Drogenhöhle Internet

Laut dem Bericht einer UN-Behörde ist das Internet ein Hort der Drogenkriminalität, wo Jugendliche zum Drogenkonsum verführt werden

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Junge Menschen sind von Drogendealern im Internet ausgehenden Risiken ausgesetzt, sagt das International Narcotics Control Board in seinem Jahresbericht. Das International Narcotics Control Board (INCB) ist ein unabhängiges Kontrollorgan, das über die Umsetzung der Drogenkonventionen der Vereinten Nationen wacht. In seinem Bericht warnt der INCB, dass Drogenhändler private Internet-Chat-Räume benutzen, dass Bauanleitungen für selbstgemachte Drogenlabors im Internet kursieren und rezeptpflichtige Medikamente via Internet verkauft werden. Das seien allerdings, laut einer begleitenden Pressemeldung, "nur einige der Herausforderungen, die von Globalisierung und neuen Technologien ausgehen." Die Regierungen werden dazu aufgerufen, Gegenmaßnahmen einzuleiten und Überlegungen für eine Cybercrime-Konvention der UNO - nach dem Vorbild des Europarates - werden angeregt.

Laut dem INCB-Bericht wird das Internet zunehmend als Medium für den Austausch von Nachrichten und Informationen gebraucht, die den Drogenmissbrauch begünstigen. Besonders junge Leute seien laut der INCB-Studie gefährdet. Im Internet gäbe es detaillierte Instruktionen für die Herstellung synthetischer Drogen, Besprechungen von Büchern über ein weites Gebiet an Drogen-Themen, wie z.B. den Zugang zu international kontrollierten Chemikalien oder wie man ein Drogenlabor einrichtet, nicht zuletzt auch Angebote an Büchern mit den vielfältigsten Drogenrezepten. "Junge Menschen können in drogenbezogene Verbrechen verwickelt werden, durch Fehlinformation, Propaganda oder die Gehirnwäsche durch ungesehen bleibende Individuen, deren Ziel es ist, aus einer größeren Zahl von Drogenkonsumenten Profit zu schlagen," heißt es in dem Bericht.

Die wahrscheinlichen Folgen dieser Entwicklungen seien, laut dem INCB, "alarmierend". "Da wäre einmal die potenzielle Ausweitung des Drogenmissbrauchs als Ergebnis einer Anstiftung zur Produktion und Missbrauch von Drogen als Mitglied eines großen Klubs, dessen Mitglieder sich gegenseitig dabei unterstützen und ermutigen," heißt es in dem Bericht. Eine weitere alarmierende Entwicklung sei die "Amateurisierung" der Drogenproduktion und anderer krimineller Vergehen im Zusammenhang mit Drogen."

"Zukünftige Drogen-Chemiker oder Produzenten benötigen keine speziellen Kontakte und müssen auch nicht an einem bestimmten Ort leben, um Zugang zu Drogen zu haben; mit dem Gebrauch von Suchmaschinen können Internetnutzer Kontakt mit Gleichgesinnten aufnehmen, die an anderen Orten überall auf der Welt leben, und sie können Ressourcen ausfindig machen, die ihnen sonst entgehen würden."

Darüber hinaus stellt der Bericht auch fest, dass organisierte Verbrecherbanden manche Geschäftspraktiken legaler Wirtschaftszweige nachmachen, um die Effizienz ihrer Unternehmungen zu verbessern. So haben z.B. in Australien Drogenhändlern ihren Kunden angeboten, über eine Firmenwebsite den Status der per weltweitem Courier-Dienst verschickten Drogenpakete zu beobachten.

Der Bericht sagt, dass Strafverfolger Probleme bei der Verfolgung des Drogenhandels im Internet hätten. Westliche Regierungen hätten generell dabei versagt, Gesetze gegen drogenbezogene Verbrechen im Internet zu erlassen. Die Zusammenarbiet zwischen Strafverfolgungsbehörden und Internet-Zugangs-Dienstleistern sei nur auf einer freiwilligen und informellen Basis gegeben. Das größte Problem für die Strafverfolger sei laut dem Bericht aber die Benutzung von Verschlüsselung durch die Drogenhändler. "Ohne die Fähigkeit, Botschaften abzufangen und auch im Klartext zu lesen, haben die Strafverfolger ein ernsthaftes Handikapp bei der Vorbeugung, Aufklärung und Verfolgung." Bedenklich sei auch die Nutzung von Online-Banking und anderen E-Commerce-Diensten für den Zweck der Geldwäsche. In einigen Fällen hätten Drogenbanden High-Tech sogar benutzt, um Zoll- und Polizeibeamte auszuspähen.

Der Bericht ruft Regierungen zu energischerem Handeln auf und gibt dazu eine Reihe von Empfehlungen: spezialisierte, abteilungsübergreifende High-Tech-Einheiten sollten auf nationaler Ebene geschaffen werden. Mehr Länder sollten sich dem "24/7 Netzwerk" der G7/8-Staaten anschließen. (Die G8 unterhalten seit Anfang 2001 rund um die Uhr besetzte Büros für Informationsaustausch über Cybercrime). Die Regierungen werden gedrängt, die Cybercrime-Konvention des Europarates zu ratifizieren. Und nicht zuletzt wird dazu aufgefordert, über eine Cybercrime-Konvention der Vereinten Nationen nachzudenken.

Übersetzt aus dem Englischen von Armin Medosch