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Eine Sprache vom Sirius? Symphonie der arabischen Zahlen in der chinesischen Internetsprache
Eine Sprache vom Sirius?
"Welch ein Mangel von Erfindungskraft im Großen und welche unselige Feinheit in Kleinigkeiten gehörte dazu, dieser Sprache aus einigen rohen Hieroglyphen die unendliche Menge von achtzigtausend zusammengesetzten Charakteren zu erfinden, in welchen sich nach sechs und mehr Schriftarten die Sinesische Nation unter allen Völkern der Erde auszeichnet", so heißt es bei J. G. Herder (1744-1803) in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit.
"Die Chinesen sind gar kein Volk, sie sind eine bloße Menschheit", behauptet F. W. J. Schelling (1775-1854). Selbst die monosyllabische chinesische Sprache, in der die "siderische Kraft" der Ursprache wohne, sei "wie eine Sprache aus einer andern Welt". (Philosophie der Mythologie)
Wie würden die beiden großen Deutschen die neue Sprache im chinesischen Internet kommentieren, hätten sie Möglichkeiten, im Cyberspace einen chinesischen Chatroom zu besuchen? Da begegnet man andauernd einem Mixtum compositum aus Chinesisch, Englisch, Arabisch oder auch Japanisch, wobei die fremdsprachlichen Begriffe oder Begriffspartikel zumeist noch als "Übersetzung" und Abkürzung erscheinen. Entdecken wir hier eine Sprache vom Sirius?
Die Mutmaßung ist so neu nicht, wurde "der Chinese" doch schon lange vor Herder und Schelling gelegentlich als "gänzlich anderer" Mensch angesehen, gleichsam als ein Geschöpf vom Sirius. Chinas Bevölkerung galt ja nicht selten in der Geschichte der interkulturellen Kontakte, um noch einmal mit Schelling zu sprechen, als "eine zweite Menschheit".
Wenn der Frosch allein spöttelt
Gestern abend kam mein GG [gege: Bruder] mit seinem GF [girl friend] zu uns zum Abendessen. Wie GG und GF bei Tisch meiner Mutter PMP [pai mapi: schmeichelten], war wirklich sehr BT [biantai: abnormal]. 7456 [Es hat mich wirklich geärgert]. Ich hab nur sehr wenig gegessen und sagte 886 [Tschüß] zu ihnen. Dann ging ich ins Internet, um mit meiner MM [meimei: Freundin/kleinen Schwester] zu chatten.
Dies ist der Anfang eines Tagebuchs eines 11-jährigen Schülers aus Changchun. Die Sprache ist durchsetzt mit lateinischen Buchstaben (genutzt als Abkürzungen von chinesischen oder englischen Lauten) und arabischen Zahlen; daneben gibt es natürlich chinesische Zeichen. Derartige Sprachübungen genießen in chinesischen Chatrooms bereits "gewohnheitsrechtliche" Akzeptanz. Eine Untersuchung zeigt, dass viele Chatroom-Teilnehmer ziemlich stolz auf ihre erfinderische Durchsetzung eines neuen Jargons sind. Ohne Anmerkungen kann ein normaler Leser wohl gar nicht begreifen, wovon die Rede ist, wie auch der folgende Dialog in einem Chatroom zeigt:
Wo sind GG und MM bloß heute hingegangen? 7456. Keiner ist da; ich kann nur 886.
Moment bitte. 8147 [Ärgere dich nicht]. BB [baobei: Schatz; oder auch englisch: Baby], wir beide können doch chatten.
Ein anderer Text lautet:
7456. TMD [ta ma de: Verdammt noch mal]. Warum kommen sowohl die Garnellen [Internet-Profis] wie auch die Gemüse-Vögel [Laien im Netz] zu meinem Trockner [hong pei ji, Homophon: Homepage], um hier Wasser aufzufüllen [überflüssige Botschaften auf den bulletin boards zu veröffentlichen]? So 94 [ist es]. Ich komme nachher noch zurück, um Eisen zu schmieden [an BBS teilnehmen]. 886!" (Anmerkung: Die hier benutzten Versatzstücke des neuen Jargons sind bereits alltägliche Ausdrücke in Chaträumen.)
Das ist aber langweilig, wenn der Frosch für sich allein spöttelt; oder, wenn man nicht weiß, wie es mit dem Drachen ist. Zigaretten und Alkohol können wohl die Einsamkeit begleiten. Aber, nur wenn alle zusammenkommen und Freude und Leid teilen, dann ist das millionenfach befriedigend. Das ist die Macht des Internet, die Macht der Cyber-Liebe oder des Cyber-Wolfs.
Das hier Zitierte ist ein bekannter "Humortext" im chinesischen Internet der Gegenwart. Wenn man aber die Bedeutung mancher Netzwörter nicht versteht, ist es ein hoffnungsloses Unterfangen, wollte man etwa versuchen, den Humor der Passage nachzuvollziehen. Man könnte denken, man habe es hier vielleicht mit Traumdichtung zu tun. Oder es ginge um im Schlaf gesprochene Worte. In den chinesischen Chaträumen, BBS oder ICQ ist der Frosch übrigens ein Sinnbild für einen hässlichen Mann, so wie der Drache eine hässliche oder rechthaberische Frau symbolisiert - also Leute, die im realen Leben keine Chance haben. Und der Wolf ist derjenige, der im Netz MM (oder Mädchen) verführt.
Manche behaupten, dass das Internet die Entfernung zwischen den Menschen verkürzt habe. Ob es tatsächlich so ist, darüber lässt sich debattieren. Aber eins kann man wirklich in den chinesischen Chaträumen feststellen: Da sind alle Brüder (GG) und Schwestern (MM). Eine Anrede mit "JJ" (Ältere Schwester) verkleinert sofort die zwischenmenschliche Distanz. Im Internet ist die Sprache salopp, was ja oft nicht weit von Vertrautheit oder gar Warmherzigkeit entfernt ist. Selbst die Abkürzung eines Schimpfwortes wie TMD (ta ma de: Verdammt noch mal!) hat unter den Kumpeln im Netz einen anderen Charme.
Der Einfachheit halber, ja auch wegen des Humors, wurden eine ganze Reihe neuer Netzwörter erfunden. Nach einer kürzlich veröffentlichten Statistik sind es inzwischen mehr als 2000 solche neuen Netzwörter, die in den chinesischen Chaträumen kursieren. Das ist wirklich eine ganze Menge, denn man braucht in China für die normale Zeitungslektüre nur ca. 1500 Wörter; und ein Abiturient beherrscht ungefähr 4000 Wörter. Es gibt inzwischen sogar schon ein neuartiges Produkt, das auf diese Neologismen reagiert: das "Wörterbuch der chinesischen Internetsprache". Und dies in verschiedenen Versionen.
Solche Wörterbücher ins Deutsche oder in irgendeine andere Sprache zu übersetzen, wäre wohl eine kaum zu bewältigende Aufgabe für die Lexikographie. Denn die exakte Bedeutung von vielen Netzwörtern kann man auch als chinesischer Durchschnittsleser bei bestem Willen nicht nachvollziehen. Man kann sich vorstellen, um wieviel schwieriger dies für Ausländer ist, welche mit der Struktur der chinesischen Sprache oder aber dem Entstehungshintergrund dieser Wörter weniger vertraut sind. Sehr oft ist übrigens bei der Erfindung dieser Begriffe noch die Freude an Wortspielen im Spiel.
Ein Buch mit sieben Siegeln
Die Entstehung oder Prägung eines neuen Netzwortes ist nicht selten auf das chinesische Textverarbeitungssystem zurückzuführen, wie dies zum Beispiel bei dem Wort "da xia" deutlich wird. . Ursprünglich meinte man im Zuge des neuen Sprachgebrauchs mit "da xia" , also dem "Ritter", nämlich denjenigen, der sich in Sachen Computer und im Internet gut auskennt. Weil in dem sogenannten intelligenten Eingabesystem für chinesische Zeichen nach Homophonen sortiert wird und unter den Homophonen von "da xia" ein anderes "da xia" , d.h. "Garnele", zuerst auftaucht, nimmt man dieses der Einfachheit wegen und vor allem auch, weil es den Nutzern um Schnelligkeit geht. Trotz des gleichsam orthographischen Fehlers, der Verwendung der falschen Zeichen, hat sich "Garnele" für "Ritter" durchgesetzt, und trägt nun im Netz dieselbe Wortbedeutung wie "Ritter". Längst schon symbolisiert die Garnele damit denjenigen, der lange Zeit wie eine Garnele mit krummgebogenem Rücken vor dem Computer hockt. Übrigens hat der "Ritter" im Netz noch einen anderen Namen: lao niao , alter Vogel - dies ebenso im figürlichen Sinne.
Das Internet als globales Medium bringt einerseits einige universelle Erscheinungen mit sich. Andererseits aber zeigt sich in der Art der Aneignung dieses Mediums eine akkulturierende Inbesitznahme durch die chinesischen Anbieter und Nutzer in aktiv-produktiver Weise. Handelt es sich hier um eine Art "Chineseness"? Eine merkwürdige Sinisierung des Internet?
Die Netzsprache ist fraglos auch ein Produkt des Internet. In dem immer populär gewordenen Cyberspace ist die Art und Weise, wie man seine Gedanken und seine Gefühle ausdrückt, offensichtlich anders als die im "realen Leben". Dementsprechend sind unzählige neue Wörter erfunden worden, die oft - wie wir gesehen haben - sehr originell sind, oder aber provokativ und unverständlich für diejenigen, die aus Sicht ihrer Nutzer lediglich Außenstehende, ja Außenseiter sind. Diejenigen aber, die in der chinesischen Debatte die Netzsprache als Geheimsprache und Slang bezeichnen, haben ebenfalls ihre Argumente. Man sieht zum Beispiel die "glänzende" chinesische Sprache dadurch bedroht.
Der den Nichtnutzern unzugängliche chinesische Netzwortschatz ist eine Umformung und Umgestaltung der Alltagssprache meist junger Nutzer. Abkürzungen mancher chinesischen und englischen Wörter oder auch die "beliebige" Verbindung und Mischung von Wörtern, Bildern und Zeichen oder Symbolen machen diesen neuen Jargon aus. Nach einem standarisierten Sprachgebrauch zugrundeliegenden Sprachgefühl führt die Vermengung von chinesischen Zeichen, englischen Wörtern und arabischen Zahlen und ihre gleichzeitige Anwendung unvermeidlich zu "exotischen", ja "exzentrischen" Wörtern oder orthographischen Fehlern, zu einem falschen Satzbau und ähnlichem.
Aber online sind diese sprachschöpferischen Versuche sozusagen die allseits beliebte Orthodoxie, die einen richtigen Netzwurm von den Laien unterscheidet. Wenn man nicht genügend in diese Sprache eingeweiht ist oder den Jargon überhaupt nicht kennt, dann ist auch für einen Chinesen ein Gespräch im Chatroom manchmal richtiggehend ein Buch mit sieben Siegeln.
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Sucht man chinesische Vorzeichen oder Kommunikationsformen im Internet, kommt man fast automatisch zuerst auf die Sprache. Als Herder seinerzeit China abwertend als "eine balsamierte Mumie" abstempelte, war diese "Mumie" in seinen Augen "mit Hieroglyphen bemahlt und mit Seide umwunden". Aber diese von Hieroglyphen abstammende Sprache ist bis heute voller Lebenskraft und - Innovationslust. Statistisch gesehen kommen seit einem Viertel Jahrhundert jedes Jahr rund 800 neue Wörter hinzu, nicht mitgerechnet die hier behandelte, in starkem Wandel begriffene Internetsprache.
Welche Erfindungskraft im Großen und welche Feinheit in Kleinigkeiten gehört aber dazu, den Cyberspace mit neuen, bunten, ironischen, witzigen und oft sogar grellen "Hieroglyphen" zu bemalen! Seine "Wasserzeichen" erinnern in der Tat an chinesische Seide. Die Symphonie der arabischen Zahlen in der chinesischen Internetsprache ist nachgerade gigantisch.
Wenn man jemandem im Chatroom die drei Zahlen 520 schickt, ist das eine offene Liebeserklärung, denn in die normale Sprache übersetzt heißt das: "Ich liebe dich".
Seit einigen Jahren ist nicht nur in China, sondern weltweit in den chinesischsprachigen Chaträumen die Zahlensprache in Mode. Der Hauptgrund dieses Sprachphänomens ist die reiche Quelle der Homonyme im Chinesischen. Die chinesische Aussprache der arabischen Zahlen macht diese Erfindung eines neuen Jargons möglich. Die Menge der Komposita, gebildet aus den Homophonen von drei Zahlen, ist beträchtlich; ebenso beachtlich ist, wie oft daraus der Sinn eines ganzen Satzes hervorgeht.
Es handelt sich hier natürlich nicht immer um Homonyme im streng sprachwissenschaftlichen Sinne. Man braucht manchmal schon ein bisschen Phantasie, um eine Zahlenkombination zu entziffern - nach dem Motto: Es klingt (ungefähr) so. Dies aber nicht nur nach Maßgabe der Aussprache der Worte im Mandarin-Chinesisch. Oft hat das Wortspiel die spezifische Aussprache eines Dialekts zur Grundlage. Allen voran kommen dabei Dialekte aus den besonders prosperierenden Regionen in Spiel, wo sich die neureichen Internetnutzer besonders zahlreich zu Wort melden, vor allem auf Kantonesisch und im Shanghaier Dialekt.
Wenn dann aber eine interessante Zahlenkombination auf Dialekt-Grundlage sich verbreitet und etabliert hat, genießt sie mit der Zeit gleichsam gewohnheitsrechtliche Anerkennung im Cyberspace. Natürlich muss man bei den Zahlen aufpassen, dass man sich nicht vertippt: Wenn man statt "520" "250" schreibt, ist es eine richtige Verleumdung. Denn auf Chinesisch ist 250 bekanntlich ein Synonym für "Dummkopf".
Die meist jungen Chatroom-Teilnehmer haben offensichtlich keine Geduld, die komplizierten chinesischen Zeichen einzugeben. Sie möchten nämlich "schnell, schnell" über die Tastatur einen Dialog führen. Das ist - neben dem provokanten Spaß am Wortspiel, am witzigen Neologismus, an anarchischer Sprachinnovation - ganz sicher ein weiterer Grund, warum die Zahlensprache en vogue ist. Die Zahlensprache (oder auch der stenographische Stil) der chinesischsprachigen Netizen ist selbstverständlich nicht dasselbe wie die Abkürzung in der westlichen Internet-Sprache. Mit der Zahlensprache will man meistens eine Art Humor, sogar Intimität oder Warmherzigkeit ausdrücken, oder aber seinen Ärger und sein Schimpfen. Zu welcher Zeit die Zahlensprache ihren Durchbruch erlebte, ist schwer zu sagen. Einer These zufolge stammen viele Zahlenkombinationen noch aus der Zeit, als beep pager in China weit verbreitet waren, bei denen ja eine Botschaft oft durch Zahlen vermittelt wurde.
Ziemlich bekannt sind inzwischen zum Beispiel das schon erwähnte 520 oder auch 360 ( : Ich vermisse dich). Was ist mit 775885? Eine Telefonnummer? Kann sein. Aber im Cyberspace der chinesischen Nutzer bedeutet diese Zahlenkombination: . "Küss mich, umarm mich!" Das ist aber etwas recht Intimes; man kann es natürlich nicht überall zu jemandem sagen. Sonst könnte man eine Antwort wie 748 () bekommen: "Geh zum Teufel!" Einige berühmte Zahlenwörter sind inzwischen sogar in die Texte von Pop Songs integriert worden.
Ja, die digitale Zeit ist schnell und vielleicht auch kurzlebig. Wie lang mag die Halbwertzeit dieser neuerfundenen Ausdrucksweise sein? Auf jeden Fall sind die Zahlen schnell und einfach zu tippen. Wenn man ein seltener Gast im Chatroom ist, kann man die wirkliche Bedeutung der Zahlen nur schwer entziffern; das ist vielleicht auch eine Handicap. Weil man zu langsam reagiert, sagt man 886 ( : Tschüß) zu einem, oder auch 7878 ( : Kannst gehen). Wenn man sogar 520 nicht begreifen kann - erhält man ein 687 (: Tut mir leid) im Gegenzug, "du bist ein 286" (du reagierst so langsam wie ein 286er PC). Kontern kann man dann vielleicht mit 9494 ( : Ja richtig), oder mit 555... ( ..Schallnachahmung: weinen). Und dann? Ach ja: "666" ( : Ich haue ab).
8, 8 und noch einmal 8
Die aufmerksamen Internetnutzer haben sicher gemerkt, dass die chinesischen Domain-Namen oft mit Ziffern zu tun haben, wie 163 oder 8848, um hier sofort zwei prominente Beispiele zu nennen. Das Megaportal "163.com" (auch "Netease" genannt) ist auf Kantonesisch fast ein Homonym von "Alles Gute" oder "gute Reise".
Vor drei Jahren war aber seine Reise nach Amerika alles andere als gut. Schon am ersten Tag (30. Juni 2000) im Nasdaq rutschte 163.com mit 12,125 US$ unter den Emissionspreis von 15,5 US$. Zwei Monate später (am 4. September) wurde die Aktie wegen Ungereimtheiten im Jahresbericht vorübergehend aus dem Handel genommen. Bis zum März 2002 war sie dann lange Zeit unter 1 US$ zu bekommen. Aber inzwischen scheint die "Alles Gute"-Aktie einen richtigen Nasdaq-Mythos zu erleben, denn 16 Monate später ist der (heutige) Kurswert von 163 bereits über 50 US$.
Wir wissen ja, wie hoch der Qomolangma (Mt. Everest) ist. Ohne Zweifel gilt er unter Bergsteigern als Non-Plus-Ultra. 8848.net (Everest Data (China) Ltd.) sieht sich ganz ähnlich; es ist in der Tat der Bahnbrecher des chinesischen E-Commerce oder E-Business. Die entsprechende Ambition sieht man dem Domain-Namen an, der übrigens als überaus glückverheißend gilt: 8 ist eine Zahl, die in der chinesischen Geschichte wohl nie so populär und vor allem so beliebt war wie unter denjenigen, die auf ein schnelles Reichwerden seit der von Deng Xiaoping eingeleiteten wirtschaftlichen Reform hoffen.
Was die PR-mäßige Nutzung und Propagierung der Zahl Acht angeht, ist es jedenfalls kein Zufall, dass diese in Hong Kong und Kanton ihren Ausgang nahm, handelt es sich doch bei dieser Zahl im Kantonesischen um ein Homophon des Begriffs "Reichtum erwerben". Um so viele "Achten" wie möglich für das Autokennzeichen oder als Bestandteil der Telefonnummer zu bekommen, muss man oft Tausende ausgeben. Ein merkwürdiges Kennzeichen dieser Öffnung hin zu neuen Ufern des Fortschritts ist dies schon: Auch der Aberglaube war lange nicht so en vogue wie heute!
Aber trotz der "8" war der Weg von 8848.net zum Erfolg im Nasdaq-Kontext recht holprig Bis zum "Weltgipfel" hat man wohl noch einige Schwierigkeiten vor sich. Um sich dem taste des Nasdaq anzupassen, löste sich übrigens Wang Juntao, der Gründer von 8848.net und eine Symbolfigur des chinesischen B2C, von der Muttergesellschaft und gründete am 12.12.2000 "my8848". Er entwickelte es innerhalb von (wiederum) 8 Monaten zu der bekanntesten B2C-Website in China, um am 8.8.2001 "seine [=his/my]" 8848 zu verlassen - wegen Querelen unter den großen Shareholdern und vor allem wegen der ausbleibenden Investitionen. Am 20. September wurde "my8488" behördlich dichtgemacht. Inzwischen hat Wang Juntao eine neue Firma mit dem Domain-Namen 6688.com gegründet - also "Reichtum erwerben auf einem glatten Weg", wobei der chinesische Name der Neugründung immer noch mit dem "Mt. Everest" daher kommt.
Die Intention, einen Domain-Namen aus Zahlen zu bilden, ist offensichtlich häufig anzutreffen, wie auch die Website 163 ("Netease") deutlich macht. Und sie soll ganz sicher auch das Net "easy" machen, ihm einen legeren Zug verleihen. Man könnte auch vermuten, daß es irgendwie darum geht, das Internet, seine Angebote und seine Kommunikationsformen, kulturspezifisch zu gestalten. Nicht zuletzt geht es wohl auch um wirksamen, ja manipulativen Einsatz des Mediums, wie die folgenden suggestiven Domain-Namen uns veranschaulichen, um hier noch einige Beispiele von vielen zu nennen:
Chinaedu.com ist ein Domainname, der eher unter dem Namen "101 E-Learning-Web" bekannt ist: die allerbeste Note in der chinesischen Schule bzw. Hochschule ist wie in den USA "100", während "60" für F = FAILED steht.
Weigui Fang ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des medienwissenschaftlich-sinologischen Forschungsprojekts "Das Internet in China" an der Universität Trier.