Dollar-Exit: Wie China sein Staatsvermögen neu ordnet

Das Gebäude der Chinesischen Zentralbank.

Die Chinesische Zentralbank. Foto: Shan_shan, shutterstock

China reduziert massiv seine US-Staatsanleihen. Grund ist die Sorge vor möglichen US-Sanktionen. Was soll mit 3,3 Billionen US-Dollar geschehen?

Peking sollte seine Strategie im Umgang mit den Devisenreserven Chinas in Höhe von 3,3 Billionen US-Dollar dringend anpassen, fordert zum Beispiel Zhang Ming, der stellvertretende Direktor des Instituts für Finanz- und Bankwesen der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Und er ist nicht allein.

Wie die South China Morning Post schreibt, haben mögliche zukünftige Sanktionen der USA schon vor der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten in Peking politischen Kreisen Alarm ausgelöst.

Chinas Devisenreserven sind die größten der Welt und werden durch hohe Exporterlöse ermöglicht. Im September beliefen sie sich auf 3,316 Billionen US-Dollar. Peking legt deren aktuelle Zusammensetzung nicht offen. Die letzte Zahl, die bekannt wurde, stammt von 2019, und da wurden 55 Prozent der Reserven in US-Dollar gehalten.

Chinas Devisenreserven sind die größten der Welt

Der Rest ist auf andere bedeutende Währungen, aber auch auf Metalle wie vor allem Gold aufgeteilt, das mittlerweile für vier Prozent der finanziellen Reserven der Chinesischen Volksbank stehen dürfte.

Allgemein wird angenommen, dass die Dollar-Reserven weiterhin das Gros ausmachen. China hat seine Bestände an US-Staatsanleihen in den vergangenen drei Jahren allerdings um etwa ein Drittel gesenkt, was die Bestände auf 774,6 Milliarden US-Dollar reduziert hat. Allein im August hat Peking US-Anleihen in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar abgestoßen.

Die umfassenden finanziellen Sanktionen, die die USA und ihre Verbündeten nach der Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 verhängt haben, lösten in China große Besorgnis ausgelöst. Denn die USA würden nicht zögern, auch Chinas Geschäftsbanken zum Beispiel wegen ihrer Geschäftsbeziehungen zu Russland oder aus anderen Gründen zu sanktionieren.

Russland musste seinerzeit das Einfrieren von etwa 300 Milliarden US-Dollar an Devisenreserven hinnehmen sowie den Ausschluss aus dem internationalen Zahlungssystem Swift.

Stärkere Diversifizierung ausländischer Vermögenswerte

Angesichts solcher Risiken fordert Zhang eine stärkere Diversifizierung der ausländischen Vermögenswerte. Der Wissenschaftler schlägt vor, einen neuen staatlichen Pensionsfonds einzurichten, um die Investitionen aus den Devisenreserven zu diversifizieren. Dieser Vorschlag ist mindestens insofern sinnvoll, als Devisenreserven gebundenes Kapital darstellen, das von produktiveren Verwendungen ausgeschlossen bleibt.

Staatsfonds werden zudem oft genutzt, um Ländern eine dezentrale Herangehensweise an Investitionen in ausländische Vermögenswerte mit einem diversifizierten Portfolio zu ermöglichen. Im Jahr 2007 gründete Peking die China Investment Corporation, einen Staatsfonds, der einen Teil von Chinas Devisenreserven verwaltet und etwa 200 Milliarden US-Dollar verwaltet.

Die Sorge um die Sicherheit der Devisenreserven und um mögliche Sanktionen liefert ein wesentliches Motiv, um sich so weit wie möglich vom Dollar abzukoppeln. Doch es gibt auch gute Gründe für Peking, den US-Dollar auf den Weltmärkten aktiv zu verdrängen.

Mehr Yuan-Kredite für den Globalen Süden

Mehr Yuan-Kredite im Ausland anzubieten, fordert laut South China Morning Post die Nationale Akademie für Entwicklung und Strategie. China solle die Hauptquelle für Liquidität für Entwicklungsländer werden.

Peking solle sich darauf konzentrieren, Entwicklungsländern eine Schuldenfinanzierung in Yuan anzubieten, um die globale Entdollarisierung voranzutreiben. Dafür müsse China zur dominierenden Quelle für Liquidität für Entwicklungsländer im weltweiten Anleihemarkt werden.

Diese Internationalisierung des Yuan werde dem Globalen Süden zugutekommen, insbesondere im Hinblick auf Währungsungleichgewichte. Dass der US-Dollar als Sanktionsinstrument und damit als Waffe eingesetzt wird, gefährde die globale finanzielle Stabilität.

Schieflagen durch Zins- und Wechselkursschwankungen

Länder, die große Vermögenswerte in Yuan halten, ihre Schulden weiterhin in US-Dollar aufnehmen werden leicht in eine Schieflage geraten können: Steigt der US-Dollar und fällt demzufolge der Yuan, wird die Bedienung der in US-Dollar denominierten Schulden vieler Entwicklungsländer teurer, während ihre Yuan-Vermögenswerte an Wert verlieren.

Zudem bergen Zinsschwankungen in den USA oder Wechselkurskapriolen, wie die jüngste nach den US-Wahlen, erhebliche Risiken für Volkswirtschaften, die ihre Schulden in US-Dollar zurückzahlen müssen.

Neben der Förderung der Nutzung des Yuan im Ausland, vornehmlich bei Auslandsinvestitionen, Handelsabwicklungen und als Reservewährung, strebt Peking auch danach, sein grenzüberschreitendes Interbank-Payment-System zu stärken, digitale Währungen mittels internationaler Kooperationsprojekte wie mBridge stärker zu nutzen.

Recht enge Grenzen für Pekings währungspolitische Ambitionen

Zwar sind Pekings Ambitionen für den Yuan also immer noch recht enge Grenzen gesetzt. Vor allem im Westen wird die chinesische Währung absehbar eher an Bedeutung verlieren. Deshalb müsse Peking helfen, die Finanzmärkte des Globalen Südens zu entwickeln und den Anteil der Yuan-Schulden weltweit zu erhöhen.

Fortschritte bei der Globalisierung des Yuan sind bisher hauptsächlich in wohlhabenden Ländern des Nahen Ostens erzielt worden. Ihre Volkswirtschaften sind unempfindlich gegenüber Änderungen der US-Zinsen, da sie relativ wenige in US-Dollar denominierte Schulden haben. Yuan-Vermögenswerte gewinnen damit an Attraktivität.

Derzeit liegt der Yuan bei internationalen Zahlungen mit einem Anteil von 3,61 Prozent an fünfter Stelle. 47 Prozent aller Zahlungen weltweit werden nach wie vor in US-Dollar und 22,5 Prozent in Euro getätigt. Auch das britische Pfund und der japanische Yen rangieren diesbezüglich noch vor dem Yuan.

Interessanterweise glauben die Fachleute in Peking nicht an eine erfolgreiche finanzpolitische Zusammenarbeit mit der EU. Ihnen gilt der Euro daher als ungeeignet, um ein pluralistisches internationales Währungssystem einzuführen. Daher setzt China auf die Internationalisierung des Yuan.

Momentan fördern vordergründig die ganz großen chinesischen Unternehmen die Internationalisierung des Yuan. Unlängst gab die China National Offshore Oil Corporation eine Vereinbarung über die Yuan-Abwicklung von Flüssiggas-Handelsgeschäften mit PTT bekannt, Thailands nationalem Ölunternehmen.