Elektroautos: Wie Bürokratie den Bau von Ladestationen verzögert
Die EU hat ehrgeizige Pläne für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Doch bürokratische Hürden bremsen europaweit.
Wer in Europa sein Elektroauto an einer der 1.600 Ladestationen von Repsol in Spanien aufladen will, steht oft vor einer Herausforderung: Fast die Hälfte der Stationen ist wegen fehlender Stromanschlüsse nicht in Betrieb. Diese Lücke im Ladenetz spiegelt die aktuelle Situation in der gesamten Europäischen Union wider.
Die Europäische Kommission hat kürzlich Pläne zur Modernisierung des EU-Stromnetzes vorgelegt, die innerhalb von 18 Monaten umgesetzt werden sollen. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Lösung der Stromversorgungsprobleme an EV-Ladestationen. Trotz dieser Bemühungen berichten Industriegruppen und Energieunternehmen laut Reuters über zunehmende bürokratische Hürden, die den Umstieg auf umweltfreundlichere Transportmittel in der EU erschweren.
Unterschiede in der Installation von EV-Ladestationen in Europa
Die Installation einer EV-Ladestation ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland beispielsweise wurde der Bau einer Ladestation monatelang verzögert, weil ein einzelner Baum geschützt werden musste.
Eine andere Ladestation an einer stark befahrenen Autobahn konnte laut Reuters nicht schnell genehmigt werden, weil zehn Monate auf ein Lärmgutachten gewartet werden musste.
Ein Vertreter von Repsol erklärte der Nachrichtenagentur, dass der gesamte Genehmigungsprozess in Spanien sogar ein bis zwei Jahre dauern könne. Die Installation einer Schnellladestation dauere dagegen nur zwei bis drei Wochen.
Der Branchenverband ChargeUp Europe kritisiert, dass die Europäische Kommission das Problem der Genehmigungsverfahren zwar erkannt, aber keine konkreten Instrumente oder Maßnahmen vorgeschlagen habe. Konkrete Vorgaben für die Mitgliedsstaaten zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren werden erst in den nächsten zwei Jahren erwartet.
Auswirkungen der Verzögerungen auf den Ausbau von Ladestationen
Diese Verzögerungen bremsen den Ausbau von Ladestationen in der gesamten EU und verhindern eine schnelle Verbreitung von Elektroautos. Das räumt auch die EU-Kommission ein.
Ein Kommissionssprecher sagte gegenüber Reuters: "Die Zeit, die benötigt wird, um Ladestationen an das Stromnetz anzuschließen, kann in der Tat als Hindernis für eine schnellere Verbreitung von Elektrofahrzeugen angesehen und muss angegangen werden".
Anstatt schneller zu werden, hat sich der Prozess der Installation von Schnellladestationen verlangsamt. Statt der ursprünglich benötigten sechs Monate dauere es nun durchschnittlich zwei Jahre, erklärten mehrere Vertreter von EV-Unternehmen.
"Es ist wie Kafka und die Energiewende. Wir haben so viele Dinge, die gegen Europa arbeiten, aber wir könnten das in Ordnung bringen", sagte Lucie Mattera, Generalsekretärin von ChargeUp Europe, gegenüber Reuters.
Engpässe bei Energieunternehmen und Regulierungsbehörden
Die Ambitionen der EU haben zu Engpässen bei Energieunternehmen und Regulierungsbehörden geführt, die nicht auf die steigende Nachfrage vorbereitet waren. Bisher werden nur 5,4 Prozent der insgesamt 286 Millionen Pkw in der EU mit alternativen Kraftstoffen, einschließlich Elektroantrieb, betrieben.
Dieses Jahr hat die EU ein Gesetz verabschiedet, das vorsieht, bis 2030 entlang bestimmter Straßennetze alle 60 Kilometer Schnellladestationen für Pkw und alle 100 Kilometer für Nutzfahrzeuge zu errichten.
Herausforderungen für Entwickler von Ladestationen
Die Entwickler von Ladestationen berichten jedoch von großen Herausforderungen bei der Beschaffung von Basisdaten über potenzielle Standorte, was Investitionen erschwert.
Dazu gehört die Frage, ob eine durchschnittliche Raststätte über eine einzelne Straßenlaterne oder eine ausreichende Verkabelung zum Anschluss an das allgemeine Stromnetz verfügt. Für Knotenpunkte ist oft eine zusätzliche Umspannstation erforderlich, die den Hochspannungsstrom in kleinere Einheiten umwandelt.
Dann muss bei den Stromversorgern beantragt werden, dass mehr Kapazität installiert wird. Auch wenn diese zustimmen, wisse man nie, wann sie die Aufrüstung vornehmen, sagte ein Branchenvertreter.
Es gibt starke Anreize für die Industrie, Plattformen für Elektroautos zu bauen, aber bisher nicht für Langstrecken-Lkw und Busse. Diese sind jedoch für mehr als 25 Prozent der Treibhausgasemissionen des EU-Straßenverkehrs verantwortlich, der insgesamt ein Fünftel der EU-Emissionen ausmacht.
URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9547767
Copyright © 2023 Heise Medien