E-Fuels statt Elektroautos: VDA will Verbrenner um jeden Preis retten
Die Autoindustrie klammert sich an die Verbrenner-Technologie. Mit E-Fuels soll die Spritversorgung gesichert werden. Doch wer trägt die Mehrkosten?
Offensichtlich will man jetzt mit aller Gewalt auf die Bremse stehen und die Gelegenheit nutzen, solange der Verkehrsminister noch von einer autofreundlichen Klientel-Partei gestellt wird. Weil man selbst die Transformation auf elektrische Fahrzeuge verschlafen hat und im größten Markt China massiv Anteile verliert, will man jetzt mit aller Gewalt den Heimatmarkt sichern.
Gegen die in großen Stückzahlen produzierten E-Mobile aus China hat man inzwischen EU-Zölle durchgesetzt, welche zumindest den EU-Haushalt stützen, weil Zölle immer nach Brüssel überwiesen werden.
Jetzt muss man noch die Versorgung mit Verbrennerkraftstoff sichern und stellt dabei fest, dass sich immer mehr Tankstellenketten schon in der Transformation zum Convenience-Store befinden und auf Druck der Investoren den Eigentümer wechseln. Dabei wird auch die Zahl der Marken reduziert, wie das Umflaggen von OMV-Tankstellen auf die Marke Esso zeigt, welche beide in Deutschland zur britischen EG Group gehören.
Die Verbrenner-Lobby hat wohl den Kraftstoff übersehen
Und so versucht man es jetzt mit politischem Druck auf die zumeist in der Hand von ausländischen Investoren befindliche Mineralölindustrie. Deutsch sind bei den Raffinerien hierzulande nur noch die unter der Treuhandschaft der Bundesnetzagentur stehenden Rosneft-Beteiligungen an den drei Raffinerien PCK Schwedt, Miro (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg).
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Da sich die Raffinerien, die nur einen Teil der in Deutschland verkauften Kraftstoffe liefern, bislang vor dem Hintergrund der Elektrifizierung des Verkehrs von den Forderungen des Branchenverbands VDA nur wenig beeindrucken ließen, will man jetzt die ziemlich uneinige Politik in Berlin unter Druck setzen, sie solle deutlich ambitioniertere Ziele für die Einführung alternativer Kraftstoffe wie E-Fuels festlegen.
Dekarbonisierung mit Verbrennern
Da man sich mit der Dekarbonisierung des Verkehrs wohl abgefunden hat, aber die E-Mobilität fürchte, wo man viele Jahre verschlafen hat, setzt man vordergründig auf die Idee, dass ab 2045 kein Benzin und Diesel mehr aus fossilen Quellen verkauft werde. Pkws und Lkws sollten ihre Energie dann nur noch aus E-Fuels, Wasserstoff oder Strom beziehen dürfen.
Dabei ist die Erzeugung von E-Fuels und Wasserstoff deutlich weniger effizient als die direkte Nutzung von Elektrizität in den Fahrzeugen. Interessanterweise stottert der Absatz elektrischer Pkws in Deutschland, nimmt jedoch im Lkw-Bereich, wo harte Zahlen regieren, deutlich zu.
Da weder die Raffinerien noch die Tankstellenmarken großes Interesse an der Belieferung eines deutschen Inselmarktes zeigen, soll jetzt der Steuerzahler Anreize für den Hochlauf erneuerbarer Energieträger schaffen und diese für die kommenden Jahre festschreiben, um die benötigten Investitionen zu gewährleisten und zu fördern.
Man soll die Mineralölindustrie über eine Erhöhung der Quoten dazu verpflichten, künftig deutlich mehr Alternativen zu regulärem Diesel und Benzin anzubieten, was jedoch kaum auf Interesse der Tankstellenbetreiber stoßen dürfte, weil die Investitionen in zusätzliche Tanks während der Transformation keine Amortisation verspricht.
Der VDA will, dass sich die Raffinerien seinen Forderungen nach E-Fuels nicht mehr so leicht entziehen können. Deshalb soll der Staat nicht länger zulassen, dass die Hersteller fossiler Kraftstoffe durch Prämienzahlungen an die Besitzer von Elektroautos Investitionen in die gewünschten mineralölfreien Kraftstoffe vermeiden. Das war es dann mit der Technologieoffenheit. Wer die Mehrkosten für die E-Fuels trägt, bleibt offen.
Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer Wirtschaftsverband Fuels und Energie, stellt im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung im Verkehr fest:
Sektoren und Anwendungen, die auch langfristig auf die Nutzung von Kohlenwasserstoffen angewiesen sind, müssen bis dahin zunehmend mit CO2-neutralen Produkten versorgt werden. Die Vorschläge des VDA verdeutlichen, dass zur Erreichung der Klimaziele in Ergänzung zur E-Mobilität intensiv in den Hochlauf erneuerbarer Kraftstoffe investiert werden muss. Nur so kann der Fahrzeugbestand stärker einbezogen werden.
Die geforderten höheren Treibhausgasminderungsquoten wären ein wichtiges Signal, um die dringend notwendige Molekülwende – die Energiewende bei Kraft- und Brennstoffen – schnell voranzutreiben.
Aber wie auch der VDA anmerkt: Ehrgeizige Quoten können nur erfüllt werden, wenn sie von weiteren Maßnahmen begleitet werden, etwa einer Energiesteuerreform, die erneuerbare Kraftstoffe steuerlich entlastet, und einer Förderung bei der Einführung neuer Kraftstoff-Technologien.
Wo soll denn das gebrauchte Frittenfett in den benötigten Mengen herkommen?
Selbst wenn es keine Konkurrenz zwischen Lebensmitteln und Kraftstoffen auf der Produktebene gibt, besteht die Gefahr einer Flächenkonkurrenz und das vor dem Hintergrund, dass Deutschland schon heute 70 Prozent seines Gemüsebedarfs importieren muss.
Wo die Rohstoffe für die Produktion der E-Fuels und die benötigte grüne Elektrizität beschafft werden soll, ist mitnichten geklärt. Die Sammlung von Reststoffen aus der Lebensmittelindustrie und der Gastronomie erscheint zwar möglich, aber keinesfalls kurzfristig gesichert.
Bei der Produktion von E-Fuels ist Deutschland nicht gerade unerfahren, jedoch auch nicht gerade besonders erfolgreich. Ein Beispiel dafür ist das Unternehmens Choren, das auf ehemalige Mitarbeiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Deutschen Brennstoffinstitutes und der Vergasungsanlage Schwarze Pumpe sowie der Royal Dutch Shell Group zurückgeht. Es hat heute seinen Sitz in Beijing.
Das Wissen scheint in Deutschland somit durchaus vorhanden zu sein. Was damals fehlte, waren die passenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Dass mit der Verlagerung des Firmensitzes ins Reich der Mitte auch die Rechte an den damals entwickelten Prozessen den Weg nach Fernost angetreten hatten, kann erwartet werden.