Dürre-Alarm 2025: Wenn der Boden nach Wasser schreit

Susanne Aigner
Trockener Boden mit Gewitterwolke

Trockenster März seit Beginn der Aufzeichnungen: Experten warnen vor Dürre-Folgen für Landwirtschaft und Natur. Gegenmaßnahmen dringend nötig.

Nach wochenlanger Trockenheit fiel in den vergangenen Tagen regional endlich Regen. In den betreffenden Gegenden dürften Menschen, Tiere und Erde aufgeatmet haben. Denn die zurückliegenden Wochen waren die trockensten seit Aufzeichnungsbeginn, glaubt man dem Deutschen Wetterdienst (DWD).

Im bundesweiten Durchschnitt regnete es im März gerade einmal 19 Liter pro Quadratmeter. Der DWD gab für März einen Mittelwert von 21 Prozent des Niederschlags im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt von 1991 bis 2020 an. Demzufolge lag die Bodenfeuchte in den oberen Schichten, besonders im Norden, gebietsweise bis zu zwanzig Prozent unter den langjährigen Minimalwerten.

Das starke Niederschlagsdefizit in der oberen Bodenschicht sank deutlich unter die für die Jahreszeit üblichen Werte. Regional lag sie noch unter den Werten des extrem trockenen Jahres 2018.

In einzelnen Regionen, hauptsächlich im Norden, war es noch trockener. In Salzgitter (Niedersachsen) gab es den ganzen März über gar keinen Niederschlag. Besser sah es nur im südlichen Bayern und Baden-Württemberg aus. In Benediktbeuern am Alpenrand fielen immerhin 98 Liter pro Quadratmeter.

Mit dem Niederschlagsdefizit steige das Risiko für frisch gesätes Sommergetreide, warnt das landwirtschaftliche Nachrichtenportal Agrarheute. Gerade der Oberboden sollte jetzt deutlich feuchter sein, damit Rüben, Sommergetreide und Mais sicher auflaufen und junge Pflanzen mit ihren zarten Wurzeln ausreichend mit Wasser versorgt sind.

Für Vorhersagen für die Ernte ist es noch zu früh

Hält die Dürre weiter an, wird sich das Auflaufen des Sommergetreides verzögern, leiden die jungen Pflanzen unter Trockenstress. Vor allem für Nord- und Westdeutschland prognostiziert der DWD anhaltende Trockenheit. Für den Sommer werden trockene Böden im Thüringer Becken, in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Vorpommern und Nordsachsen erwartet. Ackerpflanzen benötigen in der Wachstumsphase, aber vor allem später in der Phase der Kornausbildung im Frühsommer, ausreichend Wasser.

Wegen des niederschlagsreichen Vorjahres seien die Böden noch gut mit Wasser gesättigt, betont Andreas Brömser vom DWD. Einige Wochen Regen könnte die Trockenheit wieder ausgleichen, sodass eine ausgeprägte Dürre im Sommer bislang nicht zu befürchten sei. Infolge des Klimawandels mit steigenden Temperaturen und zunehmender Verdunstung werden hierzulande Trockenperioden auch im Frühjahr häufiger.

Durch die höheren Temperaturen entziehen die Pflanzen immer früher im Jahr dem Boden Wasser. Damit nehme die Häufigkeit von Trockenstress bei den Pflanzen zu, erklärt der Meteorologe gegenüber der ARD.

Bis zur Erntezeit können noch zahlreiche Witterungsereignisse eintreten, die die Erträge sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können, erklärt Bauernpräsident Joachim Rukwied. Die Gefahr einer Verknappung von Lebensmitteln aufgrund von Trockenheit sehe man derzeit noch nicht.

Dürremonitor: Oberböden trocknen aus

Seit Frühlingsbeginn am 20. März macht sich landauf, landab ein beginnender Trockenstress bemerkbar. Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zeigt tagesgenau die Tendenzen der Bodentrockenheit an. Vor allem der Oberboden – die Schicht der oberen 25 cm, auf der junge Pflanzen wurzeln, trocknet zunehmend aus. In den Verlaufskarten nehmen seit etwa 10. März die roten und dunkelroten Regionen stark zu. Sie stehen für eine extreme oder außergewöhnliche Dürre. In der letzten Märzwoche hat sich die Trockenheit vielerorts noch einmal deutlich verschärft.

Am 19. März gab das UFZ extrem bis außergewöhnlich trockene Oberböden für ganz Schleswig-Holstein, die Nordhälfte Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns entlang der Küsten, für weite Teile Nordrhein-Westfalens und von Rheinland-Pfalz, in Sachsen vom Vogtland über das Erzgebirge bis in die Sächsische Schweiz sowie für das östliche Südbayern an.

Die nutzbare Feldkapazität, also das nutzbare Wasser, liegt in weiten Teilen Deutschlands über 60 bis an 100 Prozent. Diese Werte dürften sich bald verschlechtern. Ab unter 50 Prozent spricht man von beginnendem Trockenstress. Das Wintergetreide beginnt gerade zu wachsen. Das Sommergetreide ist gerade eingesät und benötigt ausreichend Wasser zum Keimen, andernfalls werde es von Unkräutern überwuchert, befürchten die Agrarexperten.

Schnecken leiden unter der Dürre

Aufatmen können die Hobbygärtner: Die Spanische Wegschnecke, die im vergangenen Jahr landauf, landab die Gemüsebeete leer fraß, mag die anhaltende Dürre überhaupt nicht. Zwar starten die Populationen von einem relativ hohen Niveau, weiß Markus Pfenninger vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt (Main).

Doch aufgrund der Trockenheit werden sie sich wohl weniger rasant entwickeln. Viele Jungschnecken fielen der Trockenheit direkt zum Opfer. Zudem werde die mögliche Zeit für die Nahrungsaufnahme eingeschränkt, sodass die Tiere langsamer wachsen und sich später vermehren.

Kornkammern Europas sind von Dürre bedroht

Aktuell sei die Wahrscheinlichkeit für ein Dürrejahr in osteuropäischen Ländern wie in Polen, Belarus und der Ukraine hoch, warnen Forscher des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Diese Regionen, die zu den weltweit produktivsten Getreidestandorten gehören, weisen extrem geringe Bodenfeuchten auf.

Hinzu kommt: Eine mögliche schlechte Getreidesaison als Folge einer intensiven Dürre kann sich erheblich auf den globalen Getreidemarkt auswirken. In Österreich und Ungarn hatte es im Winter ausreichend geregnet.

Dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zufolge war der März in weiten Teilen Südeuropas überdurchschnittlich feucht, insbesondere auf der Iberischen Halbinsel, die von einer Reihe von Stürmen und großflächigen Überschwemmungen heimgesucht wurde. Weitere Regionen mit überdurchschnittlicher Feuchtigkeit waren Norwegen, Teile Islands sowie der Nordwesten Russlands.

Studie: trockene Böden können starke Gewitter auslösen

Der Grad der Bodenfeuchtigkeit spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie stark ein Sturm wird, wie Wissenschaftler des britischen Forschungsinstituts UK Centre for Ecology & Hydrology (UKCEH) kürzlich herausfanden. Liegen in einem Gebiet feuchte und trockene Böden direkt nebeneinander, können sich mesoskalige konvektive Systeme entwickeln. Zu diesem Schluss kamen die Forscher, nachdem sie im Rahmen einer Studie ihnen vorliegende Gewitterdaten analysiert hatten.

Denn trockene Böden erwärmen sich schneller als feuchte. Das verursacht in Bodennähe starke Temperaturunterschiede. Dadurch kommt die Luft in Bewegung: Feuchte, warme Luft steigt nach oben, bildet riesige Gewitterwolken, die es "krachen" lassen und sich anschließend abregnen. An Tagen mit solchen Bodenfeuchte-Unterschieden können die Niederschlagsgebiete und die Regenmenge der größten Stürme um zehn bis 30 Prozent zunehmen. Stürme dieses gewaltigen Ausmaßes führen in vielen Regionen der Welt zu zerstörerischen Überschwemmungen.

Diese riesigen Gewittersysteme – die stärksten Unwetter der Erde – werden durch den Klimawandel sogar noch heftiger, weiß Emma Barton, Meteorologin am UK Centre for Ecology & Hydrology.

Künftig sei es wichtig, genauer zu verstehen, welchen Einfluss die Bodenfeuchte auf Extremwetter habe. Wir haben uns bisher stark auf die Atmosphäre konzentriert. Doch wir sehen jetzt, wie entscheidend der Boden für Wettervorhersagen ist, erklärt Cornelia Klein vom UKCEH. Die gute Nachricht: Schon zwei bis fünf Tage vor einem Unwetter verändert sich die Bodenfeuchte messbar. Anhand dieser neuen Erkenntnisse entwickeln die Wissenschaftler nun ein Frühwarnsystem.

Böden, Moore und Wälder schützen und erhalten!

Funktionierende Ökosysteme und ein besseres Wassermanagement fordert die geschäftsführende Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Gesunde Flüsse, Auen, Moore, Böden und Wälder speichern Kohlenstoff und Wasser und machen unser Land so widerstandsfähiger gegen die Klimakrise. In Deutschland erwärmt sich die Temperatur schneller als andere Weltregionen. Während die Temperatur hier seit 1881 um 2,5 °C gestiegen ist, liegt die Erderwärmung weltweit bei 1,5 °C.