Zielbildprozesses im kommenden Quartal neu ausgeschrieben wird".
DWDL
Was steht im Untersuchungsbericht?
Stellt sich die Frage, wie genau man es mit Zielbildern und den dazu gehörigen Prozessen beim rbb nimmt. Denn zur Aufarbeitung des Gelbhaar-Skandals hat die Intendantin des Senders einen Untersuchungsbericht in Auftrag gegeben, der bis zu 60.000 Euro kosten darf.
Die Ergebnisse liegen dem Sender bereits vor, wie DWDL schon vor knapp zwei Wochen berichtete. Allerdings dürfen sie nicht veröffentlicht werden – nach Angaben des Senders stünden dem datenschutz- und arbeitsrechtliche Belange entgegen.
Der Sender weiß also, davon ist auszugehen, Genaueres über die Verantwortlichkeiten, die zum Skandal führten, etwa, dass man sich bei der Berichterstattung auf eine eidesstattliche Erklärung einer Frau bezog, die besonders schwere Vorwürfe erhoben hatte und die wohl gar nicht existiert. "Der RBB hatte ihre Identität nicht ausreichend geprüft" (DWDL).
Leichtigkeit bei der politischen Verantwortung?
Man könnte unterstellen, dass der Chefredakteur bei einer derartig schwerwiegenden Sache, wie bei einem solchen Vorwurf gegen einen Politiker, Kenntnis vom Vorgang hatte.
Zu klären wäre, ob und welche Fehler er begangen hat. Der Rücktritt, mit dem er politische Verantwortung übernimmt, legt zumindest nahe, dass seine Rolle im Geschehen derart war, dass ein Schritt mit dieser Tragweite nötig wurde. Warum sonst wäre er zurückgetreten.
Wie ist aber nun zu bewerten, dass Biesinger ein neuer, offenbar adäquater Posten angeboten wird?
Fragen
Der Sender müsste es wissen. Warum stellt er einen neuen Posten zur Verfügung, bevor die Sache öffentlich aufgeklärt ist? Sehen der Sender und Biesinger die Sache jetzt anders? Das wüsste man gerne.
Die Öffentlichkeit erfährt aber nichts davon. An dieser Stelle wäre der neue rbb-Rundfunkrat gefragt. Bei der ersten Sitzung (hier ab 18:05) gab es nichts Neues zum Gelbhaar-Bericht für die Öffentlichkeit. Man könne noch nichts offenlegen, wie es heißt. Also abwarten bis zur nächsten Sitzung. Wird da Hitze rausgenommen?
Der Kredit, den der Sender rbb in der Öffentlichkeit hat, ist nicht gerade üppig.
Wie wird er seine Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit wiederherstellen? Mit Transparenz in der Personalpolitik?
Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter?