Eine kritische Auseinandersetzung mit dem "Golfkriegssyndrom"
Seite 2: Die Rolle der WHO
In dem in der Einleitung aufgeführten Wikipedia-Artikel wird die "WHO Guidance on Exposure to Depleted Uranium" dahingehend zitiert, dass keine Studie eine Verbindung zwischen Kontakt mit abgereichertem Uran und dem Auftreten von Krebs oder angeborenen Defekten habe finden können.
Wenn man sich diese WHO Guidance aus 2001 aufruft, die für Amtsärzte und Programmmanager bestimmt ist, findet man dort die folgende abschließende Stellungnahme mit einer etwas vorsichtigeren Aussage8:
In den meisten Fällen bleibt kein dauerhafter Effekt. Im Falle einer akuten DU-Exposition besteht die Möglichkeit der tubulären Acidose (Erläuterung: Dabei handelt es sich um eine Nierenschädigung). Wenn die Inhalation von signifikanten Mengen von unlöslichen Urankomponenten erfolgt, sollte der Langzeitpatient Nachuntersuchungen auf Lungentumore erhalten. Den Patienten sollte jedoch gesagt werden, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Gesundheitsschäden gering ist.
Weiterhin gibt es Hinweise dafür, dass auch die WHO im Zusammenwirken mit der IAEO eine Rolle bei der Behinderung der Aufklärung über die Gesundheitsschäden der Uranwaffen spielt. So gibt es seit 1959 ein Abkommen, wonach bei einer Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, die beide Organisationen betreffen, auch beide zustimmen müssen.9
2013 berichtete "Luftpost" (Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein), die WHO blockiere erneut die Veröffentlichung eines Berichts über im Irak auftretende Fehlbildungen bei Neugeborenen und Krebserkrankungen, die auf die von den US-Streitkräften verwendete DU-Munition zurückzuführen seien.10
Dieser Bericht ist eine Übersetzung eines Artikels, der 9/2013 in "Global Research" erschienen ist11 und in dem die Vermutung geäußert wird, dass sich die WHO unter Missachtung ihres Mandats kategorisch weigere, im Irak gesammelte Beweise zu veröffentlichen, die belegen, dass die von den US-Streitkräften eingesetzten Geschosse aus abgereichertem Uran und andere US-Waffen nicht nur viele Zivilisten getötet hätten, sondern auch die Ursache für schwere Missbildungen gewesen seien, die bis heute bei vielen Neugeborenen auftreten.
Weiter heißt es in dem Luftpost-Artikel12:
Dieses Problem wurde erstmals in einem im Jahr 2004 von WHO-Experten erstellten Report über "Die langfristigen Auswirkungen des Einsatzes von DU-Waffen auf die Gesundheit der irakischen Zivilbevölkerung" untersucht.
Schon dieser ältere Bericht sei auf Drängen der WHO "geheim" geblieben. In der damaligen, von drei führenden Strahlungsexperten erarbeiteten Studie war festgestellt worden, dass Kinder und Erwachsene nach dem Einatmen von Staub, der strahlende und hochgiftige DU-Partikel enthält, an Krebs erkranken können.
Die WHO blockierte die Veröffentlichung der Studie, deren Hauptautor Dr. Keith Baverstock als Strahlenberater in ihren Diensten stand. Er bestätigte, dass die Studie absichtlich zurückgehalten wurde, auch wenn die WHO das bestreite.
Fast neun Jahre später hat die WHO gemeinsam mit dem irakischen Gesundheitsministerium einen neuen Bericht über "Krebserkrankungen und Missbildungen bei Neugeborenen im Irak" erarbeitet, der im November 2012 veröffentlicht werden sollte. Aber: "Die Veröffentlichung wurde wiederholt verschoben und ist noch immer nicht datiert."13
Hans von Sponeck, der ehemalige Beigeordnete UN-Generalsekretär, sagte dazu14:
Die US-Regierung hat versucht zu verhindern, dass die WHO in den Gebieten im südlichen Irak, in denen DU-Munition verwendet wurde, die schwere Beeinträchtigungen der Gesundheit und der Umwelt verursacht hat, Untersuchungen anstellt.
Ob es tatsächlich dieses WHO-IAEO-Knebelabkommen gibt, war nicht eindeutig zu klären. Bei einer Literaturrecherche fand sich eine diesbezügliche Anfrage einer französischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments.15
Die Antwort der EU-Kommission verweist jedoch auf die Erklärung WHO/06 vom 23. Februar 2001, in der diese darauf hinweist, dass durch die Formulierungen (im WHO-IAEO-Abkommen) ihre Unabhängigkeit in ihrer "verfassungsmäßigen Zuständigkeit" nicht gefährdet sei.16 Handelt es sich bei dieser Antwort um eine trickreiche Verschleierung der tatsächlichen Beziehungen, da eben derartige radioaktive Ereignisse nicht in ihre "verfassungsmäßige Zuständigkeit" fällt? Die Antwort darauf muss, wie vieles in diesem Artikel, leider offen bleiben.
Der oben angeführte Keith Baverstock ist ein renommierter Strahlenbiologe und Dozent für Umweltwissenschaft an der Universität von Ostfinnland. Er war früher regionaler Berater für Strahlenschutz und Öffentliche Gesundheit bei der WHO. Auf seiner Website findet sich unter dem Stichwort "Depleted Uranium" die folgende Stellungnahme17:
Es wird angeführt, dass das Fehlen von epidemiologischen Beweisen für einen Zusammenhang zwischen Krankheiten und DU dessen Sicherheit beweist. Es ist jedoch so, dass es keine Beweise gibt, weil keine entsprechenden Studien an einer Bevölkerung mit einer bekannten DU-Exposition durchgeführt worden sind. In einem solchen Fall ist das Fehlen eines Beweises kein Argument dafür, dass es keinen solchen Effekt gibt.