Eine Meile ist eine Meile ist eine Meile?

Erstmals menschliche Zellen geklont?

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Südkoreanische Wissenschaftler behaupten sie hätten einen menschlichen Embryo geklont. Der Versuch wurde vorzeitig abgebrochen - aus rechtlichen und ethischen Gründen, wie die Reproduktionsmediziner versichern. Handelt es sich hierbei um einen medienträchtigen Versuch der Klontechnik mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen oder um fundierte Wissenschaft.

Letzten Mittwoch gab das Forscherteam der Kyung Hee Universität in Seoul bekannt, daß sie eine menschliche Zelle geklont haben. Das Team erklärte, sie hätten den Zellkern einer unbefruchteten Eizelle entfernt und anschließend das genetische Material einer ausgewachsenen Körperzelle in diese Zelle eingebracht. Beide Zellen, die unbefruchtete Eizelle und die Körperzelle, stammen von einer etwa dreissigjährigen Spenderin. Insgesamt benötigte das Team sechs Eizellen von zwei verschiedenen Frauen.

Vierzell-Stadium. Foto von Dr. R. Pedersen and The Visible Embryo

Dr. Lee Bo-Yon, der Leiter der Arbeitsgruppe bestätigt, daß das Experiment abgebrochen wurde, nachdem der Embryo ein vierzelliges Stadium erreicht hatte. Laut Lee hätte aus dem Embryo eine genetische Kopie der Spenderin heranwachsen können, wenn der vierzellige Klon in eine Gebärmutter eingepflanzt worden wäre. Dies sei aber nicht das Ziel des Forschungsteams gewesen. Solange das Klonen von Menschen rechtlich und moralisch abgelehnt wird, würde das Experiment nicht weitergeführt werden, bestätigte Lee gegenüber der Presse.

Auch Kim Sung-bo, der das Forscherteam überwachte, äußerte gegenüber der New York Times, es sei nicht beabsichtigt die Technologie weiter zu entwickeln, wenn dadurch Regeln der Ethik verletzt würden. Die koreanische Regierung schränkt zwar die Klonierung von Menschen ein, verbietet sie aber nicht. Die Anzahl der Klonierungsexperimente in Südkorea ist signifikant hoch. Experten sind der Meinung, daß Korea und Japan auf nahezu dem gleichen technischen Stand sind.

Dr. Harry Griffin, stellvertretender Direktor vom Rosalin Institut, an dem Dolly geklont wurde, zweifelt das Experiment an. Der Versuch wurde weder in einem Fachblatt veröffentlicht, noch durch unabhängige Experten geprüft. Spekulationen, daß sich aus dem vierzelligen Embryo ein Kind entwickelt hätte, hält er für reine Publicity. Laut Griffin kann man zu diesem Zeitpunkt auch keine Aussage darüber machen, ob sich der Klon weiter entwickeln würde oder nicht. Erst wenn ein Embryo in die Gebärmutter eingepflanzt wird, so der Forscher, lässt sich feststellen, ob die Zellen richtig "programmiert" sind. Experimentelle Daten zeigen, dass auch dann die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass das geklonte Kind während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt stirbt - die Erfolgsrate einer künstlicher Befruchtung liegt bei nur 10 Prozent, und um Dolly zu kreieren, wurden 277 Eizellen benötigt.

Die Klonierungstechnik der Koreaner unterschiedet sich jedoch von der Technik, die 1996 bei Dolly angewendet wurde. Während die entkernte Eizelle des Schafes und der Zellkern mit einem Stromstoß vereint wurden, wurden hier die Zellen chemisch behandelt, wodurch das Wachstum der klonierten Eizelle angeregt wurde. Diese sogenannte Honolulo-Technik ist nicht neu. Sie wurde von einem Wissenschaftsteam der Universität von Hawaii entwickelt. Das Team, das von Dr. Ryuzo Yanagimachi geleitet wurde, führte im Juli diese Jahres ein Klonierungsexperiment mit Mäusen durch. Die Forscher produzierten 22 Mäuse-Klone, wobei sieben der Mäuse Klone der geklonten Mäuse sind.

Experten aus den Vereinigten Staaten haben keine Zweifel an dem Klonierungsexperiment. Die Erfolgsrate beim Klonen sei erheblich gestiegen. Auch Yukio Tsunoda, ein Wissenschaftler an der Kinki Universität in Nara (Japan), ist der Meinung, daß es nach dem heutigen Stand der Technik durchaus möglich sei, Menschen zu klonen. Erst kürzlich erreichte ein Forscherteam unter der Leitung von Dr. Tsunoda eine erstaunlich hohe Erfolgsrate bei der Klonierung von Kälbern (Science). In acht von zehn Versuchen ist es ihnen gelungen, eine Kuh zu klonen. Fünf der Kälber stammen aus Kumuluszellen des Eierstockgewebes, drei der Kälber aus Eileiterzellen der erwachsenen Kuh. Zwar seien vier der acht geborenen Kälber gestorben, aber eine Obduktion deutet auf keine Anomalien hin. Über die Todeshäufigkeit bei Baby-Klonen wird noch gerätselt. Warum sollte eine Technik, die bei Tieren erfolgreich angewendet wurde, nicht auch beim Menschen funktionieren, meint der japanische Forscher. Er führt an, daß es durchaus möglich sei, daß bereits ähnliche Experimente in anderen Länder hinter verschlossenen Türen durchgeführt wurden.

Ob Dr. Tsunoda damit die Äußerung Dr. Lee Bo-yons aufgreift, der am Mittwoch behauptete, das Roslin Institut hätte den gleichen Versuch - bereits vor ihnen - erfolgreich durchgeführt, ist reine Spekulation. Laut BBC weist Dr. Harry Griffin diese Behauptung "als völligen Unsinn" zurück: "Die Embryonenforschung wird in England von der Human Fertilasation and Embryology Authority kontrolliert". Ohne Lizenz von Seiten der HFEA wäre ein entsprechender Versuch nicht möglich und das Rosalin Institut besitzt weder eine Lizenz noch hat es eine solche beantragt.

Eines steht fest: die koreanischen Reproduktionsmediziner sind die ersten Wissenschaftler, die sich öffentlich dazu bekennen, daß sie Schritte unternommen haben, ein menschliches Wesen zu klonen. Eine Veröffentlichung der Methode und der Ergebnisse ist geplant, der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. Shohei Yonemoto, Wissenschaftler am Mitsubishi Kasei Institut of Life Science in Japan, hält das Experiment für einen Meilenstein: "Es beweist, daß das Klonieren von Menschen möglich ist." Vielleicht ist damit auch der Startschuß für neue "Meilensteine" in der Klonierungstechnologie gegeben.