Elf Dinge, die ich als Radfahrerin nicht mehr hören kann

Seite 10: 10. Es gibt einen Krieg gegen das Auto

Der Stadtplaner Brent Toderian stellte kürzlich fest:

Es fällt mir schwer, zu glauben, dass ein Ort, der von Autos abhängig ist, grundsätzlich lebenswert sein soll. Autoabhängigkeit ist ungesund, sie verkürzt unsere Lebensdauer und behindert unser soziales und familiäres Leben.

Das entspricht den Tatsachen. Es wäre gesünder, sozialer, lebenswerter, wenn wir uns nicht vom Auto abhängig machen würden und Mobilität gemeinsam sinnvoll planten, aber bis dahin ist es ein weiter Weg und zunächst provoziert sein Statement Widerstand.

Auch in Deutschland gibt es allerorten die Klage, es gebe einen regelrechten Krieg gegen das Auto. Die Debatte um Feinstaub und Stickoxide treibt den Puls bei vielen hoch. Groß ist auch der Aufschrei, die deutsche Automobilbranche werde vernichtet und hunderttausende Arbeitsplätze gleich mit.

Jeder Parkplatz der wegfällt, ein Sakrileg! Jede Spur, die für den Radverkehr genommen wird, ein Desaster. Gefühlt werden Autofahrer:innen ausgebremst, gegängelt, gemolken, beschimpft und schlecht behandelt. Nichts weniger als die Freiheit der Menschheit steht auf dem Spiel.

Das mag übertrieben klingen, aber das ist es nicht, denn es gibt eine ganz perfide, emotionale Verknüpfung des Menschen mit seinem Auto.

Für viele ist das Auto ein wertvoller Besitz, der ihnen Freiheit schenkt. Ein wichtiges Eigentum, mit dem man zeigt, wer man ist und welches mit der menschlichen Freiheit nicht nur vereinbar, sondern unabdingbarer Bestandteil ist.

Es ist entsprechend nicht nur sozial verpflichtet, sondern unterliegt der Idee einer gerechten Freiheitsordnung der bürgerlichen Gesellschaft.

Der Tagesspiegel

Gibt es diesen Krieg gegen das Auto wirklich? Wenn ich auf die Straße sehe, kann ich davon nichts feststellen. Ich sehe überall Autos, Autos, Autos und die Prognosen sagen, zukünftig gibt es noch mehr Autos, Autos, Autos. Ob die nun elektrisch angetrieben werden oder nicht, das macht nur einen geringen Unterschied.

Die Verteilung des öffentlichen Raumes zugunsten des Autos ist erdrückend, dennoch sind Autofahrer:innen mit auch nur der geringsten Veränderung ihres vermeintlich bequemen Daseins sofort in heller Aufruhr.

Straßen umzubauen, damit sie sicher werden, ist kein "Krieg gegen das Auto", sondern lediglich eine banale und längst überfällige Maßnahme auf Basis der Erkenntnis, dass es noch andere Verkehrsteilnehmer:innen gibt, denen ein sicherer, angenehmer und lebenswerter Raum zusteht.