Einmal Held zu sein
DC Universe Online von Sony Online Entertainment für PC und PS3
Online-Rollenspiele haben meist eine Fantasy-Welt als Setting, in der Helden mit Schwert und Magie gegen unzählige Monster kämpfen. DC Universe Online schickt den Spieler dagegen in die Welt der DC Comics. Dort trifft er den Joker, Superman, Wonder Woman und viele weitere Superhelden und –schurken. Auch spielerisch erinnert nur wenig an MMORPGs wie World of Warcraft oder Everquest 2.
Die Welt steht vor dem Ende. Lex Luthor, seines Zeichens genialer Schurke und Supermans Nemesis, kommt aus der Zukunft gereist und berichtet von einem gewaltigen Showdown zwischen Superhelden und –schurken. Braniac , ein weiterer Bösewicht aus den Superman-Comics, hat die Superkräfte der Kontrahenten gestohlen und daraus sogenannte Exobytes entwickelt, mit der normale Menschen Superkräfte erhalten
Diese Exobytes bringt Lex mit in die Gegenwart und legt damit den Grundstein für den Spieler. Dieser schlüpft in die Rolle eines Menschen, der unvermittelt mit Superkräften versehen wurde. Dabei hat er einen Luxus, der den Comic-Helden verweigert ist: Er wählt seine Fähigkeiten selbst. Die Auswahl entspricht im Wesentlichen dem Klassensystem herkömmlicher MMORPGs und legt die Rolle des Spielers in Gruppen fest.
Die klassischen Rollen werden dabei üblicherweise auf Englisch in die Hauptkategorien heal, tank, dps, control und support unterteilt. Das entspricht Heilern, Verteidigern, offensiven Angreifern, Manipulatoren und Unterstützern. Unabhängig von der gewählten Fähigkeit besitzt jeder Charakter in DCUO gut ausgeprägte offensive Fähigkeiten und kann damit stets als dps agieren. Die Fähigkeiten „Feuer“ und „Eis“ machen ihn zusätzlich zum Defensivspezialisten, der seine Gruppenmitglieder schützt. Mit „Natur“ und „Zauberei“ wird er zum Heiler. „Geisteskraft“ und „Geräte“ ermöglichen ihm die Gegner zu manipulieren.
Die Wahl der primären Waffe ist unabhängig von den Fähigkeiten und wirkt sich auf den Kampfstil aus. Zusätzlich erhält der Charakter als besondere Fortbewegung entweder Supermans Flugkünste, Batmans Akrobatik oder das Supertempo von Flash. Schließlich darf er noch einen Mentor wählen, der vor allem die anfängliche Handlung bestimmt. Die Helden bekommen Batman, Superman oder Wonder Woman. Schurken wählen analog zwischen dem Joker, Lex Luthor und Circe.
Ab Level 10 kann der Spieler aktiv die Rolle wechseln, wodurch entweder die offensiven oder die jeweils speziellen Aktionen gestärkt werden. Beispielsweise agiert ein Heiler, der solo gegen schwächere Gegner unterwegs ist, eher als dps, wechselt aber in der Gruppe zur besseren Unterstützung der Mitstreiter auf die healer-Rolle.
Bis zum höchsten Level, das derzeit bei 30 liegt, ist der Spieler größtenteils solo unterwegs. Die regulären Spielinhalte mit ihren in Quest-Serien eingebundenen Handlungssträngen, sind zum Großteil aufs Einzelspiel zugeschnitten.
Für den Einstieg verträgt sich das auch sehr gut mit der Spielweise, die sehr wenig mit herkömmlichen MMORPGs gemein hat. Dort laufen Kämpfe üblicherweise so ab, dass der Spieler einen Gegner angreift und darauf eine Folge spezieller Fähigkeiten via Maus oder Tastenkürzel aktiviert. DCUO spielt sich dagegen mehr wie ein Action-Spiel. Die Energie für Spezialfähigkeiten und deren Anzahl ist im Vergleich eher gering, dafür muss der Spieler aktiv jeden einzelnen Schlag steuern. Dazu stehen ihm je eine Nah- und eine Fernkampfattacke zur Verfügung. Die Angriffe kann er wie in Beat’em up-Spielen zu Combos verbinden, die er ebenso beim Level-Aufstieg lernt wie die Spezialangriffe.
Relativ schnell wird deutlich, dass DCUO für die PS3 optimiert wurde. Das bedeutet für PC-Spieler zwar nicht, dass sie eine schlechte Portierung bekommen, aber dass sie auch am Rechner zum Gamepad greifen sollten. Die Steuerung über Tastatur und Maus ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Mit dem Controller hat er dafür alles Spielerische im Griff und benötigt die Tastatur lediglich zum Chatten.
Die Kommunikation mit anderen spielt leider eine geringere Rolle als in vielen anderen Online-Rollenspielen. Daran ist zu einem guten Teil der unflexible Chat schuld. So ist beispielsweise das Fenster hinsichtlich Schriftsatz und Größe fix. Auf dem PC erscheint damit die Schrift recht groß, an der PS3 mit mehr Abstand zum TV beinahe zu klein. Da alles in einem Fenster angezeigt wird, verschwinden durchaus Nachrichten anderer Spieler in der Flut der Story-Dialoge. Die Folge ist eine größtenteils schweigende Community, die Fragen neuer Mitspieler ignoriert oder tatsächlich nicht mitbekommt.
Das erschwert freilich auch das Bilden von Gruppen. Schon im unteren Level-Bereich gibt es Quests, die ein Team erfordern. Die Suche nach interessierten Mitspielern auf einem ähnlichen Level verläuft aber häufig erfolglos. Auf den PvP-Servern (Player versus Player) ist dafür offensichtlich das sogenannte Ganking weit verbreitet, also das Verprügeln von niedrigen Charakteren der anderen Fraktion. Vom Rollenspielgesichtspunkt her ist das durchaus sinnvoll: Schlage die Schurken/Helden, solange sie schwach sind. Für Neueinsteiger führt dies jedoch besonders in Kombination mit der mangelnden Community, die sie um Hilfe bitten könnten, zu Frust.
Die Gruppenbildung für spezielle Instanzen ist einfacher als für herkömmliche Quests. Der Spieler meldet sich dafür an und kommt in eine Warteschleife. Haben sich genügend Mitstreiter gefunden, wird er in das betreffende Gebiet teleportiert. Ebenso funktioniert das Betreten spezieller PvP-Instanzen. Doch auch bei diesen Varianten scheint es im unteren und mittleren Levelbereich wenige Interessierte geben, sodass der Spieler lange warten muss, bis sich genügend Mitstreiter beziehungsweise Kontrahenten gefunden haben. Zumindest kann er parallel normal weiterspielen.
Im Gruppenspiel sollten eigentlich die unterschiedlichen Rollen zum Tragen kommen. Vielfach hat man aber eher das Gefühl, dass sich eine wüste Horde zusammengefunden hat, die ohne wirkliche Koordination die Gegner bearbeitet. Ein tank, der die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, ein Heiler, der sich kämpferisch zurückhält und stattdessen seine Mitstreiter unterstützt und ein Manipulator, der überzählige Gegner erst einmal betäubt, sind die Ausnahme.
Ein weiterer Grund für das mangelnde Interesse an Gruppen ist, dass Sony Online Entertainment DCUO so ausgelegt hat, dass der Spieler das Levelcap problemlos mit Soloquests erreicht und dabei durchaus Spaß haben kann. Die unterschiedlichen Gebiete haben eigene Handlungsstränge, durch die jeweils der gute oder böse Protagonist führt. So leitet Superman den Helden in Metropolis und der Joker hat Aufgaben für den ambitionierten Schurken in Gotham.
Alle Dialoge werden gesprochen, oft während der Spieler bereits im Einsatz ist. Damit schafft das Spiel eine angenehme Alternative zu dem typischen Wechsel zwischen Erzähltexten beim Quest-Geber und dem reinen Kämpfen. Die Sprecher sind hochkarätig besetzt. In der englischen Version haben einige bereits den Charakteren in den Zeichentrickserien und -filmen ihre Stimme geliehen wie beispielsweise Mark Hamill als „Joker“.
Die größeren Story-Elemente bestehen zumeist aus einer Reihe von Quests, die schließlich in einer Solo-Instanz mit einem bekannten Endboss münden, bei dem der Spieler wiederum einen ebenso bekannten Mitstreiter hat. Die Geschichten selbst passen gut ins DC-Universum und könnten Geschichten aus den Comics sein.
So groß die inhaltliche Abwechslung ist, so gering ist die spielerische. Im Wesentlichen ist es die typische MMORPG-Abfolge: Besiege soundso viele Gegner, sammle soundso viele Gegenstände ein und zerstöre soundso viele Apparate. Nun wiederhole das Ganze mit Gegnern, Gegenständen und Apparaten, die anders aussehen. Immerhin bieten die meisten Bosse eine gewisse spielerische Herausforderung, die freilich geringer ist als in Action-Spielen. Die beiden Fraktionen sind spielerisch und auch inhaltlich beinahe zu ähnlich und geben dem Spieler nicht wirklich das Gefühl des heroischen Kämpfers oder hintertriebenen Schurken. Für die einen tragen die Gegner halt häufiger T-Shirts und sind Ganoven, für die anderen tragen sie Uniformen und sind Polizisten.
Wer die dauernden Kämpfe leid wird, kann sich mit Herausforderungen ablenken und beispielsweise Hindernisparcours durchlaufen, die auf die individuelle Fortbewegungsart zugeschnitten sind. Zusätzlich gibt es weitere Ablenkung wie das Sammeln von Gegenständen und Styles. Helden dürfen zudem gelegentlich Verbrecher dingfest machen, Schurken umgekehrt Zivilisten tyrannisieren. Ein Handwerkssystem zum Herstellen von Ausrüstungsgegenständen kennt DCUO gar nicht.
Die Grafik ist ansprechend, aber die Umgebung wirkt recht steril und ist zu häufig menschenleer. Den akrobatisch veranlagten Charakter beschleicht in einigen Regionen das Gefühl, dass auf den Dächern mehr los ist als auf dem unbefahrenen Highway.
DCUO ist in vieler Hinsicht ungewöhnlich. Wer nur Fantasy-MMORPGs kennt, findet ein komplett anderes Spiel. Vergleichbar sind eher das bereits 2004 erschienenen City of Heroes, das später um den Schurkenpart „City of Villains“ erweitert wurde und „Champions Online“. Beide Titel wurden von Cryptic Studios entwickelt. Statt dem zweiten sollte eigentlich für Microsoft als Publisher Marvel Universe Online erscheinen. In dem MMO mit Marvel-Lizenz sollten Comicfiguren wie Spider-Man, Hulk und die Fantastic Four auftreten. Auch im Vergleich zu den vorhanden Superhelden-Online-Spielen fällt der stärkere Action- und im Gegenzug schwächere Rollenspielanteil von DCUO auf.
Daher eignet sich das Spiel durchaus auch für kürzere Runden. Ein wenig fehlt beinahe der oft kritisierte Suchteffekt von MMORPGs. Diese sind typischerweise darauf ausgelegt mit stets neuen Aufgaben und dem meist längeren Spiel in der Gruppe das Abschalten zu erschweren. Das DC-Universum kann man dagegen gut nach einer erfolgreichen Quest-Serie verlassen, wenn man ohnehin ins Hauptquartier zitiert wird, bevor es an anderer Stelle weitergeht.
DC Universe Online ist ein schönes Action-RPG, das leider zumindest während des Aufstiegs zum Level-Cap zu wenige Anreize fürs Spiel in der Gruppe bietet. Das „Online“ aus dem Titel kommt derzeit einfach zu kurz. Auf lange Sicht stellt sich daher die Frage, ob genügend Spieler bereit sind die monatliche Gebühr von 12,99 € zu zahlen. Sony Online Entertainment will regelmäßig neue Inhalte hinzufügen um vorhandene Spieler bei der Stange zu halten. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass der Titel auf Dauer wie „Champions Online“ und viele andere Online-Rollenspiele auf ein Free-to-Play-Geschäftsmodell setzt, auch wenn die Macher das derzeit noch ablehnen. Dabei ist das Spielen grundsätzlich kostenlos, aber der Spieler wird zum Kauf von Gegenständen oder besonderen Fähigkeiten animiert.
Derzeit spielen PC- und PS3-Gamer auf unterschiedlichen Servern. Es gibt allerdings bereits Petitionen von Spielern, das zu ändern. Das abwechselnde Spielen desselben Charakters auf PC und Konsole wie beispielsweise bei „Final Fantasy XI“ und demnächst „Final Fantasy XIV“ ist jedoch derzeit gar nicht möglich, da die Plattformen unterschiedliche Account-Systeme verwenden. Zunächst gilt zu hoffen, dass die Entwickler die Schwächen im Chat beheben und den Einstieg in die speziellen Rollen erleichtern, damit das Gruppenspiel attraktiver und DCUO dem MMO-Aspekt gerecht wird.
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