Duftkerzen & Co: Die unterschätzte Gefahr für Ihre Atemwege

Raumsprays und Duftkerzen sind beliebt. Doch die vermeintlich harmlosen Produkte können die Luft stark belasten. Was in Ihrer Wohnung jetzt gefährlicher ist als Autoabgase.

Untersuchungen der Raumluftqualität von Forschern der Purdue-University in US-Bundesstaat Indiana zeigen, dass die Innenraumluft in Wohnungen und Häusern teilweise stärker belastet sein kann als die Außenluft. Wie die Wissenschaftler herausfanden, setzen viele Alltagsprodukte mit Duftstoffen wie Raumsprays, Wachs, Bodenreiniger und Deodorants chemische Verbindungen frei, die in Reaktion mit Ozon winzige Partikel in der Luft bilden.

Diese Nanopartikel können tief in die Lunge eindringen und sich im Körper verteilen, warnen die Forscher. Selbst als unbedenklich geltende Produkte wie aromatisierter Wachs führen demnach zu einer ähnlich hohen Feinstaubbelastung wie brennende Kerzen. Die durch Duftstoffe ausgelösten chemischen Reaktionen in der Luft wurden bislang kaum erforscht.

"Wenn Sie mit chemischen Produkten einen Kiefernduft in Ihrem Wohnzimmer erzeugen, schaffen Sie damit in Wahrheit eine enorme Menge Luftverschmutzung, die Sie besser nicht einatmen sollten", sagt Jung. Allein 20 Minuten Aufenthalt in einem Raum mit Duftstoffen könnten dazu führen, dass sich 100 Milliarden bis zehn Billionen ultrafeiner Partikel in den Atemwegen ablagern.

Selbst das Kochen auf einem Gasherd setzt dem Team zufolge erhebliche Mengen an Nanopartikeln frei. Ein Kilogramm Kochgas erzeuge mindestens so viele ultrakleine Partikel unter drei Nanometern wie ein Verbrennungsmotor. Allerdings übertreffen Duftprodukte die Gasherde und Autoabgase noch bei der Freisetzung dieser Nanocluster. Die Forscher wollen nun herausfinden, wie schädlich das Einatmen solcher Partikel-Cocktails langfristig für die Gesundheit sein könnte.

Zwar ist noch unklar, welche konkreten Gesundheitsrisiken von den chemischen Duftstoffen in der Raumluft ausgehen. Doch Verbraucher sollten die Warnungen der Forscher ernst nehmen. Als Konsequenz empfiehlt es sich, den Einsatz von Duftprodukten in Innenräumen möglichst zu reduzieren. Besonders in schlecht belüfteten Räumen können sich die freigesetzten Chemikalien anreichern.

Wer nicht auf Raumdüfte verzichten will, greift besser zu schadstoffgeprüften Naturprodukten wie ätherischen Ölen oder Duftkerzen aus Bienenwachs. Regelmäßiges Lüften ist in jedem Fall sinnvoll, um die Schadstoffkonzentration in der Raumluft gering zu halten – vor allem nach dem Kochen und bei Gebrauch von Reinigungsmitteln oder Duftsprays.

Die Erkenntnisse der US-Forscher verdeutlichen, dass auch die Raumluft zu Hause unerwartet hohen Schadstoffbelastungen ausgesetzt sein kann. Wie die Wissenschaftler betonen, wurden Innenräume bislang bei der Erforschung und Regulierung der Luftqualität vernachlässigt. Hier besteht Nachholbedarf, um die richtigen Maßnahmen für eine gesündere Raumluft ableiten zu können. Bis dahin liegt es an den Verbrauchern, unnötige Emissionsquellen in den eigenen vier Wänden möglichst zu vermeiden.

Effekt von Luftreinigern infrage gestellt

Forscher der University of East Anglia waren zu dem Schluss gekommen, dass technische Luftreinigungssysteme keinen hinreichenden Schutz bieten. Dies treffe vorwiegend auf Viren zu. Die Forscher um Dr. Julii Brainard haben Belege aus 32 Studien in realen Settings wie Schulen oder Pflegeheimen analysiert.

Zwar fanden sie Hinweise, dass die Technologien wie Filter, UV-Licht oder Ionisatoren die Konzentration von Viren und Keimen in der Raumluft reduzieren. Doch einen eindeutigen Effekt auf die Ansteckungsrate konnte man nicht nachweisen. Daten aus der Covid-19-Pandemie liegen noch nicht vor.

Luftreiniger ohne hinreichenden Effekt

Die Forscher vermuten, dass die wenigen Studien mit positiven Ergebnissen durch Verzerrungen und Unausgewogenheit begünstigt wurden. Viele Untersuchungen mit schwachem oder fehlendem Effekt seien dagegen gar nicht erst publiziert worden.

Das Fazit der Wissenschaftler ist ernüchternd, zumal viele Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen während der Pandemie in teure Luftreiniger investiert haben. Man müsse abwarten, ob Studien aus der Covid-Zeit noch andere Schlüsse zulassen. Bis dahin sei von einem effektiven Schutz durch solche Technologien in realen Anwendungsszenarien nicht auszugehen.