Einsatz von Uranwaffen: Welche Schäden sind nachgewiesen?

Seite 2: Einige physikalische und chemische Vorbemerkungen

Vereinfacht gesagt besteht Natururan zu 99,3 Prozent aus Uran 238 und zu 0,7 Prozent aus Uran 235.4 Für die Atomindustrie muss das Uran 235 durch Zentrifugation auf 3 bis 5 Prozent angereichert werden, wie es für Reaktorbrennstäbe typisch ist. Demnach sind etwa 7 kg Natururan nötig, um 1 kg angereichertes Material zu gewinnen. Dabei bleiben 6 kg abgereichertes Uran übrig.

Das für Atombomben eingesetzte U-235 ist weitaus höher angereichert und hinterlässt daher eine noch größere Menge von abgereichertem Uran.

Abgereichertes Uran (DU) enthält noch etwa 60 Prozent der Radioaktivität des ursprünglichen Uranerzes auf Grund seines Gehaltes an, vor allem Uran 238, einem langsam zerfallenden Alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren.

Weiterhin kann Uranmunition auch Spuren von Transuranen wie z.B. Plutonium enthalten.5 Da die sichere Lagerung von DU hohe Kosten verursacht, wird es von der Atomindustrie als ein billiges Abfallprodukt gehandelt und von der Rüstungsindustrie gerne abgenommen.

Geschosse aus abgereichertem Uran werden wegen ihrer hohen Durchschlagskraft auf Grund ihres hohen spezifischen Gewichts – DU ist 1,7- mal schwerer als Blei – und wegen seiner pyrogenen (Feuer erzeugenden) Wirkung als ideale panzer- und bunkerbrechende Waffe seit 1991 in den Kriegen des Westens eingesetzt. Wenn die Alphastrahlung von DU von außen auf den Organismus einwirkt, dann ist sie relativ ungefährlich, da sie nur Bruchteile eines Millimeters weit reicht und leicht abgeschirmt werden kann.

Eine ganz andere Situation liegt vor, wenn DU in den menschlichen Organismus gelangt. Dann ist es doppelt gefährlich: Als Schwermetall ist es giftig und als Alpha-Strahler kann es mit seiner radioaktiven Strahlung die Gewebezellen in der Lunge und in vielen weiteren Organen des Körpers schädigen und Krebs oder Fehlbildungen beim ungeborenen Kind verursachen.

Beim Einsatz von Uranwaffen, zum Beispiel gegen Panzer und Stahlbetonbauten, werden die getroffenen Ziele auf Grund der pyrogenen Wirkung von DU nicht nur in Bruchteilen von Sekunden zur Explosion gebracht, sondern ein Teil des Urangeschosses entzündet sich auf Grund der hohen Temperaturen durch die Reibungshitze und es entsteht ein Aerosol aus winzigen Teilen Uranoxid.

Es handelt sich dabei um eine Art Metallstaub, das aus mikroskopisch kleinsten verschiedenartigen Partikeln von Uran in Nanometer-Größe (1 Nanometer ist ein Millionstel Millimeter) besteht, die von Menschen, die dem ausgesetzt sind, über die Atmung, aber auch über die Nahrung und das Trinkwasser, aufgenommen und dann im Körper mit dem Blutstrom in alle Organe verteilt werden und dort dann verweilen können.

Dabei lassen sich die Wirkungen von löslichen und von unlöslichen Formen von Uranpartikeln unterscheiden.6 Die löslichen Formen werden über die Nieren zwar schnell ausgeschieden, können aufgrund der toxischen Wirkung in Abhängigkeit der Menge jedoch zum Beispiel zu einer Nierenschädigung bis hin zum Nierenversagen führen (zu den toxikologischen Grenzwerten für Uran im Boden und im Wasser sei auf die entsprechende Schrift aus dem Umweltbundesamt verwiesen.7

Die unlöslichen Formen können bei langfristiger Wirkung aufgrund ihrer Radiotoxizität (strahlungsbedingte Giftigkeit) in der Lunge und in anderen Organen, in denen ihre Ablagerung erfolgt, zu schweren Schädigungen führen. Die schädigende Risikosteigerung ist auch hier abhängig von der Menge und der Dauer der einwirkenden Strahlung.

Das Ausmaß der Ablagerung im Körper, das auf diesem Weg erfolgt, gilt bislang als nicht hinreichend geklärt, doch stellt es somit ein großes Risikopotential dar. Hierbei ist bekannt, dass der Metallstaub des abgereicherten Urans nicht nur an seinem Entstehungsort, wo es sich langsam niederschlägt, verbleibt, sondern auch durch Aufwirbelungen und Wind über große Gebiete verteilt werden kann.

Ein erster Bericht eines mutigen Arztes

Prof. Siegwart-Horst Günther war ein deutscher Arzt, der als Erster über den Einsatz und die möglichen Folgen der im Irakkrieg 1991 verwendeten Uranmunition von Seiten der USA und ihrer Alliierten berichtet und aufgeklärt hat.8

Nachdem er mehrere Jahrzehnte als Hochschullehrer im Nahen und Mittleren Osten tätig gewesen war, wurde Prof. Günther im Oktober 1990 zu einer neuerlichen ärztlichen und Vortragstätigkeit in den Irak eingeladen.

Nach dem ersten Irakkrieg 1991 machte er dort viele Reisen in Städte wie Bagdad, Basra oder Mossul. Dabei stellte er fest, dass in den Krankenhäusern, die er besuchte und die er schon aus früheren Zeiten gut kannte, bei Kindern vermehrt Leukämien und Krebserkrankungen festzustellen waren, aber auch angeborene Fehlbildungen, die er vorher noch nicht gesehen hatte und die ihn an Tschernobyl erinnerten.

Er brachte diese erschreckenden Erkrankungen und Gesundheitsschäden mit Geschossen in Verbindung, die auf den Schlachtfeldern in größerer Zahl verstreut herumlagen und mit denen die Kinder oft spielten und sie dabei zum Beispiel als Puppen anmalten.

Nachdem eines der Kinder, das mit solchen Puppen gespielt hatte, an einer Leukämie erkrankt war, wollte er wissen, aus welchem Material diese Geschosse bestanden.

Um diese Fragen zu klären, verbrachte er mehrere davon im Gepäck eines befreundeten Diplomaten mit nach Deutschland und ließ sie in verschiedenen Instituten in Berlin untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass die Geschosse aus abgereichertem Uran bestanden.

Das bekam er von den Untersuchungsstellen schriftlich bestätigt. So hatte er damit den Hinweis, dass es sich bei den von ihm beobachteten gehäuften schweren Erkrankungen und Fehlbildungen bei den Kindern im Irak um strahlungsbedingte Schäden aufgrund der verwendeten Uranmunition handeln könnte.

In den Jahren darauf folgte eine rege Vortragstätigkeit mit Radio- und Fernseh-Interviews weltweit, auch in der UNO, um diese Erkenntnisse bekannt zu machen.

Die ersten Bemühungen um Aufklärung über diese Zusammenhänge, mit Potenzial auf ein großes Kriegsverbrechen, erfolgten in einer Zeit, in der der Einsatz der Uranwaffen von den USA zunächst geleugnet wurde. Prof. Günther erhielt in vielen Ländern Anerkennung für dieses Engagement und wurde mit vielen Preisen und Ehrentiteln ausgezeichnet.

In den deutschen Leitmedien wurde jedoch über den Einsatz von Uranwaffen und deren Folgen nur selten berichtet und seit 2001 bis auf wenige Ausnahmen gar nicht mehr.9