Digitaler Euro: Wird unser Geld künftig ferngesteuert?

Symbolbild: gefesselte Hand, die eine digitale Geldmünze hält

EZB möchte "Digitalen Euro" bis zum Jahr 2027. Offiziell soll er Bargeld und Sichteinlagen ergänzen. Doch die Möglichkeiten wecken Befürchtungen.

"Wie mit dem digitalen Euro Ängste geschürt werden", beruhigt die Tagesschau das Publikum angesichts der Tatsache, dass Christine Lagarde, die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) das Ende der Vorbereitungsphase für die Einführung des digitalen Euro für Oktober 2025 ansetzt.

Noch sei nichts entschieden und die Rahmenbedingungen für eine Digitalwährung der Europäischen Zentralbank (Central Bank Digital Currency, CBDC) müssten erst noch ausgehandelt werden.

Klar ist, der Digitale Euro wird kommen, so sieht es eine EU-Verordnung von 2023 vor. Eingeführt wird die digitale Währung schrittweise voraussichtlich ab 2027.

EU-Finanzminister machen Druck

Als Begründung für die Notwendigkeit einer europäischen CBDC wird einerseits angeführt, dass sie überall einsetzbar ist. Der Digitale Euro, oder D€, wie die EZB es abkürzt, soll genauso viel wert sein wie das Bargeld. Er würde es ermöglichen, in Geschäften zu bezahlen oder Geld an Freunde und Familie zu senden – auch offline, betont die Bundesbank.

Die Politik ist andererseits aber vor allem besorgt um die finanzielle Souveränität des Euroraums. Die neue Währung werde Europa unabhängiger von außereuropäischen Finanzdienstleistern machen. Andernfalls könnte das Zahlungssystem der EU noch stärker unter US-Kontrolle geraten.

Der irische Finanzminister und Vorsitzende der Eurogruppe, Paschal Donohoe, stellte auf einer Sitzung der Eurogruppe fest, dass sich die Märkte für Krypto-Vermögenswerte sowohl politisch als auch technologisch rasant weiterentwickeln. Die Diskussionen um den digitalen Euro seien grundlegend mit unserer eigenen Autonomie und der Widerstandsfähigkeit unserer Währung verbunden.

Finanzielle Souveränität angeblich bedroht

Auf dem gleichen Finanzministertreffen äußerte Pierre Gramegna, Geschäftsführer des Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Befürchtung, dass das bald kommende US-GENIUS-Gesetz zur Regulierung von Stablecoins, Silicon-Valley-Tech-Giganten ermutigen könnte, ihre eigenen Stablecoins zu starten, wie Meta dies einst mit der Libra angedroht hatte.

Die europäische Souveränität stehe auf dem Spiel, denn die monetäre Souveränität und die finanzielle Stabilität des Euroraums könnten beeinträchtigt werden.

Auch in China hat der Schwenk der Trump-Administration hin zu Stablecoins für Aufmerksamkeit gesorgt. Hier fürchtet man, dass die US-Initiative den Gebrauch des Yuans wieder zurückdrängen könne. Peking hat zwar einen digitalen Yuan gestartet, aber bei dessen Einführung hat es Schwierigkeiten gegeben und als Massenzahlungsmittel ist der e-CNY ohnehin nicht zugelassen.

Rollout von CBDCs alles andere als simpel

Auch die Rollouts von CBDCs in Ländern wie Nigeria, Jamaika und den Bahamas zeigen, dass die mit dem digitalen Geld verbundenen Schwierigkeiten erheblich sind. Australien beispielsweise schränkt die Anwendung von vorneherein auf den Großhandel und das Bankenwesen und dort ausschließlich für große, insbesondere grenzüberschreitende Transaktionen ein.

Laut einer Umfrage bei 34 Zentralbanken, die im Februar vom Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF) veröffentlicht wurde, stieg der Anteil der Zentralbanken, die weniger als im letzten Jahr geneigt sind, CBDCs auszugeben, von null im Jahr 2022 auf immerhin 15 Prozent.

Wenn der D€ kritisiert wird, geht es häufig um die Frage ob das Bargeld erhalten bleibt und ob die Privatsphäre bei Transaktionen ausreichend geschützt ist. Doch beide Fragestellungen werden den Möglichkeiten einer digitalen und damit prinzipiell auch programmierbaren Währung nicht gerecht. Zu fragen ist eher, ob man die Annahme digitaler Euros wird verweigern können.

Digitaler Euro soll nicht programmierbar sein

Denn digitale Euros ließen sich theoretisch nicht nur mit Funktionen ausstatten, die Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und andere ungenehmigte Transaktionen extrem erschweren würden. Dazu brauchen die persönlichen Daten der Missetäter nicht einmal unbedingt namentlich bekannt zu sein. Denkbar ist auch eine Blockade von Zahlungen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen, die von der Regierung gerade als unerwünscht erachtet werden.

Bußgelder, wie für Geschwindigkeitsüberschreitungen oder bei Rot über die Straße gehen, könnten in Echtzeit verhängt werden, wenn CBDC-Konten mit einem Netzwerk von Smart City-Überwachung verbunden wären.

Staatliche Zuwendungen, etwa für E-Autos oder das Kindergeld, Steuerrückerstattungen oder das Bürgergeld werden heute schon auf Konten ausgezahlt. Aber ein Digitaler Euro würde es den Behörden ermöglichen, mit viel höherer Auflösung zu operieren.

Vielfältige Möglichkeiten

Andere mögliche Programmierungsanwendungen schließen das Setzen von Verfallsdaten für staatliche Zuwendungen oder Sozialleistungen ein, um Nutzer dazu zu bringen, diese zügig auszugeben.

Schließlich könnten neuartige Sanktionen, wie etwa die vorübergehende Sperrung digitaler Vermögenswerte, das Strafgesetzbuch bereichern. Dabei könnten theoretisch sogar die zwischengeschalteten Banken umgangen werden, bei denen die Digitalen Euros lagern.

Zwar versichert die EZB, dass der digitale Euro nicht programmierbar sein wird, aber kann man diesem Wort trauen? Das ewige Hickhack etwa um die Vorratsdatenspeicherung weckt schlimme Ahnungen.