Die neue Freiheit der Grünen

Seite 2: Ein politisches Programm

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Habeck skizzierte das politische Programm einer neuen Integration der Gesellschaft, durch die Verbindung von Freiheit und Gerechtigkeit im öffentlichen Raum. Die Gesellschaft müsse vom Zentrum aus, nicht von den Rändern her gedacht werden, sie dürfe niemanden abschreiben und vergessen.

Eine integrative Gesellschaft heißt streiten, heißt streiten können, heißt Versöhnung wollen, heißt Zweifel zuzulassen, heißt nicht jede Frage gleich mit einer Antwort zudröhnen, heißt Gemeinsamkeit der Verschiedenen. .

Robert Habeck

Dafür müsste ein solches Programm Konzepte entwickeln, das Geld, aber auch die Institutionen schaffen.

In der Praxis tritt Habeck unter anderem dafür ein, die Agenda 2010 auszusetzen, ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine garantierte Grundrente einzuführen. Emissionen sollen weitaus stärker besteuert werden,

Die Belohnung dieser phänomenalen Rede waren über 80 Prozent der Delegiertenstimmen. 13 % stimmten mit Nein, 4.99 % Mit Enthaltung.

Und Baerbock?

Immerhin zwei Drittel der Parteitags-Stimmen bekam die ebenfalls vorher als Reala bezeichnete Annalena Baerbock. Auch ihr Auftritt zeigte, dass diese Schubladen von Vorgestern keinen Sinn machen, um die Grünen von heute zu beschreiben. In Lederjacke und Stiefeln, mit rauchiger Stimme ähnelte Baerbocks kesser Auftritt fast einem Rockstar.

In ihrer Rede sprach sie eher grüne "Kernthemen" an: Ökologie, Klimapolitik, aber wie Habeck auch soziale Gerechtigkeit, Kinderarmut, was sie geschickt mit dem Topos des Kindernachzug und dem Stellenwert von praktischer Humanität verband.

Baerbock wird neben Habeck problemlos gleichberechtigte Vorsitzende sein, denn als Mitglied im Bundestag hat sie viel größere politische Bewegungsfreiheit als der Kieler Minister.

Kaum gewählt wird erwartbar an Personal und Inhalten gemeckert: Die Wähler der Grünen seien Besserverdienende ist von der Neidfraktion zu hören, als ob die Linke nicht überhaupt seit jeher zu einem wesentlichen Anteil aus Bürgerkindern bestehen würde. Die soziale Frage sei ein Profilierungsfeld der Linken und der SPD - als ob beide Parteien nicht genau diese ihre Kernkompetenz längst verschleudert hätten. Zu hören ist auch Habeck sei "ein Sozialromantiker und knallharter Umverteiler."

Es sind die Feinde der Grünen, die so reden.

Es gibt zwei größere medial-gesellschaftliche Gruppen, die dem neuen Führungsteam keinen Erfolg wünschen, die es fertigmachen wollen.

Zum einen die bürgerlichen Rechtsliberalen und FDP-Anhänger. Denn sie wissen: Niemand verkörpert gegenwärtig besser die klassischen Werte des Liberalismus, den Kampf um Bürgerrechte, das Festhalten an Aufklärung, an Kosmopolitismus - dass was zu Zeiten von Ralf Dahrendorf, Karl-Hermann Flach, Walter Scheel, Werner Maihofer und Gerhart Baum einmal Kernkompetenz der FDP und deren sozialliberaler Flügel war.

Die "Welt" wird dabei richtig untergriffig und nimmt sich die Romane des Freizeitschriftstellers vor: "Aber war Habeck auch ein bedeutender Schriftsteller? Eher nicht. Falls er sich nicht noch zu einem fulminanten Spätwerk aufrafft, wird er nicht einmal als Fußnote in die Literaturgeschichte eingehen. Dazu sind seine Bücher zu sehr von Genre-Konventionen bestimmt und zu wenig Dichtung."

Der andere Feind Habecks ist die radikale Linke, es sind die, die noch immer den Jutta von Ditfurths, Thomas Ebermanns und ihren Ökofundis nachtrauern und von denen es in den Grünen noch mehr gibt, als manchen recht ist.

Sie werfen die Grünen mit der CSU in einen Topf - Hauptsache das Feindbild stimmt. Oder sie entwickeln das Konzept einer linken politischen Romantik, nach der die "Risse, die sich durch die kapitalistische Gesellschaft ziehen", erst offen gelegt und dann noch "vertieft" gehören, bevor man sie - wie jetzt nochmal? - "durch die Transformation in eine nichtkapitalistische Gesellschaft" überwinden will.

Den linken Flügel nach dem die sich sehnen, wird am ehesten noch von der scheidenden Vorsitzenden Simone Peter repräsentiert. In ihrer Abschiedsrede rief Peter die üblichen eindimensionalen Parolen, mit denen man gut eine Demo organisieren, aber keine praktische Politik machen kann:

Schluß mit den Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete. Waffen, die töten. Das Problem heißt Rassismus. Nicht die Flüchtlinge, nicht der Islam, nicht Nordafrika, Rassismus ist das Problem.

Simone Peter

Das interessiert doch niemanden. Aber mit "Gendermainstreaming bleibt Programm, Klimaschutz bleibt Kernthema, und Politische Korrektheit bleibt unser Prinzip" kann man tatsächlich schnell mal zwei, drei Wählerprozente verlieren.