Elitenprojekt GovTech: Wie Staat, Kapital und Technologie unsere Demokratie gefährden

Die Aussichten? Bild: Darshan Gajara / Unsplash

Staat, Kapitaleigner- und Tech-Firmen planen enge Kooperation. Wie Medien und die Sicherheitspolitik mitmischen. Und was das für unser aller Zukunft bedeutet.

GovTech ist ein relativ neuer Begriff. Ein entsprechender Eintrag existiert bislang lediglich in der deutschsprachigen Wikipedia, wurde im Dezember 2022 angelegt und blieb seit dem (Stand Juni 2023) weitgehend unverändert.

Als treibende Kraft bei der Etablierung des Begriffs wirkt das Londoner Unternehmen Public, das 2016 von einem Investor und einem ehemaligen Regierungsbeamten gegründet wurde. 2018 veröffentlichte Public gemeinsam mit der Kapital- und Beratungsgesellschaft Accenture eine Broschüre unter dem Titel "GovTech: Europe's next opportunity".

Dort wurde auch für den ersten "GovTech Summit" geworben. Demnach "das bislang größte Zusammentreffen von Offiziellen, Ministern und Unternehmern, das ausschließlich darauf ausgerichtet ist, wie neue Technologien öffentliche Dienstleistungen transformieren können". Im selben Jahr entstanden erste Pilotprojekte in Polen und dem Vereinigten Königreich, 2019 auch in Dänemark und Litauen, zunächst vor allem als kleine Abteilungen von hohen Regierungsbehörden.

Neue lukrative Ökosysteme

Seitdem wird der Begriff besonders von Beratungsunternehmen, die zugleich als Investoren fungieren, systematisch, aber unscharf für die Schaffung von sogenannten Ökosystemen verwendet, die Startups, öffentliche Verwaltung und Kapitalgeber zusammenbringen und "innovative Lösungen für öffentliche Dienstleistungen" entwickeln sollen.

2022 veröffentlichte das traditionell industrienahe Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission einen Bericht über "GovTech-Praktiken in der EU", der die Perspektiven und Empfehlungen der Beratungs- und Kapitalgesellschaften quasi deckungsgleich wiedergibt.

Besonders in Deutschland und seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wird der Begriff GovTech zunehmend auch in Verbindung mit der Digitalisierung der Streitkräfte etabliert. Wenn es allerdings in einem deutschsprachigen Blogbeitrag von Timo Graf von Koenigsmarck bei Capgemini heißt, "GovTech ist derzeit in aller Munde", so trifft das doch allenfalls für die eigene Echokammer zu.

Die deutsche GovTech-Echokammer und der Zukunftskongress

Zentrale und aussagekräftige Echokammern für GovTech und die damit anvisierte Fusion von Staat, Kapital- und Technologiefirmen bilden zwei Kongresse, welche die Wegweiser Media & Conferences GmbH regelmäßig im Juni unter den Titeln "Zukunftskongress Staat & Verwaltung" und "Wehrhafte Demokratie" veranstaltet.

Der "Zukunftskongress" findet unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministeriums statt und versteht sich als "Impulsgeber für den modernen und digitalen Staat". Nach eigenen Angaben stammten 2022 33 Prozent der knapp 2000 Teilnehmenden aus der Wirtschaft und 66 Prozent aus der öffentlichen Verwaltung, hinzu kamen 425 Referierende bei 141 Programmpunkten.

Im 28-köpfigen Programmbeirat sind aktuell u.a. KPMG, Accenture, Capgemini, IBM und AWS (Amazon Web Services), das BMI, die hessische Staatskanzlei, das Bundesverwaltungsamt und die Bundesagentur für Arbeit vertreten. Ebenfalls vertreten sind hier die Unternehmen SAS, Cassini und EPAM.

Die Zusammensetzung der wiederum gut 400 Referentinnen und Referenten spiegelt dies relativ offensichtlich: 13 Referierende arbeiten für Accenture, zehn für Capgemini, sieben für PwC und je zwei für KMPG und Deloitte; McKinsey und EY (Ernst & Young) sind zumindest einmal vertreten.

Das US-amerikanische Unternehmen SAS, das seit Jahrzehnten auf die statistische Auswertung von Daten gerade auch für sogenannte Sicherheitsbehörden spezialisiert ist, stellt drei Referierende, Cassini sieben und EPAM sechs. Die Referierenden aus der öffentlichen Verwaltung sind gegenüber den Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen klar in der Unterzahl.

Sie stammen etwa aus den Innenministerien des Bundes und verschiedener Bundesländer, der Finanzverwaltung auf verschiedenen Ebenen und größeren Kommunen, wo sie oft für die Umsetzung von Digitalisierungsprogrammen und "Smart-City"-Projekte zuständig sind.

Drehtüreffekte

Ein Beispiel dafür, dass auch hier "Drehtüreffekte" existieren, ist die SPD-Politikerin Dilek Kalayci, die sowohl im Programmbeirat vertreten, als auch als Referentin angekündigt ist. Sie wird hierbei jeweils als Vertreterin des Unternehmen EPAM geführt, dann aber als "Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und seit Dezember 2016 Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung" vorgestellt – was beides seit 2021 nicht mehr zutrifft.

Lukrativ wird der Zukunftskongress, der vom 19. bis 21. Juni 2023 im Berliner Westhafen Event & Convention Center stattfinden wird, vermutlich auch für Jürgen Zurheide, der als Moderator der beiden wichtigsten Nachrichtensendungen des Deutschlandfunk – den "Informationen am Morgen" und "Das war der Tag" – bekannt ist und gleich fünf zentrale Podien moderiert, darunter die Auftakt- und die Abschlussveranstaltung.

Zugleich zählen der Deutschlandfunk und der ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice – wie auch u.a. das Zentrum Digitalisierung und Fähigkeitsentwicklung der Bundeswehr – zu den knapp 500 aufgeführten "teilnehmenden Institutionen" des Kongresses.

Bundeswehr und Nationale Sicherheit

Deutlich stärker vertreten sind die Bundeswehr und andere Behörden der inneren und äußeren Sicherheit auf dem Kongress "Wehrhafte Demokratie", der weniger Tage später, vom 26. bis 28. Juni im Hotel de Rome nahe dem Brandenburger Tor stattfinden wird. Auch hier moderiert Jürgen Zurheide vier zentrale Podien.

Auch sonst lassen sich viele Ähnlichkeiten zum "Zukunftskongress" ausmachen, außer, dass bei "Wehrhafte Demokratie" ganz klar "Sicherheitsbehörden" und Militär im Mittelpunkt stehen, er noch deutlicher von Männern aus einem konservativen bis reaktionären Spektrum dominiert wird und deutlich kleiner ist.

Dies gilt auch für den Umfang des Beirats, der Zahl der "beteiligten Institutionen" und der angekündigten Referierenden. Als "Kongresspräsident" fungiert hier der CDU-Politiker und ehemalige Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach, der mittlerweile den Fachbeirat "Öffentliche Sicherheit" des Unternehmens leitet, welches den Kongress veranstaltet (Wegweiser Media & Conferences GmbH).

Er ist auch im ausschließlich mit Männern besetzten, sechs-köpfigen Beirat des Kongresses beteiligt – gemeinsam mit dem Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), je einem Vertreter von PwC und SAS sowie einem ehemaligen Präsidenten des LKA Baden-Württemberg und einem ehemaligen Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder.

"Institutioneller Hauptpartner" 2023 ist wiederum der BDSV, "Strategische Hauptpartner" sind SAS und PwC, Platin-Partner ist Palantir. Unter den gut hundert "teilnehmenden Institutionen" finden sich zudem verschiedene Polizeibehörden (auf verschiedenen Ebenen), das Auswärtige Amt, das Verteidigungsministerium, der Bundesnachrichtendienst, der Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland e.V. sowie der Deutschlandfunk und das ZDF-Hauptstadtstudio.

Genannt werden hier auch Fridays for Future und die letzte Generation, weil jeweils eine Vertreterin auch als Podiumsteilnehmerinnen angekündigt sind – und sich damit in schlechte Gesellschaft begeben. Das Verhältnis zwischen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung ist hier im Vergleich zum Zukunftskongress ausgewogener zugunsten der letzteren.

So ist etwa das Podium "Nationale Sicherheitsstrategie und europäische Sicherheitsarchitektur: Ziele, Schwerpunkte und Umsetzung" neben zwei Militärs, einem Vertreter des Bundesinnenministeriums und dem CDU-Politiker Amthor nur mit einem Unternehmensvertreter des Rüstungskonzerns Hensoldt besetzt.

Das zeitgleich stattfindende Podium "Vorratsdaten, quick freeze, KI & mehr: Geben wir den Sicherheitsbehörden wirklich das, was sie brauchen?" teilen sich der Polizeipräsident von Duisburg und der Leiter der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITIS) mit einem Vertreter des Dienstleisters SAS und dem zurecht heftig umstrittenen Dauer-Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG), Rainer Wendt.

Wendt war auch im vorangegangenen Kongress "Wehrhafte Demokratie" von 2021 gleich auf zwei Podien vertreten: Einmal wiederum mit dem Polizeipräsidenten von Duisburg, dem Polizeipräsidenten von Baden-Württemberg und dem CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger zur "Bekämpfung von Clan- und Kleinkriminalität" und einmal u.a. mit (zwei) Vertretern von PwC, dem CDU-Außenpolitiker und langjährigen Präsident des Reservistenverbandes Roderich Kiesewetter und Lars Zimmermann von der bereits angesprochenen "Venture Firm" Public.

In dessen Profil wird die Tätigkeit von Public folgendermassen umschrieben: "PUBLIC unterstützt Startups und Technologieunternehmen bei Wachstum und Skalierung im öffentlichen Sektor und entwickelt konkrete Technologie- und Innovationsprojekte mit Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland".

Weiter erfahren wir, dass Zimmermann zuvor bei der Unternehmensgruppe Axel Springer tätig war, Mitbegründer der Stiftung Neue Verantwortung war und "Investor und Senior Advisor" bei dem Data-Analytics-Unternehmen QuantCo ist.

Auf dem entsprechenden Podium sollte es u.a. um den "Einsatz von Managed Analytical Services in der Polizeiarbeit, IT-Transformations- und Harmonisierungsvorhaben wie bspw. Polizei 20/20" und Fragen "der Aus-, Fort- und Weiterbildung von IT- und Cyberfachkräften und die Rolle der Gründerszene ("GovTech") für die Sicherheitsbehörden" gehen.

Der (virtuelle) GovTech Campus Berlin

Zimmermann wird dieses Jahr auch auf dem "Zukunftskongress" sprechen. Dort ist er jedoch nicht primär als Investor bzw. Mitarbeiter mehrerer Unternehmen angekündigt, die entsprechende Dienstleistungen anbieten, sondern als Mitglied im Vorstand des GovTech Campus e.V.

Dabei handelt es sich, das können wir der Homepage des beteiligten Bundesinnenministeriums entnehmen, um einen gemeinnützigen Verein mit dem Ziel, "im Rahmen der Digitalisierung die Arbeits- und Herangehensweisen der öffentlichen Verwaltung zu modernisieren, um Verwaltungsleistungen gegenüber den Bürgern und Unternehmen zu verbessern".

Einen wesentlichen Mehrwert liefert der Campus über die Vernetzung mit innovativen Akteuren der Techszene, der Zivilgesellschaft, der Open-Source-Community und der angewandten Forschung aus dem Government Technologie (GovTech).

Der Beauftragte des Bundesregierung für Informationstechnik

Beteiligt sind an dem Projekt neben dem BMI und der "Venture Firm" Public die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprin-D), die Stadt Hamburg und die Staatskanzlei Hessen sowie das Fraunhofer Institut für offene Kommunikationssysteme (Fokus).

Letzteres behauptet zwar aktuell auf seiner Homepage ("über uns"): "Fraunhofer Fokus erforscht die Digitale Vernetzung und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Technologie".

Dieser Satz findet sich jedoch unter der Überschrift, welche zugleich den (gewissermaßen totalitären) Leitsatz des Instituts darstellt: "Wir vernetzen alles". Tatsächlich geht es bei dem wirtschaftsnahen Institut kaum um die "Erforschung" der "Digitalen Vernetzung" und schon gar nicht von deren "Auswirkungen", sondern um das aktive Vorantreiben dieser in enger Kooperation mit Kapital und Industrie.

Im zwölfköpfigen Kuratorium des Fraunhofer Fokus finden sich entsprechend gleich zwei Vertreter von IBM sowie je einer von Microsoft und Siemens.

Außerdem am GovTech Campus beteiligt ist das 2016 gegründete Unternehmen Merantix, "eine KI-Investitionsplattform aus Berlin, die sich der Erforschung, dem Aufbau und der Investition in KI-Unternehmen widmet".

Merantix hat dieses Jahr in (oft gleichlautenden) Beiträgen über ChatGPT und "deutsche" KI-Entwicklungen einige Präsenz erfahren und zuletzt auch mit dem Versuch, in der Schweiz, in Allschwil, einen weiteren KI-Campus aufzubauen. Vorbild soll der Merantix AI Campus Berlin sein, der in seiner Online-Präsenz (unter "Community") mit großen Namen (AWS, Nvidia, SAP, Continental, IAV) aufwartet und (Stand Juni 2023) 43 Start-ups und acht (Risiko-)Kapitalunternehmen auflistet.

Vom online versprochenen Glanz ist jedoch am konkreten Standort des AI Campus Berlin in der Max-Ulrich-Straße, zwischen dem weitgehend durchgentrifizierten Bezirk Mitte und den eher traurigen südlichen Ausläufern des Weddings (mal wieder) wenig zu erkennen.

Kaum zu glauben, dass in diesem kleinen Glaspalast zwischen einfachen Wohngebäuden ohne erkennbare Ausbauflächen zwei- bis dreistellige Millionenbeträge zwischen alten großen Playern, Risikokapital und künftigen Einhörnern ausgetauscht und profitabel gemacht werden sollen. Entsprechende Netzwerke zwischen Politik, Beratungsunternehmen und Risikokapital könnten dies trotzdem möglich machen.

Ähnliches gilt für den GovTech Campus Berlin, dem weitere in Hamburg und Frankfurt folgen sollen. Anders, als der Begriff "Campus" suggeriert, hat er noch gar keinen wirklichen Ort, sondern stellt eine Vermarktungs-Strategie dar, die sich v.a. an die Öffentliche Hand richtet, um Risikokapital profitabel zu machen.

Auch im Impressum des GovTech Campus Berlin jedenfalls ist aktuell jenes unscheinbare Gebäude in der Max-Ulrich-Straße 3 angegeben, in dem sich auch der Merantix Campus befindet (und in dessen Umgebung ich mir schwerlich einen Lars Zimmermann beim Brunch vorstellen kann).

Trotzdem hat der GovTech Campus zumindest schon eine Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Es handelt sich dabei um Aleph Alpha, ein Heidelberger Start-up, das als Mitglied der Merantix-"Community" geführt wird:

Am 16. September 2022 ist am GovTech Campus Berlin Europas derzeit wohl leistungsfähigstes kommerzielles KI-Rechenzentrum eröffnet worden. Die Feierlichkeiten fanden nur symbolisch in der Bundeshauptstadt statt, denn physisch steht alpha ONE, wie das Zentrum heißt, im Raum Bayreuth in Bayern. Hinter dem Hochleistungsrechenzentrum steht als privater Betreiber die oberfränkische Alpha Layers GTS, eine hundertprozentige Tochter des Heidelberger KI-Start-ups Aleph Alpha.

Heise online

Aleph Alpha gilt als Kandidat für ein deutsches Einhorn im KI-Bereich, also ein Start-up, das einen Marktwert über eine Milliarde Euro erreichen könnte. Laut – auf eigener Darstellung basierender – Berichterstattung habe es ein Sprachmodell entwickelt, welches "[d]as deutsche Gegenstück zu ChatGPT" (Süddeutsche Zeitung, 7.3.2023) darstellen soll.

Sein Rechenzentrum soll es ermöglichen, "auf in Europa stehender Infrastruktur moderne KI-Entwicklung betreiben, ohne den Abfluss von Daten nach Übersee zu befürchten. Mit der Inbetriebnahme von alpha ONE leistet Aleph Alpha einen essenziellen Beitrag zur Sicherung der digitalen Souveränität von Kunden und Partnern der öffentlichen Verwaltung, Wissenschaft und Privatwirtschaft, die nicht über die notwendige Recheninfrastruktur für modernste KI-Anwendungen verfügen" (Aleph Alpha).

Aleph Alpha bietet u.a. der Bundeswehr (bzw. dem bundeseigenen IT-Dienstleister der Bundeswehr, der BWI GmbH) einen Sprachassistenten an und hat auch darüber hinaus keine Berührungsängste mit Militär- und Sicherheitsbehörden.

Im Gegenteil: Es wirkt aktiv mit an Dienstleistungen, die auch den Umgang mit Daten ermöglichen, die höchster Geheimhaltung unterliegen. U.a. hierzu ist das Unternehmen im März 2023 eine strategische Allianz mit dem französischen Dienstleister Sopra Steria eingegangen, das bereits länger auch im Bereich der "Verteidigung" aktiv ist und u.a. die Anwendungen Künstlicher Intelligenz in den Datenbanken der EU-Grenzschutzbehörden optimieren soll.

Überhaupt ist auffällig, dass in der deutschen GovTech-Echokammer, u.a. auf den o.g. Kongressen, die Themen "digitale Souveränität" und "strategische Autonomie" mit großem Nachdruck vorangetrieben werden – und zwar in trauter Einigkeit zwischen internationalen Kapital- und Beratungsgesellschaften (PwC, KMPG, Deloitte, EY, McKinsey), den großen Playern aus den USA (IBM, Microsoft, Nvidia), internationalen und deutschen Risiko-Kapitalfonds, die oft – wie beim spektakulären Fall von Augustus Intelligence – eine große Nähe zu rechtskonservativen Kreisen der CDU aufweisen.

Dasselbe ließ sich noch vor wenigen Jahren unter dem allgemeineren Schlagwort der "KI-Ökosysteme" beobachten, wo es ebenfalls international tätige Beratungsunternehmen und Risiko-Kapitalfonds waren, welche den Aufbau und die Förderung entsprechender "Ökosysteme" in verschiedenen Teilen der Welt – insbesondere Deutschland und Europa – propagierten, um zu verhindern, "den Anschluss zu verlieren".

Das dahinterliegende Kalkül der aktuellen GovTech-Echokammer brachte Lilith Wittman in einem starken Kommentar bei heise.de zur Gründung des GovTech Campus Berlin auf den Punkt:

Der GovTech Campus ist eine weitere Gründung aus der Berliner Politik-Szene, wie wir sie gerade fast wöchentlich erleben (...) Die Gründung macht einen problematischen Trend in der Bundesverwaltung sehr gut sichtbar: die Institutionalisierung der Externalisierung (...)

Gründet jetzt also das Innenministerium eine Institution wie den GovTech Campus, dann baut es damit einen weiteren Ort, der es der Verwaltung ermöglicht, sich mit (potenziellen) Dienstleistern auszutauschen – und zeigt damit, dass es völlig selbstverständlich ist, dass Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen in die Verwaltung kommen, um dort Aufgaben der Kernverwaltung im digitalen Raum zu übernehmen.

Damit begibt man sich immer weiter in die Abhängigkeits- und Wissensverlustspirale (…) Ein besonders fatales Signal sendet das Innenministerium, indem es den Campus primär mit Startup-Investoren zusammen gründet. Wenn Investoren Geld in Start-ups stecken, dann erwarten sie exponentielles Wachstum.

Das können die Tech-Startups aber nur liefern, wenn sie Jahr für Jahr mehr Geld für ihre Apps und Software verlangen. Natürlich sind die Behörden die einzigen Abnehmer für Behördensoftware – für uns als Gesellschaft wird es also immer teurer. Das BMI fördert durch externe Dienstleister also Kostenexplosionen statt nachhaltigem Wissensaufbau in seinen eigenen Strukturen.

Lilith Wittmann, heise.de

Wie diese Anwendungen in der Praxis ausgestaltet sind, wenn sie aus relativ überschaubaren Netzwerken rechts-konservativer Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen und damit verbundenen "zivilgesellschaftlichen" Initativen und Investoren hervorgehen, das will man sich gar nicht ausmalen.

PS: Neben dem Deutschlandfunk war auch die Bild-Zeitung am Kongress "Wehrhafte Demokratie" zumindest mittelbar beteiligt. Nicht ohne Ironie moderierte im November 2021 Nena Schink von Bild TV das Podium unter dem Titel "Hate Speech und Gewalt gegen Träger öffentlicher Aufgaben".

Der Autor Christoph Marischka ist Mitglied im Vorstand der Informationsstelle Militarisierung, forscht hier zu KI-Anwendungen in Militär und Grenzschutz und hat aus seiner persönlichen Beteiligung im "Bündnis gegen das Cyber Valley" heraus ein Buch über "Künstliche Intelligenz und ihre Produktionsbedingungen am Beispiel Tübingen" veröffentlicht.