E-Mobilität: Bundeskartellamt deckt Wettbewerbsdefizite bei Ladesäulen auf

Ladestecker, Pfeilen mit Aufdruck "Euro/Strom"

Städte vergeben Flächen für Ladesäulen oft exklusiv, was den Wettbewerb erstickt. Drohen nun höhere Preise für E-Auto-Fahrer?

Das Bundeskartellamt hat am 1. Oktober seinen Abschlussbericht der "Sektoruntersuchung zur Bereitstellung und Vermarktung öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge" veröffentlicht.

Der Bericht identifiziert Wettbewerbsdefizite und will aufzeigen, durch welche Maßnahmen wettbewerbliche Strukturen besser geschützt und gefördert werden können, um die Attraktivität und einen erfolgreichen Markthochlauf der E-Mobilität zu gewährleisten.

Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, stellt in diesem Zusammenhang fest:

Der Wettbewerb bei der Versorgung mit Ladestrom funktioniert vielerorts nicht richtig. Zahlreiche Städte und Kommunen haben geeignete öffentliche Flächen für Ladesäulen überwiegend oder sogar ausschließlich an das eigene kommunale Stadtwerk oder einzelne Anbieter vergeben.

Das hat jetzt unmittelbar zur Folge, dass es in vielen lokalen Märkten nur sehr wenige Anbieter von Ladesäulen und Ladestrom gibt. Dort ist die Konzentration so hoch, dass marktbeherrschende Stellungen entstehen.

Im Ergebnis haben die Verbraucherinnen und Verbraucher kaum Auswahl und die Gefahr höherer Ladestrompreise steigt, weil marktmächtige Anbieter keine Wechsel zur Konkurrenz befürchten müssen. Ein Zustand, der durch bessere Rahmenbedingungen für Flächenvergaben eigentlich vermeidbar gewesen wäre.

Wettbewerbsschädliche Strukturen bei der Ladepunktinfrastruktur

Während es bei den öffentlich zugänglichen Tankstellen für Automobil-Kraftstoffe keine Zugangsbeschränkungen für die Kunden gibt, sieht dies beim Ladestromangebot signifikant anders aus.

Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse der Sektoruntersuchung zeigen, dass insbesondere auf kommunaler Ebene eine diskriminierungsfreie Vergabe öffentlicher Flächen zu häufig unterbleibt.

Entlang der Autobahnen ist die Situation unterschiedlich, je nachdem, ob man bewirtschaftete Rastanlagen mit Tankstelle und Restaurant, wie sie von der aus der "Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen" hervorgegangenen und im Jahre 1998 privatisierten "Tank & Rast" betrieben werden oder einfache Rastplätze ohne Tankstellen und Restaurants betrachtet.

An den einfachen, unbewirtschafteten Rastplätzen hat der Bund durch die Ausschreibung bundeseigener Flächen im Rahmen des "Deutschland-Netzes" die Voraussetzungen für einen offenen Marktzugang für Ladesäulen deutlich verbessert.

Bei den bewirtschafteten Rastanlagen sollen aber im Gegensatz dazu Parkplatzflächen auf der Grundlage langfristiger Konzessionen weiterhin vornehmlich bei der "Tank & Rast"-Gruppe verbleiben.

Hier besteht jedoch die Gefahr, dass die "Tank & Rast"-Gruppe durch die ausschließlich eigene Nutzung der Flächen oder die Vergabe von Flächen an nur einige wenige Ladesäulenbetreiber die Entstehung marktmächtiger Stellungen fördert.

Auch Gebietskörperschaften unterliegen dem Kartellrecht

Gebietskörperschaften wie der Bund, Städte und Kommunen sind bei der Vergabe eigener Flächen nicht hoheitlich, sondern wirtschaftlich tätig. Sie unterliegen damit dem Kartellrecht und dürfen im Zuge der Vergabe von öffentlichen Flächen den Wettbewerb zwischen verschiedenen, um die Flächen konkurrierenden Betreibern von Ladesäulen nicht beschränken.

Die aktuell festgestellten Preisunterschiede an den Ladesäulen können auf punktuell missbräuchlich überhöhte Preise hinweisen, denn wenn Anbieter über eine lokale Marktmacht verfügen, erhöht dies tendenziell den Anreiz und die Möglichkeit für Preiserhöhungen.

Einzelne Preisüberhöhungen allein lassen nach Ansicht des Kartellamtes allerdings bislang nicht den Schluss zu, dass die Ladestrompreise in Deutschland systematisch und flächendeckend überhöht seien.

Die Betreiber müssen gegenwärtig noch ihre Investitionskosten für die errichtete Ladeinfrastruktur decken. Dabei ist die Auslastung dieser Ladesäulen stellenweise noch sehr gering. Die Kosten für den Aufbau der Ladepunkte verteilen sich somit auf wenige Nutzer. Damit werden die vereinzelt hohen Preise begründet. Ein Preiswettbewerb zwischen den einzelnen Ladepunktbetreibern besteht bislang nicht. Dazu ist das Netz noch viel zu gering ausgebaut.

Überregionale Anbieter könnten ausgebremst werden

Marktstarke regionale Anbieter verkaufen vielfach nicht nur ihren eigenen Ladestrom an Endkunden, sondern bieten Ihren Strom an diesen Ladesäulen auch Autofahrern an, die über eine Ladekarte Strom über Mobilitätsdienstleister beziehen. Die Preise und Bezugsbedingungen legen aber wiederum die Betreiber der Ladesäule fest.

Auf diese Weise können sie die Strompreise der konkurrierenden Anbieter für Ladestrom im Verhältnis zu den eigenen Preisen missbräuchlich so hoch ansetzen, dass dem konkurrierenden Anbieter keine auskömmliche Marge verbleibt und dieser dadurch vom Markt verdrängt oder vom Markteintritt abgehalten werden könnte.

Kartellrechtliche Handlungsempfehlungen

Der Abschlussbericht diskutiert die kartellrechtlichen Möglichkeiten sowie die mögliche Weiterentwicklung des gesetzlichen Ordnungsrahmens für die E-Ladeinfrastruktur. Mithilfe des Kartellrechts könnten im Einzelfall diskriminierungsfreie Vergaben öffentlicher Flächen durchgesetzt werden. Auch gegen die aufgezeigten missbräuchlichen Behinderungspraktiken können Kartellbehörden vorgehen.

Grundsätzlich wünscht das Kartellamt, dass die Vergaben öffentlicher Flächen befristet und im Wege eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens erfolgen. Auch staatliche Fördermittel sollten diskriminierungsfrei vergeben werden.

Bei den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen seien öffentliche Ausschreibungen der Fördermittel, wie sie im Rahmen des "Deutschland-Netzes" erfolgen, das Mittel der Wahl.

Staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung an den Ladesäulen könnten zwar die regionalen Ausschläge dämpfen, könnten jedoch auch den privatrechtlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur so sehr einschränken, dass kein weiterer Ausbau mehr erfolgt, weil sich die Investitionen nicht im erhofften Zeitraum amortisieren.