Dustin Hoffman schickt Friedenstaube an den Falken Bush

Auf der prominent besetzten Berlinale-Gala "Cinema for Peace" stellte der zweifache Oscar-Preisträger einige quälende Fragen an die Irak-Politik seiner Regierung

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Es war nicht ganz abgesprochen: Da tafelten am Montagabend die Berühmtesten der Berühmten, die Stars der Sternchen und die Schönsten der Schönen im kerzenerleuchteten Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin. Eine Friedensgala sollte es zwar sein, und Bob Geldof hatte zuvor bereits die beißende Kriegssatire No Man's Land gezeigt. Doch letztlich sollte natürlich alles relativ unpolitisch dahinplätschern - ohne große Botschaft -, um den rund 600 geladenen Gästen nicht den Appetit zu verderben. Aber dann ergriff der Berlinale-Schauläufer Dustin Hoffman das Wort und die Herzen der High-Society mit einem eindringlichen Friedensappell an die Bush-Administration.

Foto: AEDT

Er sei Amerikaner und bekenne sich dazu, stellte der 65-Jährige zunächst klar. Trotzdem - oder gerade deswegen - müssten ihm aber ein paar kritische Worte zu dem Verhalten seiner Regierung erlaubt sein. Es gebe keine "direkte Bedrohung" aus dem Irak, umriss der zweifache Oscar-Preisträger, der mit seinen etwa 1,65 Metern kaum über das Rednerpult hinausreichte, im Einklang mit den ersten Ergebnissen der Uno-Waffeninspekteure zunächst die Lage. Ganz im Gegenteil etwa zur Situation in Nordkorea. "Trotzdem ist meine Regierung in einer zweifelhaften Kriegsstimmung", so Hoffman. Sie sollte aber zunächst einmal die Karten offen auf den Tisch legen.

"Ich bitte um vollständige Aufklärung meiner Landsleute", appellierte der unbequeme Hollywood-Star aus dem frostigen Berlin heraus an Washington. Er selbst wolle dazu beitragen und die Aufmerksamkeit auf einige unschlüssige Punkte in der Kriegsrhetorik der US-Regierung lenken. Warum habe sie vor dem letzten großen Golfkrieg zunächst 500 Millionen US-Dollar an den Irak gegeben und kurze Zeit später 1 Milliarde nachgeschoben? Sei das Geld etwa in die Waffenarsenale geflossen, um deren Vernichtung es den Falken in seiner Heimat nun gehe?

"Diese Informationen sollte meine Regierung in ihre Antwort an die Welt mit einfließen lassen", sagte Hoffman. Und sie möge bitte auch erklären, was nach dem Abwurf Hunderttausender Bomben innerhalb weniger Tage mit dem Irak passieren solle. "Wollen wir ihn etwa kolonialisieren?", fragte der Schauspieler, der bereits seit einer Woche mit seinen Töchtern in Berlin weilt, von einer Berlinale-Party zur nächsten hüpft, am Montag aber auch Zeit für einen Besuch des Jüdischen Museums in Kreuzberg fand.

"Ich fühle mich hilflos", gestand Hoffman ganz langsam sprechend vor den schier erstarrten Stars aus aller Welt, von denen sich so mancher eine Träne kaum verkneifen konnte. Über der Bevölkerung der USA laste eine "Angst machende Apathie" in der Kriegsfrage. Er fühle sich an seine Studentenzeit in den 1960ern erinnert, an die Stimmung während des Vietnam-Kriegs, der (auch?) mit einer Lüge begonnen habe. "Diese Zeit könnte sich wiederholen", warnte Hoffmann. Es sei schwer zu glauben, dass kaum erwachsene Söhne von US-Bürgern nun bald als erste wieder marschieren sollten. Er sei sehr besorgt über die "Physik der Macht", über die "Paranoia der Macht", endete Hoffman seinen Appell. "Wir sollten alles tun, was wir können, um den Frieden zu wahren".

Roger Moore, Christopher Lee und Dustin Hoffman. Foto: AEDT

Die zum zweiten Mal im Rahmend er Berlinale durchgeführte Gala Cinema for Peace, an der nationale und internationale Größen aus dem Show-Biz wie George Clooney, Faye Dunaway, Papa Joop mit Tochter Jette oder Goldjüngelchen Sasha zusammen mit Politikern wie Hans-Dietrich Genscher, CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer dem ehemaligen FDP-Bundesminister Günter Rexrodt oder Berlins Regierendem Klaus Wowereit und den üblichen Verdächtigen aus der Berliner Partyszene wie Ariane Sommer oder Udo Walz teilnahmen, erbrachte selbst einen Erlös von über 250.000 Euro. Das Geld soll dem UNICEF-Hilfswerk zur Versorgung von Kindern in Kriegsgebieten zugute kommen.

Gefüllt wurde der Topf nicht nur mit den für einen Dinnerplatz mehrere 1.000 Euro zahlenden Platzkarten, sondern auch mit einer skurrilen Auktion: Für gut 30.000 Euro ging dabei etwa ein VW Beetle mit - angereichert durch einen Petticoat von Nina Hagen. Freuen dürfen sich andere spendable Mitbieter beispielsweise über einen Abend mit Veronica Ferres sowie das "Gladiator"-Schwert von Ralf Möller.

Die Gastgeberrolle über den Abend, der mit dem Entzünden der von Möller in Empfang genommenen Welt-Friedensflamme am Gendarmenmarkt um 16.00 Uhr startete und weit nach Mitternacht in den Salons und der Lounge des Konzerthauses endete, hatte Roger Moore als UNICEF-Botschafter übernommen. "007" präsentierte stolz das Bundesverdienstkreuz am Revers, das ihm Bundespräsident Rau am Mittag erst übergeben hatte. Um sich geschart hatte Moore neben Hoffman unter anderem auch Christopher Lee. Der Altstar bekam genauso wie der Spontanredner vor ihm stehenden Applaus, als er einen 1941 geschriebenen Brief von Mahatma Gandhi an Hitler mit der Aufforderung: "Im Namen der Menschlichkeit, stoppen Sie den Krieg!" vortrug.