EU verschiebt CO2-Grenzwerte für Autohersteller

Bernd Müller
Auspuff eines Autos

EU-Kommission gibt dem Druck der Autobranche nach und verschiebt die CO2-Grenzwerte. Europas große Hersteller atmen auf, denn ihnen drohten Milliardenstrafen.

Die großen Autokonzerne Europas können aufatmen. Eigentlich wären in diesem Jahr die Grenzwerte für den CO2-Ausstoß deutlich gesunken, aber die EU-Kommission gibt dem Druck der Branche nach. Jetzt sollen die Hersteller drei Jahre mehr Zeit bekommen, um die Ziele zu erreichen.

Atempause für Europas Autoriesen

Von der regulatorischen Atempause dürften hauptsächlich die großen Autokonzerne profitieren. Volkswagen, Stellantis und Renault, die laut Bloomberg zusammen mehr als die Hälfte der Neuwagen in der EU verkaufen, hatten zuletzt Mühe, die ambitionierten Klimaziele zu erfüllen.

Experten rechneten damit, dass sie in diesem Jahr Strafen in Milliardenhöhe zahlen müssten. Nachdem aber die Emissionsbelastung beseitigt ist, könnten ihre Gewinne um fast drei Milliarden Euro steigen, schätzt ein Analyst von Bloomberg Intelligence.

VW, der weltgrößte Autobauer, hatte seine Elektro-Strategie zuletzt zurückgefahren. Unter dem neuen Chef Oliver Blume wurden Pläne für eine reine E-Auto-Fabrik in Wolfsburg auf Eis gelegt. Stattdessen setzt VW wieder stärker auf Hybridmodelle, die neben einem Elektromotor auch einen Verbrenner an Bord haben.

Auch Stellantis, zu dem Marken wie Peugeot, Fiat und Opel gehören, vollzog eine Kehrtwende. Nachdem der Vorstand den E-Auto-Vorreiter Carlos Tavares abgesetzt hatte, stockte der Konzern sein Angebot an Hybridfahrzeugen auf. Sogar die Luxusmarke Maserati strich Pläne für einen reinen Elektro-Sportwagen.

Kritik von Umweltschützern und Vorreitern

Doch nicht alle sind glücklich über die Entscheidung aus Brüssel. Umweltschützer warnen, dass die Lockerung der Regeln den Umstieg auf saubere Antriebe ausbremsen könnte. "Die EU riskiert, eine sehr schädliche Unsicherheit über den Übergang zu Elektrofahrzeugen in Europa zu schaffen", kritisiert William Todts von der Interessenvertretung Transport & Environment laut Bloomberg.

Auch Vorreiter wie Volvo sehen sich benachteiligt. Der schwedische Hersteller, der bereits stark auf Elektroautos setzt, hatte "die hohen Investitionen getätigt, die erforderlich sind, um bis 2025 bereit zu sein", so Konzernchef Jim Rowan. Nun fürchtet er, dass Nachzügler von den gelockerten Regeln profitieren, während Volvo leer ausgeht.

Kommission verteidigt Entscheidung

Die EU-Kommission verteidigt ihren Schritt als Ausgleich zwischen Klimaschutz und Wirtschaftsinteressen. "Einerseits brauchen wir Vorhersehbarkeit und Ausgewogenheit für die Vorreiter, diejenigen, die ihre Hausaufgaben erfolgreich gemacht haben", sagte Präsidentin Ursula von der Leyen. Andererseits müsse man aber auch "auf die Stimmen und die Interessengruppen hören, die in diesen schwierigen Zeiten mehr Pragmatismus gefordert haben."

Die Kommission betont, dass die Klimaziele nicht aufgeweicht werden. Die Hersteller müssen das Ziel für 2025 zwar nicht mehr in diesem Jahr erreichen, dafür aber in den beiden Folgejahren umso mehr CO2 einsparen. "Die Ziele bleiben gleich, aber es bedeutet mehr Spielraum für die Industrie", so von der Leyen.

Weitere Hilfen für Autobauer geplant

Neben der Lockerung der Emissionsregeln plant Brüssel weitere Maßnahmen, um die angeschlagene Autobranche zu stützen. So soll der Firmenwagensektor ermutigt werden, stärker auf E-Autos zu setzen. Auch eine direkte Unterstützung für die europäischen Batteriehersteller wird geprüft.

Die endgültige Entscheidung über die neuen Regeln liegt nun bei den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament. Doch schon jetzt ist klar: Europas Autoindustrie bekommt wertvolle Zeit geschenkt, um sich für die Zukunft zu rüsten. Ob sie diese Chance nutzt, bleibt abzuwarten.